Die Sonderregelung in der Gastronomie ist passé, der Mehrwertsteuersatz ist seit Jahresbeginn wieder bei seinen ursprünglichen 19 Prozent angelangt. Für die Gäste bedeutet das, dass der Restaurantbesuch tendenziell teurer wird. Was die aktuelle Änderung von sieben auf 19 Prozent Mehrwertsteuer für die Gastro-Branche für Folgen hat, schildern zwei Hegauer Gastronomen und ein Vertreter des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Für Alexander Schellhammer, Inhaber der Café-Weinbar-Gaststätte Zwölfe in der Singener Innenstadt, ist die Situation seit der Mehrwertsteuer-Anpassung im Januar nicht einfach. Der junge Gastronom hat die Preise auf Empfehlung seiner Brauerei bereits im November teilweise angepasst, damit sich nicht bei allen Gerichten der Preis exponentiell verändert, berichtet er. Preislich sieht er sich dennoch irgendwo im schönen Mittelfeld, so seine Einschätzung. „Bisher haben wir auch noch nicht gemerkt, dass es einbricht“, berichtet er über die bisherigen Gästezahlen in seinem Lokal.

Besondere Aktion vor Preiserhöhung

Damit das auch so bleibt, hat der Inhaber auch viel getan. „Wir sind schon in der ersten Januarwoche hingegangen und haben unseren Gästen die 12 Prozent geschenkt“, erklärt Schellhammer. Kommuniziert wurde dieses Vorgehen durch Sticker in der Speisekarte mit der Aufschrift: „Danke für eure Unterstützung. Als kleines Dankeschön schenken wir euch die 12 Prozent.“ In der dritten Januarwoche habe das Restaurant die Preise dann final geändert, berichtet der Inhaber.

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Die Erhöhung der Mehrwertsteuer habe einigen Aufwand bedeutet. „Wir mussten die Kasse umprogrammieren und wir mussten jede Speisekarte neu drucken“, erklärt Schellhammer. Für ihn seien das noch mal Extrakosten.

Preise werden vermutlich weiter steigen

Aber dabei wird es nicht bleiben. Für Schellhammer ist das nur die Spitze des Eisbergs. „Die ganzen Lieferanten müssen die CO₂-Steuer, den teuren Sprit, die LKW-Maut und die Kleintransporter-Maut irgendwie umlegen auf die Artikel und schlussendlich zahlt das dann der Endverbraucher, der nachher hier sitzt und sein Schnitzel essen will“, erklärt der Gastronom. Aktuell gilt die Erhöhung rein für die Speisen vor Ort. „Solange da nicht die Lieferketten peu à peu teurer werden, was mit Sicherheit passieren wird“, ergänzt er. Also stehe für den Inhaber fest, dass er auch irgendwann die Getränkepreise erhöhen muss.

Wie Alexander Schellhammer setzt auch Familie Saur, die das Restaurant Hegaublick in Engen betreibt, auf offene Kommunikation mit ihren Gästen. Auf der Internetseite des Restaurants erläutert die Betreiberfamilie, warum die Preise zum neuen Jahr angehoben wurden. So kostete beispielsweise der Filetteller bisher 26,80 Euro. Jetzt nach der Erhöhung sind es 28,90 Euro. „Grund sind die erhöhte Mehrwertsteuer und die stetig steigenden Energiekosten“, verdeutlicht Gastronom Sven Saur im Gespräch. Auch steigende Lohnnebenkosten ließen die ohnehin geringe Gewinnspanne in der Gastronomie weiter schrumpfen, fügt er hinzu.

„Höhere Preise sind wohl unvermeidbar“

Ganz ähnlich beschreibt das Heinz Stärk, Vorsitzender der Dehoga-Kreisstelle Konstanz. „Höhere Preise sind angesichts der gestiegenen Steuerlast in den meisten Betrieben wohl unvermeidlich, weil die Betriebe diese Mehrbelastung nicht kompensieren können. Die Ertragslage war in unserer Branche schon vor der Steuererhöhung angespannt“, weiß Stärk.

