Die latente Unzufriedenheit mit Politik und Verwaltung liegt schon länger in der Luft. Jetzt scheint aber das Maß fast voll, denn Konstanzer Wirtschaftsunternehmer fühlen sich nicht nur nicht unterstützt, sondern gegängelt. Die Einführung der Betten- und Verpackungssteuer hat wohl das Fass langsam zum Überlaufen gebracht.

Rosig, wie oftmals dargestellt werde, sehe es nämlich nicht mehr aus. Stephan Alleborn, Vorsitzender des Treffpunkt Konstanz, stellt bei der Jahreshauptversammlung dieser Werbegemeinschaft und Interessenvertretung mit aktuell 115 Mitgliedsbetrieben fest: Die Frequenz in der Innenstadt sei im ersten Quartal 2025 um 8,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken.

„Unsere Strategie: Wir wollen unsere politische Wahrnehmung verbessern, unsere Standpunkte vertreten und uns Gehör verschaffen“, so ...
„Unsere Strategie: Wir wollen unsere politische Wahrnehmung verbessern, unsere Standpunkte vertreten und uns Gehör verschaffen“, so Stephan Allborn, Vorsitzender des Treffpunkt Konstanz. | Bild: Kirsten Astor | SK-Archiv

„Die Rezession ist da“ und die Konsumzurückhaltung sei schon spürbar, stellt Alleborn fest. Wie sich die 150-Franken-Grenze auswirken werde, das werde sich erst noch zeigen. Doch es gebe Stellschrauben, die Konstanz selbst beeinflussen könne. „Erreichbarkeit ist ein Dauerthema“, so Alleborn. C-Konzept ohne Ampelsteuerung am Schnetztor und ohne ein Parkhaus am Döbele, damit verliere die Stadt Kunden.

Wie groß die Unzufriedenheit der innerstädtischen Unternehmen ist, habe Stephan Alleborn hautnah erfahren, als er bei den Betrieben persönlich um für die finanzielle Unterstützung der Weihnachtsbeleuchtung anfragte. Da habe sich der „Frust an der Stadtpolitik“ Bahn gebrochen. Geld wolle deshalb kaum einer freiwillig geben. Parkgebühren würden schon wieder erhöht. „Da könnte man doch Geld abzwacken und in die Beleuchtung stecken“, wirft Alleborn in den Raum.

Das könnte Sie auch interessieren

„Wir fühlen uns gegängelt“

„Die Bettensteuer hat der Stadt mehr als vier Millionen Euro eingebracht“, stellt Hotelier Florian Miehle fest. Doch was habe die Wirtschaft davon? „Einen Teil des Geldes könnte in Toiletten investiert werden. Jene in der Unterführung ist eine Katastrophe“, so Miehle, der anfügt: „Das käme auch den Bürgern zugute.“

„Wir fühlen uns gemaßregelt, behindert, gegängelt, überwacht und in keiner Weise gefördert.“ Diese harte Kritik gegenüber dem OB äußert einer, der sich normalerweise nicht zu Wort meldet: der stets konziliante Einzelhändler Ottmar Zwicker. Er zielt damit insbesondere auf die Haltung der Verwaltung, aber auch auf politische Haltungen ab.

„Wir fühlen uns gemaßregelt, behindert, gegängelt, überwacht und in keiner Weise gefördert“, sagt Einzelhändler Ottmar Zwicker.
„Wir fühlen uns gemaßregelt, behindert, gegängelt, überwacht und in keiner Weise gefördert“, sagt Einzelhändler Ottmar Zwicker. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

„Das ist eine harte Kritik“, stellt Uli Burchardt fest. Es ist spürbar, dass sie ihn getroffen hat, denn sie wird eben von einem ausgesprochen, von dem man solche direkten Worte nicht erwartet. „Es gibt nicht die Verwaltung“, nimmt er die Mitarbeiter in Schutz.

„Ich glaube, die Innenstadt würde nicht so dastehen, wenn die Stadt den Handel nicht derart fördern würde“, sagt der OB. Er spricht von der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK), „der wir Geld geben und die fördern soll“. Mehr als 15.000 Euro jährlich ist allerdings auch die Beteiligung des Treffpunkts an der MTK, wie zuvor Kassenwart Christian Ulmer den Mitgliedern berichtet hatte.

