Es ist noch nicht lange her, da wurde die gebührenpflichtige Zeit für das Parken in der Innenstadt auch auf den Sonntag ausgeweitet. Jetzt will die Stadtverwaltung die Parkgebühren erhöhen. SPD, FGL&Grüne geht dieser Vorschlag nicht weit genug. Sie wollen das Kurzzeitparken abschaffen und vier Euro für die erste Stunde in der Altstadt aufrufen.
„Parken ist billiger als Busfahren“, meint Niklas Becker (FGL&Grüne). Mehreinnahmen durch die Parkgebühren könnten eingesetzt werden, um die Preise für den Bus zu senken, schlägt er vor, schließlich würden Menschen mit geringerem Einkommen mehr Bus fahren. Zur Begründung des Gemeinschaftsantrags führt er weiter aus: „Wir wollen das aus sozialen Gründen und tragen damit auch zur Haushaltskonsolidierung bei.“

Gebührenerhöhung um 50 Prozent?
Das bleibt nicht unwidersprochen. Im Gegenteil: Es entflammt eine heftige, emotionale Diskussion. Roger Tscheulin (CDU) kommt erst auf die Verwaltungsvorlage zu sprechen, die zunächst „moderat“ daherkomme. Aber schon da werde mit Mehreinnahmen von 1,16 Millionen Euro gerechnet, was einer Erhöhung von 50 Prozent entspreche. Der Antrag von SPD sowie FGL&Grünen setze da noch einen drauf. „Wir sehen das nicht als sozial an“, so Tscheulin.

Die Frequenz in der Innenstadt sei gesunken, die Geschäfte generierten weniger Umsatz, so Tscheulin weiter. Diese „werden weniger investieren können und der eine oder andere wird das existenziell zu spüren bekommen“, was sich letztlich wiederum auf die Gewerbesteuereinnahmen auswirke. Dann kommt er auf die Situation des Lago Shopping-Centers zu sprechen und die Frage, ob der Betreiberwechsel Auswirkung auf die Leuchtturmwirkung haben werde. Wenn diese wackelt, „werden wir das in der Stadt spüren“, ist Tscheulin überzeugt.
„Es kann nicht sein, dass Kita-Gebühren erhöht werden, die Parkgebühren aber nicht“, meint Jan Welsch (SPD). Kurzzeitparken für eine halbe Stunde sei im Verhältnis günstig. Das soll nach Ansicht von Jan Welsch abgeschafft werden.

Autos sollten eine Weile stehen, dann würde auch ein größerer Einkauf gemacht werden. Parkhäuser sollten an den Rand der Stadt gebaut und der Verkehr entsprechend gesteuert werden, so Welsch. Er bezweifelt, dass Kunden nicht mehr nach Konstanz kämen, wenn die Parkgebühren erhöht würden.
Vier Euro pro Stunde sind unsozial
„Vier Euro pro Stunde sind höchst unsozial“, ereifert sich Susanne Heiß (FWK). Ihre Fraktion sei in Dingelsdorf gewesen. „Was da los ist. Sie fühlen sich nicht mehr wertgeschätzt“, berichtet sie und spricht von „Diskriminierung der Vororte“. Die Bürgerinnen und Bürger dort „sagen, sie fahren nach Radolfzell oder Singen“ und hätten die Nase voll.

Ihr Fraktionskollege Daniel Hölzle verweist auf das Zentrenkonzept, das besagt, dass in der Innenstadt vielerlei Funktionen – gerade auch für die Konstanzer – gebündelt sein müssten. Dazu gehörten auch Kurzzeitparkplätze. Ob Arztbesuch oder Termin im Bürgeramt – genau dafür bräuchten Konstanzer Kurzzeitparkplätze, findet auch Achim Schächtle (FDP).
„Welcher Konstanzer parkt schon an der Laube?“, fragt Lisa Kreitmeier (FGL&Grüne). „Es gibt genügend Parkplätze, wo man kostenlos parken kann, zum Beispiel Rheingärten.“ Außerdem würden laut einer Studie Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad kämen, mehr konsumieren.

