Marian Antoni hat mit seinem Job in mehrfacher Hinsicht Neuland betreten. Er ist der einzige Mann, der seit Herbst 2022 bei der katholischen Erzdiözese Freiburg als Referent für Frauen*pastoral für die Region Bodensee-Hohenzollern arbeitet. Auf das Sternchen in seiner Berufsbezeichnung, das auch eine Neuerung beinhaltet, komme es bei seiner Berufsbezeichnung an, wie er selbst sagt. Denn die Frauenpastoral will nicht mehr nur für Frauen da sein, sondern für Geschlechtervielfalt stehen und dabei Ansprechpartner sein und Angebote machen.

Antoni teilt sich beim erzbischöflichen Seelsorgeamt in Singen eine 75-Prozent-Stelle mit Christine Kaltenbacher. Sie ist seit vielen Jahren und weiterhin als Referentin für Frauenpastoral in erster Linie Ansprechpartnerin für die Frauen, die im Verband organisiert sind. Etwa in der katholischen Frauengemeinschaft. Sie ist dafür zuständig, die Ehrenamtlichen in den Gemeinden zu begleiten, zu qualifizieren und zu motivieren.

Alle sollen sich in der Kirche einbringen dürfen

Marian Antoni, der derzeit noch sein Theologiestudium beendet, könne freier arbeiten und eigene Akzente setzen, wie er selbst sagt. Das kann konzeptionell sein, aber auch konkret mit Veranstaltungen. Er will sich für die Akzeptanz von allen sexuellen Orientierungen einsetzen. Er möchte erreichen, dass sie in der Kirche nicht mehr nur toleriert, sondern thematisiert und akzeptiert werden und damit die Kirche auch für jüngere Menschen attraktiver machen.

„Wenn jemand in seiner queeren Gemeinschaft sagt, er sei katholisch, erlebt er Ablehnung und diese Ablehnung erlebt er auch in der Kirche“, berichtet er aus Gesprächen mit queeren Menschen. Queer umfasst alle sexuellen Orientierungen außer heterosexuell. Diese Ablehnung müsse sich ändern. Antoni bietet sich auch als Ansprechpartner an, wenn jemand in der Kirche zum Beispiel eine Gruppe für Homosexuelle gründen möchte. „Räumlichkeiten habe ich keine, aber ich kann Kontakte herstellen, damit ein Raum gefunden wird“, erklärt Antoni. Grundsätzlich freue er sich auf persönliche Gespräche und Anregungen.

Das könnte Sie auch interessieren

„Selbstverständlicher, Feminist zu sein“

Seine Position als Mann im Frauenpastoral sieht der 31-Jährige durchaus selbstkritisch. Er wolle immer wieder überdenken, wo und wie er sich einbringen kann und wo er im Hintergrund agiere. Er erklärt aber: „In meiner Generation ist es selbstverständlicher, Feminist zu sein, und sich glaubhaft dafür einzusetzen.“

Er sei aber froh, dass er Christine Kaltenbacher an seiner Seite habe, weil viele Frauen doch eher eine Frau als Ansprechpartnerin vorziehen würden. Auch seine Kollegin sieht Handlungsbedarf darin, dass die Kirche sich aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen stellt und zeigt: „Wir nehmen Dich als Mensch mit Deinem Geschlecht wahr und an.“ Die Erzdiözese Freiburg hat deshalb die Kampagne „Feministisch. Katholisch. Jetzt?!- Zeit für mehr Geschlechtergerechtigkeit“ für 2024 gestartet und stellt das Jahr mit einigen Angeboten unter die Überschrift des Feminismus.

Das könnte Sie auch interessieren

Wichtig sei aber auch, dass man die Männer nicht ausgrenze, sagt Christine Kaltenbacher. So sei es früher selbstverständlich gewesen, dass zu den Segensfeiern für Schwangere, die von der Kirche im Klinikum angeboten werden, nur Frauen kamen. Jetzt sei es eine Veranstaltung für alle, die ein Kind erwarten, sie bezöge auch Partner oder die Partnerin, aber auch Freunde und Familie ein.

Dass es in Sachen Gleichberechtigung der Frau in der Kirche noch einiges zu tun gibt und viel zu langsam vorangehe, steht für sie außer Frage. Auch die katholische Frauengemeinschaft Deutschland (kfD) fordere die Gleichstellung. „Wir unterstützen die Forderungen der Bewegung Maria 2.0“, erklärt Kaltenbacher. Der Verband werde aber die unabhängige Bewegung, die von Frauen in der katholischen Kirche angestoßen wurde, nicht für sich vereinnahmen, sondern sich mit seinen Mitteln für die Ziele einsetzen.

In der katholischen Kirche seien die Dienste in der Kirche schon auf viele Schultern, auch viele weibliche, verteilt. Es konzentriere sich nicht so sehr auf einen Priester oder Pfarrer wie in der evangelischen Kirche. Dort wurden vor rund 80 Jahren die ersten Frauen zu Pfarrerinnen geweiht. Man müsse außerdem auch sehen, dass die katholische Kirche eine Weltkirche sei und Bischöfe in manchen Ländern den Themen Gendern und Gleichberechtigung sehr ablehnend gegenüberstünden.

Menschen suchen nach dem Sinn

Marian Antoni sieht kritisch, dass die Bedeutung der Kirche in der Gesellschaft abnimmt: „Wir sind oft nicht mehr Gesprächspartner, wollen aber erreichen, dass Menschen eine Stimme bekommen.“ Das sei seine Motivation. Denn, da sind sich Antoni und Kaltenbacher einig, es gebe ein Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit im Leben.