Die Hecker-Gruppe, ein Singener Geschichts- und Kulturverein, hat sich nach 37 Jahren aufgelöst. Der Grund ist, dass niemand sich fand, der das Amt des Vorsitzenden, seines Stellvertreters und des Kassierers übernehmen wollte, erklärt Klaus Hug frustriert, der seit 2014 Vorsitzender des Vereins war. „Es wäre an der Zeit gewesen, dass ein Jüngerer übernimmt und frischen Wind und neue Ideen in den Verein bringt“, sagt Hug zu seinem Entschluss, nicht mehr anzutreten. Es mangele nicht an Mitgliedern, 33 zählt der Verein, aber an Ehrenamtlichen mit Herzblut, die bereit seien, Verantwortung zu übernehmen.
Demokratische Tradition lebendig halten
Die Hecker-Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, unter anderem mit ihren Auftritten und Vorträgen an die demokratische Tradition der Badischen Revolution um 1848 zu erinnern und diese Erinnerung lebendig zu halten. Hugs Erfahrung nach immer werde es aber immer schwieriger, die Botschaft des Vereins zu vermitteln und junge Leute zu gewinnen. Bei Auftritten in historischem Gewand würden die Gruppe immer wieder in die rechte Ecke gesteckt und manch einer würde sie als „Bier trinkenden Fastnachtsverein“ sehen.
Demokratie muss erarbeitet werden
Dabei sei die Botschaft Heckers aktuell, sagt Hug und erklärt, was ihn an dem badischen Revolutionär fasziniert und für was es sich zu streiten lohnt: „Freiheit und Demokratie müssen täglich erarbeitet werden und das ist Aufgabe eines jeden Staatsbürgers.“ Viele würden ihre persönliche Freiheit als selbstverständlich ansehen und von ihrer Möglichkeit, an der Demokratie mitzuwirken, keinen Gebrauch machen: „Das sieht man an der geringen Wahlbeteiligung.“ Hecker und seine Gefolgsmänner, darunter 14 Singener Bürger, hätten dagegen alles riskiert, um für die Rechte wie Meinungs- und Pressefreiheit einzutreten.
Verein in der Stadt verankert
Die Hecker-Gruppe war in der Stadt verankert und hat viel unternommen, um die Geschichte lebendig zu halten. Zu Beginn wurden die Kostüme nach dem Vorbild der Anhänger Heckers erarbeitet, die die 14 Singener Teilnehmer des Heckerzugs darstellen. Typisch ist der Heckerhut mit der weißen Hahnenfeder. Die Gruppe war bei vielen Veranstaltungen im In- und Ausland vertreten. Daneben unterstützten die Mitglieder Schüler und Studenten bei Arbeiten zur badischen Revolution und bewirtschaftete beim Burgfest die Herzogsburg auf dem Hohentwiel. Ein Traum, der für den Vorsitzenden Klaus Hug leider nicht in Erfüllung ging, war, dass in Singen ein Denkmal zur Erinnerung an den Heckerzug und seine Singener Teilnehmer errichtet wird.
Als letzte Amtshandlung will der Vorsitzende nun für einen würdigen Abgang sorgen und dazu gehört die Nachlassregelung. Sein Dank gilt dem Patenverein SSV Widerhold für die langjährige gute Zusammenarbeit. Das Vereinsvermögen soll der Hegau-Bibliothek gespendet werden. Die Kostüme der Singener Revoluzzer gehen an die Klettgau-Kanoniere, mit denen der Verein lange Freundschaft und viele gemeinsame Auftritte verbindet. Einige Singener Hecker werden sich dort um eine Mitgliedschaft bewerben, um im Häs an den Feierlichkeiten zum 175-Jährigen der Badischen Revolution teilzunehmen.
Vereinsgeschichte
- Der Revolutionär: Friedrich Hecker wurde 1811 geboren, war Anwalt und ab 1842 liberaler Abgeordneter in der zweiten Badischen Kammer. 1848 ruft er zusammen mit Gustav Struve in Konstanz die Republik aus und führt von dort den Heckerzug von Konstanz bis zur blutigen Niederschlagung des Aufstands durch Regierungstruppen in Kandern. Nach der Niederlage flüchtete er in die Schweiz und emigrierte nach Amerika, wo er im Sezessionskrieg von 1861 bis 1864 erfolgreich für die Abschaffung der Sklaverei kämpfte.
- Die Hecker-Gruppe: Die Hecker-Gruppe entstand aus der Muettersproch Gsellschaft, wo sich 1984 eine Gruppe bildete, die die oft vergessene demokratische Tradition in Deutschland lebendig halten wollte. Der ehemalige Kulturamtsleiter Walter Möll zeigt die Verbindung der Vereine: Er ist im Vorstand der Muettersprochler und Ehrenmitglied der Hecker-Gruppe. 2007 wird die Gruppe zum Verein, deren Namengeber der badische, radikaldemokratische Revolutionär Friedrich Hecker war. Seit 2016 konnten auch Frauen Mitglied werden.
- Die Aktivitäten: Die Gruppe hat sich die Heimat- und Geschichtsforschung über die badische Revolution zur Aufgabe gemacht. Sie sammelte und arbeitete Lieder, Texte und Aufzeichnungen aus dieser Epoche auf, nahm in historischen Kostümen an Veranstaltungen teil, zum Beispiel an Umzügen zu Stadtjubiläen, und bot Vorträge zur Heimat- und Geschichtsforschung an. 1988 zog die Gruppe auf den Spuren Heckers von Singen nach Freiburg und sorgte mit dieser Nachstellung des Heckerzugs für großes Interesse. Im Rahmen der 150-Jahrfeier der Revolution in Deutschland hatte die Hecker-Gruppe mehr als 60 Auftritte. 1992 folgte die Hecker-Gruppe den Stationen des Lebens Heckers in den USA, 1995 reiste sie auf Einladung der Gemeinde Hecker in Illinois in den USA zur 100-jährigen Namensgebung der Gemeinde. Ein Höhepunkt war auch die Einladung der Gruppe 2007 nach New York zur German-American Steuben Parade, die ihr 50. Jubiläum feierte. Der Verein wollte Lust auf Heimatgeschichte machen und für ein gutes Demokratieverständnis sorgen. Einmal im Monat war Hecker-Hock und man traf sich zu Gesangsproben. Der Verein löste sich am 18. November auf.