„Ich glaube, die Innenstadt würde nicht so dastehen, wenn die Stadt den Handel nicht derart fördern würde“, sagt Oberbürgermeister Uli ...
„Ich glaube, die Innenstadt würde nicht so dastehen, wenn die Stadt den Handel nicht derart fördern würde“, sagt Oberbürgermeister Uli Burchardt. | Bild: Stadt Konstanz | SK-Archiv

Im öffentlichen Raum gebe es tausend Themen. „Einem tritt man immer auf die Füße“, sagt Burchardt. Er spricht die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten an, zum einen die Verwaltung mit ihren verschiedenen Ämtern, zum anderen die Politik.

Die Ansichten prallen aufeinander

Doch Stefan Niethammer, der die Diskussion moderiert, lässt Burchardt nicht so leicht vom Haken, schließlich sei er in persona Chef der Verwaltung und stehe dem Gemeinderat vor. Der Eindruck der Unternehmer sei nämlich, „dass die Verwaltung als grauer Monolith (Einzelfelsen) eher nach Problemen als nach Lösungen schaut“, so Niethammer.

„Der Eindruck ist, dass die Verwaltung als grauer Monolith eher nach Problemen als nach Lösungen schaut“, so Diskussionsleiter und ...
„Der Eindruck ist, dass die Verwaltung als grauer Monolith eher nach Problemen als nach Lösungen schaut“, so Diskussionsleiter und Einzelhändler Stefan Niethammer. | Bild: Timm Lechler | SK-Archiv

Gängeln sei nicht zutreffend, findet Burchardt. Die Verwaltungsmitarbeiter seien Möglichmacher, ob beim Weihnachtsmarkt, Flohmarkt oder Seenachtfest. Beim Stichwort Seenachtfest hakt Stefan Niethammer sofort ein und erinnert den OB an dessen Eingangsworte „wir befinden uns im Wettbewerb mit anderen Städten in Deutschland“. Und doch habe Burchardt öffentlich geäußert, das Seenachtfest müsse kleiner und sicherer werden.

„Da sind Sie nicht Möglichmacher. Da schränken Sie ein und wollen das Seenachtfest als Leuchtturm oder Leuchtfeuer aufgeben“, kontert Niethammer. Es sei eine politische Entscheidung, so Burchardt. Seine politische Haltung seit Jahren sei: „Konstanz braucht nicht mehr Sichtbarkeit.“ Vielen sei es zu voll in der Stadt. „Das Seenachtfest ist ein liebenswerter Dino, der nicht mehr durch die Tür passt.“ Ferner sei es ein Sicherheitsproblem und die halbe Stadt würde gesperrt. „Mein persönlicher Rat: verkleinern“, so Burchardt.

Das könnte Sie auch interessieren

Kritikpunkte werden zuhauf geäußert

Ob Klimanotstand, Verpackungssteuer, Bettensteuer: „Warum muss Konstanz immer nach vorne rennen?“, so Unternehmer Markus Hotz. In Sachen Verpackungssteuer bekämen die Mitarbeiter an den Tresen „richtig einen verbretzelt und andere Städte lachen sich tot. Das versteht keiner“, so Hotz.

Wiederum eine politische Entscheidung, entgegnet der OB. Das Thema sei durch einen Fraktionsantrag angestoßen worden; er habe geraten, das Urteil zur Tübinger Verpackungssteuer abzuwarten. Und doch: „Ich finde es so falsch nicht“, so Burchardt, der auf die „riesigen Müllmengen“, die nicht durch die Müllgebühr gedeckt seien, hinweist.

Das könnte Sie auch interessieren

Ausbau weiterer Tempo-30-Strecken ohne die Ampelschaltung anzupassen sei ein Problem für Lieferanten, schmuddelige Altstadt (Beispiel Brücke am Bahnhof) kein Aushängeschild, exorbitante Gebührenerhöhungen, das ewige Warten auf das Parkhaus am Döbele und einiges mehr sind weitere Kritikpunkte, die Burchardt an diesem Abend von den Unternehmern zu hören bekommt. Die Menschen aus unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen haben dabei merklich erhöhten Puls.

Uli Burchardt will in Dialog treten

„Ich bedauere es, wenn Sie das Gefühl haben, Sie werden ausgebremst“, sagt Uli Burchardt am Ende der Diskussion. Er möchte das, was unverkennbar tief bei jedem Einzelnen sitzt, nicht so stehen lassen. Sein Wunsch sei es, den Dialog weiterzuführen.

Und wenn es ein konkretes Problem gebe, dann könnten die Unternehmer ihm direkt eine Mail an OB@konstanz.de schicken. Nach der Veranstaltung ist klar: Der Treffpunkt wird sich Gehör verschaffen, den OB an seine Handreichung erinnern und einzelne Unternehmer werden das E-Mail-Postfach von Uli Burchardt gerne füllen.