Die Tengener haben sich das Feiern nicht verderben lassen. Eigentlich war die große Feier anlässlich 50 Jahre Eingemeindung auf dem Kastanienplatz geplant. Doch aufgrund der Wetterlage ist man in die Randenhalle ausgewichen. Alle hatten sich hier versammelt: Vereine und Bürger, Gemeinderäte und Ortsvorsteher, Menschen aus allen neun Teilorten – und drei Bürgermeister.

Der Höhepunkt: Die drei Bürgermeister, die in den letzten 50 Jahren die Verantwortung für Tengen übernommen hatten, blickten auf Tengens Geschichte zurück. So sagt der seit 2023 amtierende Schultes Selcuk Gök: „Jeder der Ortsteile hat seine eigene Kultur, seine eigene Geschichte und seine eigenen Menschen.“ Durch den gegenseitigen Austausch würde eine Bereicherung stattfinden. Gemeinsam könne man neue Wege gehen, solle dabei aber auch das Bewährte nicht aus den Augen verlieren.

Beim Stadtradeln Kette gerissen

Im Publikum saßen auch die Bundespolitiker Andreas Jung und Lina Seitzl. Vielleicht auch als Rippenstoß nach Berlin gedacht betonte Gök, wie sehr die Städte und Gemeinden Rückgrat dieses Landes seien. „Wer die Kommunen stärkt, stärkt die Grundlage für Teilhabe“, so Gök. Er bedankte sich bei den Ortsvorstehern, die die Feier nicht nur mit großem Engagement, sondern auch mit viel Herzblut vorbereitet hätten.

Eine kleine Anekdote hatte Gök auch dabei: Beim Stadtradeln wollte er in diesem Jahr auch mitmachen. Auf halber Strecke sei ihm die Kette gerissen, sodass er abbrechen musste. Das Stadtradeln steht, wie andere Aktionen in Tengen in diesem Jahr, ebenfalls unter dem Zeichen des 50-Jahre-Jubiläums.

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Sein Vorgänger, Bürgermeister a.D. Marian Schreier (von 2015 bis 2023 im Amt) zitierte den nüchternen Wortlaut des Gesetzestextes zum Abschluss des Prozesses der Gemeindereform und fasste zusammen: „Die Stadt Tengen in ihrer heutigen Ausdehnung gibt es seit 1975.“ Er griff in seiner Rede auf, dass der Tengener Kernort und der größte Ortsteil Watterdingen immer in gewisser Konkurrenz stehen – und hatte damit die Lacher auf seiner Seite.

Zu Beginn seiner Amtszeit als Tengener Bürgermeister habe er im Amtsblatt einen Text an die Bürger überschrieben mit „Liebe Tengenerinnen und liebe Tengener.“ Daraufhin habe er Post aus einem Teilort erhalten. Die Person, die ihm geschrieben hat, habe sich bei dieser Anrede nicht angesprochen gefühlt. Somit habe er die Anrede künftig anders formuliert. Er vermute, dies sei ein Hinweis auf die eigene Identität der Teilorte.

Großes Engagement für die Heimat

Bei allen Unterschieden gebe es vor allem ein verbindendes Element, das für alle Ortsteile gilt: Das Engagement für die Heimat. Beim Leitbildprozess zu Beginn seiner Amtszeit sei eine Befragung durchgeführt worden. Ein Ergebnis davon: In Tengen werden jede Woche über 1000 ehrenamtliche Stunden geleistet. So schloss Schreier seine Rede: „Ich kann der Stadt nur eines wünschen: Dass sie weiterhin auf dieses Engagement der Bürger zählen kann.“

Tengen feiert, dass die Teilorte seit 50 Jahren gemeinsam eine Stadt bilden. Der Festakt fand in der Randenhalle statt.
Tengen feiert, dass die Teilorte seit 50 Jahren gemeinsam eine Stadt bilden. Der Festakt fand in der Randenhalle statt. | Bild: Uli Zeller

Helmut Groß, der den Zusammenschluss der Dörfer ab 1973 als amtierender Bürgermeister gestaltet hat, rundete die Ansprachen ab. „Ich wurde zweimal als Tengener Bürgermeister in den Ruhestand geschickt“, sagte er und löste damit einige verdutzte Blicke im Publikum aus. Doch die Auflösung des Rätsels ließ nicht lange auf sich warten. 2015 sei er nach über 42 Jahren im Amt des Bürgermeisters pensioniert worden. Aber zur Zeit der Gemeindereform sei er auch schon einmal in den einstweiligen Ruhestand befördert worden. Es sei eine schwierige Zeit gewesen.

Helmut Groß war Amtsverweser

Daraufhin habe er eine Weile den Titel „Amtsverweser“ getragen. Die Zeit, bis klar wurde, wie es weiter geht, sei alles andere als einfach gewesen. Er nannte einige Beispiele aus seiner Zeit als Bürgermeister der „Hauptstadt des Randens“, wie er Tengen bezeichnete. Er berichtete von der Kläranlage, von der Zollstation und „der ersten illegalen Hausbesetzung“ im Landkreis Konstanz. Und auch er wünschte Tengen, dass es weiterhin vom bürgerschaftlichen Engagement und der lebendigen Vereinsarbeit getragen werde.

Die Stadtkapelle umrahmte den Festakt.
Die Stadtkapelle umrahmte den Festakt. | Bild: Uli Zeller

Ein Beispiel dafür, dass jeder Teilort etwas zur Feier beigetragen hat: Im Eingangsbereich der Randenhalle befand sich ein Stand der Mosterei Tengen-Beuren (331 Einwohner). Die Vertreter aus Beuren hatten ein Glücksrad aufgebaut. Gegen eine Spende durfte man daran drehen. Und als Hauptpreis konnte man drei Liter Apfelsaft aus heimischem Obst gewinnen. Doch der Hauptgewinn war nicht für alle erstrebenswert. Die siebenjährige Elena aus Tengen sagte danach: „So ein Glück, dass ich nur den Trostpreis gewonnen habe: Eine Taschenlampe. Was hätte ich sonst bloß mit dem Apfelsaft gemacht?“