Achim Schächtle verweist auch auf die Kunden von außerhalb: „Sie kommen mit dem Auto und haben die Entscheidung, ob sie nach Konstanz, Radolfzell oder Singen fahren. Das sind Gemeinden, mit denen wir uns vergleichen müssen – nicht Tübingen“, so Schächtle. „Wir müssen aufpassen, dass wir Touristen, die Geld dalassen, nicht verlieren.“

„Die Parkgebühren in Frauenfeld, St. Gallen und Bregenz liegen deutlich unter jenen in Konstanz“, vergleicht Katharina Müller (CDU) und stellt fest: „Damit haben wir Händler zu kämpfen.“ Sie spricht die neuen Steuern, wie Betten- und Verpackungssteuer, sowie die gesunkene Frequenz an. Das mache den inhabergeführten Betrieben wirklich Sorge. Jan Welsch bricht eine Lanze für die Erhöhungen: „Jeder weiß, dass wir mit den städtischen Finanzen so nicht weiterarbeiten können.“
„Wir greifen bei jeder Gelegenheit in die Tasche der Bürger“, moniert Achim Schächtle. Tscheulin ist es auch leid, von Erhöhung von Steuern, Abgaben und Gebühren zu hören. Es ginge nicht an, die Bürger immer noch mehr zu belasten. „Das ist ein Weg, der irgendwann nicht mehr funktioniert“, stellt er fest. Statt immer weiter Gebühren- und Steuer-Schrauben nach oben zu drehen, „sollten wir uns Gedanken darüber machen, wo wir sparen“, findet auch Jürgen Faden (FWK).
Umstieg auf den ÖPNV ist nicht attraktiv
Diese Argumentationen teile die LLK nicht, aber dennoch wende sich die Fraktion gegen die Gebührenerhöhung, so Holger Reile. „Wir befürworten, den Verkehr in der Innenstadt deutlich zu reduzieren.“ Doch es kranke daran, dass keine vernünftige Alternative geboten werde, den ÖPNV zu nutzen.
In anderen Städten wären Ein-Euro- oder Ein-Franken-Tickets von Erfolg gekrönt, so Reile. In Konstanz hingegen wurden die Preise erhöht – Einzelfahrschein für Erwachsene auf 3,10 Euro, Tagesticket auf 6,10 Euro. „Das ist kein gangbarer Weg, um die Mobilitätswende einzuleiten“, stellt Holger Reile fest. Es mache also keinen Sinn, Autofahrer zur Kasse zu bitten, ohne eine Alternative zu bieten.

Zum Ansinnen von SPD sowie FGL&Grünen, mittels der Parkgebühren die Preise für Busfahrscheine zu reduzieren, meint Reile. „Das ist eine Art von schwammiger Wolkenschieberei. Was heißt das schon? Von 3,10 Euro auf 2,95 Euro?“, fragt Reile und stellt fest: „So lässt sich das den Bürgern nicht nachvollziehbar vermitteln.“
Er bedauert: „Für ein Ein-Euro-Ticket gab es leider keine Mehrheit. Die Finanzierungsprobleme ließen sich lösen, wenn man wollte“, meint er. Dafür gibt es nochmal Zunder von Susanne Heiß: „Das ist nicht zu finanzieren. Der ÖPNV hat jetzt schon ein Defizit von 5,6 Millionen.“
Eine Glaubensentscheidung?
„Ich bin erstaunt, mit welcher Energie wir diskutieren“, meint Heike Rawitzer zum Schluss. „Wir müssen abwägen: Ob die Gebührenerhöhung als sozialpädagogische Umerziehungsmaßnahme gesehen werden soll“ oder ob man „der Meinung ist, über die Wirtschaft nachzudenken und zu überlegen, woher das Geld kommt, das wir gerade ausgeben.“
Dann kommt es zum Schwur und spannenden Abstimmungen. Das Ergebnis: Knapp wird der Antrag von SPD, FGL&Grüne vom Tisch gefegt und der Antrag der Verwaltung bei Stimmengleichheit abgelehnt. Das heißt: Die Parkgebühren werden jetzt erst einmal nicht erhöht.