Die Stadt Konstanz ist 2024 finanziell noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen – aber nur knapp. Das wurde deutlich, als die Kämmerei im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) den vorläufigen Jahresabschluss vorstellte. Danach hat Konstanz unerwartet neun Millionen Euro weniger an Gewerbesteuer eingenommen als geplant. Und es wird klar, dass der Schuldenstand die 50-Millionen-Euro-Marke durchbrochen hat – und eigentlich noch viel höher wäre, wenn die Stadt alles, was beschlossen wurde, auch im Zeitplan umgesetzt hätte. Hier die wichtigsten Eckpunkte zu den städtischen Finanzen.

  • Die Stadt gibt fürs laufende Geschäft mehr Geld aus, als sie hat. Eigentlich soll eine Stadt im laufenden Geschäft zum Beispiel durch Steuern und Gebühren einen Überschuss erwirtschaften, um damit zu investieren. Davon ist Konstanz weit entfernt. Wie Dennis Botos von der Kämmerei darlegte, liegt das Minus bei rund zehn Millionen Euro. Nur dank Rücklagen und Überschüssen der Vorjahre kann es überhaupt ausgeglichen werden. Die Finanzexperten im Rathaus sprechen daher von einer „strukturellen Unterdeckung“. Wäre die Stadt ein Unternehmen, wäre es auf direktem Weg in die Insolvenz.
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  • Fast jeder Euro, der investiert wird, muss über Kredite aufgenommen werden. Fast 27 Millionen Euro beträgt das Minus bei den Investitionen. Das liegt unter anderem daran, dass Grundstücke am Hafner noch auf das dortige Budget verschoben wurden, sodass die Zahl besonders hoch ausfällt. Aber sie wäre noch rund zehn Millionen Euro höher, wenn die Stadt so investiert hätte, wie es geplant war und wie es der Gemeinderat eigentlich auch beschlossen hatte. Statt 42 sind nur 32 Millionen Euro ausgegeben worden, überwiegend durch „Verschiebungen von Maßnahmen“.
Ist das noch realistisch? Am Bahnhof soll ein Fahrrad-Parkhaus entstehen. Selbst aus der Fraktion von FGL&Grüne werden inzwsichen aber ...
Ist das noch realistisch? Am Bahnhof soll ein Fahrrad-Parkhaus entstehen. Selbst aus der Fraktion von FGL&Grüne werden inzwsichen aber Zweifel laut, ob sich die Stadt das auf absehbare Zeit leisten kann. | Bild: Stadt KN / DB
  • Im Rathaus regiert jetzt der Rotstift, sagt die Verwaltung. In dem Bereich des Budgets, auf den die Verwaltung nach eigener Darstellung einen Einfluss hat, müssen durch den Sparbeschluss des Gemeinderats fünf bis sechs Prozent der Ausgaben gestrichen werden. Darum kümmern müssen sich die Dezernenten – also die Bürgermeister Andreas Osner und Karl Langensteiner-Schönborn sowie Joachim Helff – zusammen mit den Amtsleitungen. Das hat Oberbürgermeister Uli Burchardt nach eigenem Bekunden so verfügt. Die Kürzungen sollen „so gerecht und umsetzbar wie möglich“ erfolgen, so die Kämmerei.
  • Die finanzielle Bugwelle ist nochmals größer geworden. Inzwischen schiebt die Stadt 55 Millionen Euro vor sich her, die eigentlich für Investitionen von Schulsanierung bis Straßenbau längst ausgegeben sein sollten. In vielen Fällen sind Projekte angefangen, aber das Geld fließt nicht wie geplant ab. In anderen stehen die Maßnahmen noch ganz am Anfang. Betroffen ist vor allem der Baubereich. Aber auch für Smart Green City sind laut Verwaltung rund zwei Millionen Euro nicht wie geplant ausgegeben worden.
  • Es gibt aber auch gute Nachrichten auf der Einnahmenseite. Während das Minus bei der Gewerbesteuer schmerzt – immerhin soll es sich um einen Einmal-Effekt handeln -, sind an anderer Stelle die Einnahmen höher als geplant. Fast eine Million Euro über Plan liegt die Tourismus- und Klimaschutzabgabe (Bettensteuer), auf den Parkplätzen wurden 570.000 Euro über Plan eingenommen, die höheren Zinsen wirken sich auch im Haben-Bereich aus. Auf der Ausgabenseite ist es leider fast nirgends so, dass etwas billiger ausfiel als geplant.
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  • Anders als zuletzt Tübingen droht Konstanz eher kein Nein aus dem Regierungspräsidium. Schlagzeilen machte die Stadt Tübingen, weil das zuständige Regierungspräsidium den Haushalt der Stadt nicht genehmigt hat. Das nutzte auch der dortige Oberbürgermeister Boris Palmer für massive Kritik an Bund und Land. Mit Bezug auf das Palmer-Interview im SÜDKURIER wollten mehrere Konstanzer Finanzpolitiker wissen, ob auch Konstanz ein solches Veto droht. Danach sieht es nicht aus, zeigt sich die Kämmerei vorsichtig optimistisch. Der Haushalt 2025/2026 werde nun nach Freiburg geschickt, und innerhalb von rund vier Wochen sei mit einer Genehmigung zu rechnen, so Dennis Botos. Nach seinen Worten ist es aber möglich, dass die Behörde der Stadt Konstanz Auflagen macht – zum Beispiel, einen deutlich härteren Sparkurs zu fahren.
  • Auch Konstanz erhöht massiv den Druck auf die neue Bundesregierung. Bürgermeister in ganz Deutschland protestieren immer lautstarker dagegen, dass Bund und Länder ihnen Aufgaben geben, aber nicht das nötige Geld dafür. Beispiele sind die Flüchtlingsunterbringung oder die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern. Aber auch mehr Bürokratie mache die Verwaltung langsam und teuer. In einem beeindruckenden Video sprechen Bürgermeister aus ganz Baden-Württemberg Klartext:

Dieser Kritik schließt sich der Konstanzer Rathauschef Uli Burchardt an. Er erklärt: „Ich bin überzeugt: Unsere Städte sind das Fundament der Demokratie. Doch damit wir auch künftig stark, gerecht und nachhaltig handeln können, brauchen wir mehr Handlungsspielräume – und eine verlässliche Finanzierung. Nur so bleibt Demokratie vor Ort lebendig. Das Video unseres Städtetags bringt es auf den Punkt. Es zeigt, was es braucht, damit Kommunen weiter das Rückgrat unserer Demokratie bleiben.“ Mit Blick auf Konstanz sagte er in der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Klimaausschusses: Das „gab es noch nie in der Bundesrepublik, dass Kommunen derart unter Druck gewesen sind“: Die Verwaltung arbeite nur noch im Blaulicht-Modus zur Bewältigung aktueller Krisen.