„Wir fordern einen einheitlichen, reduzierten Mehrwertsteuersatz auf alle Speisen in der Gastronomie.“ Heinz Stärk, Dehoga ...
„Wir fordern einen einheitlichen, reduzierten Mehrwertsteuersatz auf alle Speisen in der Gastronomie.“ Heinz Stärk, Dehoga Konstanz | Bild: Holger Hagenlocher

„Wir haben punktuell weniger Gäste“, schildert Sven Saur. Manche schauten in die Karte und gingen dann wieder, hat er schon beobachtet. Noch sei die Zeitspanne seit der gestiegenen Steuer aber zu kurz, um wirklich etwas über die Auswirkung auf die Anzahl der Gäste sagen zu können. Seine Preise hat er bei den teureren Produkten wie Fisch und Fleisch erhöht. Eines der beliebtesten Gerichte, der Hegauer Filetteller, kostet jetzt beispielsweise 28,90 Euro. „Wir sind nach wie vor überzeugt, dass eine gute Leistung mit guter Qualität auch mit einer angemessenen Entlohnung bezahlt werden muss“, so Saurs Standpunkt.

Warum kostet Essen im Restaurant mehr als beim Imbiss?

Als deutscher Gastronom fühlt er sich gegenüber den europäischen Nachbarländern benachteiligt. „Unsere Preise schenken sich auch nicht mehr viel zur Schweiz“, sagt Saur. Bei einem reduzierten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie gehe es nicht um Subventionen, so Stärk vom Dehoga, sondern um Fairness. „Essen im Gasthaus sollte nicht höher besteuert werden als Essen zum Mitnehmen. Daher fordern wir einen einheitlichen, reduzierten Mehrwertsteuersatz auf alle Speisen in der Gastronomie. 23 von 27 EU-Staaten machen das so, und zwar aus gutem Grund: Die wissen, wie wichtig eine wirtschaftlich gesunde, gute und vielfältige Gastronomie ist“, so Heinz Stärk.

Die Speisekarte vom Café am Stadtgarten in Singen vor und nach der Mehrwertsteueranpassung. Hier wurden die Preise zum neuen Jahr ...
Die Speisekarte vom Café am Stadtgarten in Singen vor und nach der Mehrwertsteueranpassung. Hier wurden die Preise zum neuen Jahr angepasst. Der Preis für das Rahmschnitzel beispielsweise stieg von 17,50 Euro auf 20 Euro. | Bild: Reinelt/Neubauer

Der Engener Unternehmer Sven Saur sieht die Politik in der Pflicht, der deutschen Gastronomie entgegenzukommen. Er fordert eine Erleichterung bei der CO₂-Besteuerung für Gastronomen und Landwirte.

Gastronomen müssen sich was einfallen lassen

Um auch weiterhin bestehen zu können, müsse sich der Betrieb breit aufstellen, so Saur vom Hegaublick. Neben dem eigentlichen Restaurantbetrieb setzen er und seine Familie auf ein Stehcafé, sie bieten romantische Kerzenschein-Dinner an und vermieten ihre Außenflächen an Wohnmobilisten. In einem stärkeren Tourismus im Hegau sieht er eine Chance für die regionale Gastronomie.

Die Speisekarte vom Singener Restaurant Casa Espagna vor und nach der Anpassung der Mehrwertsteuer. Hier hat sich an den Preisen noch ...
Die Speisekarte vom Singener Restaurant Casa Espagna vor und nach der Anpassung der Mehrwertsteuer. Hier hat sich an den Preisen noch nichts verändert. | Bild: Reinelt/Neubauer

Auch Alexander Schellhammer stellt sich der Situation aktiv. Er habe die Chance genutzt, das Geschäftsfeld um zwei neue Angebote zu erweitern. Zum einen habe er den „ZwölfeBiteExpress“ für Firmen ins Leben gerufen. „Ab zehn Gerichten beliefern wir die Unternehmen mittags“, erklärt der Inhaber. Ab sofort gibt es außerdem zweimal im Monat sonntags Livemusik im Zwölfe, berichtet Schellhammer. „Damit sichern wir uns wenigstens einen gewissen Umsatz. Mit mehr Angebot, um dem Ganzen entgegenzuwirken.“

Schellhammer ist nichtsdestotrotz positiv gestimmt. „Der Januar hat super angefangen“, erklärt er. Aber der Jahresbeginn sei sowieso spannend, da diese generell in der Gastronomie ruhigere Monate seien, ergänzt er.