Der „Ochsen“ ist das älteste ununterbrochen bewirtschaftete Gasthaus Steißlingens. Das sei für ihn eine Tradition, die verpflichtet, betont Wirt Alfred Zwick. Und das ist nun ein Grund zu feiern, denn am 9. Mai wird das 400-jährige Bestehen begangen. Aus diesem Anlass blickt Zwick zurück auf die Entwicklung des Gasthofs, der seit über 100 Jahren im Besitz seiner Familie ist. Und er benennt auch Probleme: Es sei auch schwer geworden, Personal und Pächter zu finden, weiß Zwick. Und beispielsweise Stammtische würden immer weniger werden.

Noch älter als die Bewirtung im „Ochsen“ ist das Gebäude, denn es stammt aus dem 12. Jahrhundert, wie Fachleute vom Landesdenkmalamt geschätzt hätten. In einem Einwohnerverzeichnis von 1625 wird erwähnt, dass es in dem Gebäude bereits damals ein Gasthaus „Ochs und Esel“ gegeben hatte. Man vermutet, dass es damals ein Jubiläum gegeben habe, doch wie lange die Gastwirtschaft wirklich bestand, ist unklar.

Dieses Foto aus dem Familienarchiv von 1930 zeigt den „Ochsen“ noch mit verputzter Fassade.
Dieses Foto aus dem Familienarchiv von 1930 zeigt den „Ochsen“ noch mit verputzter Fassade. | Bild: Familienarchiv Zwick

Die noch älteren Gasthäuser „Wagen“ und „Alte Post“ am früheren Ortseingang gebe es seit 50 Jahren nicht mehr, weiß er dagegen zu berichten.

Vom Kurhotel zum Brauhaus

Die Geschichte des Gasthaus „Ochsen“ ist eng verbunden mit der Geschichte Steißlingens. „Als Steißlingen einen guten Ruf als Ort der Wundärzte und Bader hatte, fungierte der ‚Ochsen‘ als Kurhotel“, blickt Alfred Zwick beispielsweise zurück. Damals war das Wirtshaus dreistöckig und sei sehr gut besucht worden. 1832 baute der damalige Wirt Franz Joseph Schoenenberger ein Brauhaus.

Das könnte Sie auch interessieren

Ob im „Ochsen“ zuvor eine Brauerei war, ist nicht bekannt. Auch eine Metzgerei gab es einmal in dem Gasthaus. Während der sogenannten Kulturkampfzeit (1871 bis 1887) war der „Ochsen“ außerdem das Versammlungslokal der Ultramontanen, also streng katholischer Anhänger.

Auch die eigene Familie sei eng mit dem „Ochsen“ verbunden, wie Zwick berichtet. 1886 ging das Gasthaus in den Besitz von Sebastian Hirling von der Homburg über. 1919 heiratete dessen Tochter Luise dann Fritz Zwick, den Großvater des heutigen Ochsenwirts. Die Eheringe der beiden wurden bei der Generalsanierung gefunden und befinden sich bis heute im Familienbesitz. Ab 1968 führten Otto und Marianne Zwick das Gasthaus. Nach der Generalsanierung 1997 übernahm Alfred Zwick den „Ochsen“ von seinen Eltern.

1918 saß Fritz Zwick in der Mitte, seine Frau Luise stand neben ihm. Die beiden sind die Großeltern des heutigen Ochsenwirts Alfred Zwick.
1918 saß Fritz Zwick in der Mitte, seine Frau Luise stand neben ihm. Die beiden sind die Großeltern des heutigen Ochsenwirts Alfred Zwick. | Bild: Familienarchiv Zwick

„Wer das Gasthaus betritt, bewegt sich auf historischem Grund, wenngleich der Fußboden nagelneu ist“, fasst der Ochsenwirt die umfassende Sanierung zusammen. Mit der Sanierung wurde auch das Fachwerk freigelegt und der „Ochsen“ ist seitdem ein prägendes Schmuckstück des Ortskerns. „Diese Sanierung und die damit einhergehenden Schulden waren mutig“, glaubt er noch heute.

Alfred Zwick ist stolz auf sein Gasthaus, welches mitten im Herzen Steißlingens ein beliebter Treffpunkt ist.
Alfred Zwick ist stolz auf sein Gasthaus, welches mitten im Herzen Steißlingens ein beliebter Treffpunkt ist. | Bild: Susanne Schön

Alfred Zwick trat gleich nach der Schule eine Kochlehre an und arbeitete beispielsweise im „Hotel Rad“ in Tettnang. Gerne wäre er auch Schiffskoch gewesen, doch nicht nur die Steißlinger freuen sich, dass er nun seine Gäste vor Ort mit saisonale Küche und einer großen Auswahl an Getränken speziell beim Bier bewirtet.

Stammtisch schrumpft immer mehr

Denn der „Ochsen“ ist heute eine Dorfgaststätte, wie man sie anderswo lange sucht. Der Wirt singt zwar nur sehr selten im Gastraum, obwohl er langjährig Sänger im Liederkranz Steißlingen war und sich noch heute für den Chorgesang engagiert. Doch freut er sich, wenn man nach der Musikprobe oder dem Training bei ihm vorbeischaut.

Der Stammtisch des Ochsen ist hier noch voller junger Männer. In der heutigen Zeit trifft man sich nicht mehr so oft in der Wirtschaft.
Der Stammtisch des Ochsen ist hier noch voller junger Männer. In der heutigen Zeit trifft man sich nicht mehr so oft in der Wirtschaft. | Bild: Familienarchiv Zwick

Er bedauert, dass der Stammtisch immer mehr schrumpfe und nur noch selten Karten gespielt werde. Doch solle der Ochsen weiter ein attraktiver Treffpunkt für die Steißlinger Vereine sein. Und auch für andere Gäste bietet der Gastraum in gemütlicher Atmosphäre Raum für Gespräche – zu denen auch der Wirt selbst beitragen kann. Als Mitglied des katholischen und kommunalen Gemeinderats sowie als Leiter einer Pfadfindergruppe der Birnau, Sänger im Männerchor Volkertshausen, Mitglied des Chorverbands sowie Mitglieds der DLRG-Ortsgruppe, habe er ein breites Wissen.

Das könnte Sie auch interessieren

Hochkarätige Gäste angekündigt

Das Jubiläum wird am Freitag, 9. Mai, ab 18 Uhr gefeiert. Bei schönem Wetter wird die Schulstraße auf Höhe des Gasthauses gesperrt und dort gefeiert, bei schlechtem Wetter geht es in den historischen Herrentorkel.

Es werden hochkarätige Gäste erwarten, wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), Landesjustizministerin Marion Gentges (CDU) und Bürgermeister Benjamin Mors. Musikalisch wird der Abend von der Flotten Spätlese, Alphörnern und den Gesangvereinen aus Volkertshausen und Eigeltingen umrahmt. Für den kulinarischen Rahmen sorgen der Motorsportclub Steißlingen und die Metzgerei Rimmele.