Herr Häusler, in Singen entstehen gerade viele Wohnungen, beispielsweise mit dem Scheffelareal. Wie sieht es mit bezahlbarem Wohnraum aus?

Günstiger Wohnraum wird immer schwieriger in der Stadt. Das macht uns auch große Sorgen. Es befinden sich einige Wohnungsbauprojekte in der Fertigstellung. Neubauprojekte sind im Augenblick schwierig zu finanzieren. Es wird zwar gerade am Scheffelareal gebaut, aber der ganze hintere Bereich wird noch dauern. Da reden wir nicht von 2 oder 3 Millionen, sondern von 70 bis 80 Millionen Euro Baukosten. Das ist beim Schlossquartier ähnlich.

Mit Bauplätzen und Baufläche sind wir aber gut aufgestellt. Da haben wir viel entwickelt, etwa in Beuren oder Friedingen. Im Zukunftsstandort Tiefenreute/Bühl haben wir kräftig Grundstücke gekauft, um dort neben einem großen Gewerbegebiet ein neues Wohnquartier mit etwa 700 Wohnungen zu entwickeln.

Der Gemeinderat hat dagegen gestimmt, den Mietspiegel beizubehalten. Wäre das nicht ein guter Hebel gewesen für eine bessere Preispolitik und Transparenz bei den Mieten?

Transparenz schafft es sicherlich. Ich war nie ein Fan vom Mietspiegel. Ich habe es damals dem Gemeinderat vorgeschlagen, weil es eine Landesförderung gab und wir kurz vor 50.000 Einwohnern waren. Dann wären wir verpflichtet, einen Mietspiegel zu haben.

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Persönlich sage ich, dass es für den Vermieter das beste Mietsteigerungsmodell ist, das es gibt. Wenn ein paar Jahre später der Mietspiegel überarbeitet wird, steigen die Mieten. Deswegen konnte ich es nicht ganz nachvollziehen, warum Teile der Vermieterseite vehement gegen den Mietspiegel waren.

Die Leerstände in der Innenstadt scheinen zuzunehmen. Beobachten Sie das mit Sorge? Was kann die Stadt tun, um gegenzusteuern?

Natürlich macht uns das Thema Leerstand und insgesamt die Entwicklung im Bereich Einzelhandel Sorge. Als Stadt haben wir nach wie vor eine gute Frequenz in der Innenstadt. Aber wenn die Menschen da sind, müssen sie auch hier einkaufen. Und da wissen wir alle, dass das verfügbare Geld bei allen knapper wird.

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Man spürt auch, dass die Schweizer Kundschaft um ein paar Prozent abgenommen hat. Wenn ich in die Schweiz rübergehe und mir dort die Preise anschaue, merke ich: Das Preisgefälle ist nicht mehr so stark wie früher. Unser gesamtes wirtschaftliches und gesellschaftliches Umfeld hat sich verändert. Es ist kein Singen-Thema, deswegen fühlen wir uns als Stadt noch gut aufgestellt – wohl wissend, dass das Eis dünn ist, auf dem wir uns befinden.

Wie steht es um die Mieten und kann bald eine neue Kita eröffnen? SÜDKURIER-Redakteurin Sabrina Morenz im Gespräch mit Oberbürgermeister ...
Wie steht es um die Mieten und kann bald eine neue Kita eröffnen? SÜDKURIER-Redakteurin Sabrina Morenz im Gespräch mit Oberbürgermeister Bernd Häusler. | Bild: Graziella Verchio

Wie ist der aktuelle Stand zum Krankenhausneubau?

Wir konnten von den Eigentümern alle Grundstücke erwerben. Die Planungen laufen auch vonseiten des Landkreises und des Klinikverbundes. Planerisch sind wir auch beim neuen Schienenhaltepunkt weitergekommen und sind nun in der Abstimmung mit der Nahverkehrsgesellschaft und der Deutschen Bahn.

Das heißt, es geht voran?

Es geht voran, aber ich bin mir sicher, dass der Prozess noch vier, fünf Jahre dauern wird. Das Großprojekt ist unglaublich komplex und zeitintensiv und auch das Thema Finanzierung wird den Kreis und die Kommunen noch beschäftigen.

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Die Stadt wird zum 1. Januar ein medizinisches Versorgungszentrum eröffnen. Warum steigt die Stadt in die ärztliche Versorgung ein?

Die Verträge sind unterschrieben, die Ärzte sind mit an Bord, das Personal steht. Auch die Verträge mit den Praxen sind unterschrieben. Aktuell hat der Zulassungsausschuss der gesetzlichen Krankenkasse unser MVZ genehmigt. Der Wirtschaftsplan von Seiten des Regierungspräsidiums ist genehmigt. Also da stehen alle Punkte auf grün, dass es funktioniert.

Warum tun wir es? Weil die Hausarztdichte dramatisch abnimmt. Im Mittelbereich Singen sind zehn, elf Hausarztsitze nicht besetzt. Die Zahl der Ärzte, die selbstständig werden wollen, nimmt zusehends ab. Viele Hausärzte sind schon im Rentenalter oder gehen darauf zu. Und das heißt, wir werden in den nächsten Jahren ein weiteres Defizit an Hausärzten erleben. Da haben wir als Stadt gesagt, wir müssen etwas tun. Wir hoffen, mit diesem Schritt mittelfristig eine Entlastung in der Versorgung herbeizuführen. Ziel wird sein, das MVZ weiter auszubauen.

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Wir hatten im Juni einige Hitzewellen. Wie gut ist Singen gewappnet für solche hohen Temperaturen und was planen Sie für eine kühlere Zukunft?

Wir sind gerade dabei, den nächsten Aktionsplan im Rahmen des Klimawandelanpassungskonzepts zu erarbeiten. Dabei geht es um Themen wie mehr Schattenplätze, weniger Versiegelung und die Frage, wie man bei Starkregenereignissen das Wasser innerhalb der Stadt speichern kann. Auf der anderen Seite ist Singen in meinen Augen jetzt schon eine sehr grüne Stadt.

Trotzdem versuchen wir, wenn es geht, bei Bauprojekten Fläche zu entsiegeln. Wo es möglich ist, wollen wir Bäume pflanzen. Dabei achten wir auf eine Balance zwischen Entsiegelung und Verkehrsflächen.

Und wie sorgen Sie als Chef konkret dafür, dass Ihre Mitarbeiter im Sommer nicht schwitzen müssen?

Wir haben die Gleitzeit verändert, man kann bereits um 6 Uhr anfangen. Außerdem haben wir seit vielen Jahren einen Trinkwasserspender, der sich größter Beliebtheit erfreut. Das ist ein toller Treffpunkt. Bisher funktioniert es mit diesen Maßnahmen gut.

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Was ich im Augenblick nicht machen möchte, ist die großflächige Klimatisierung von Räumen. Es gibt im Haus zwei, drei Räume, die klimatisiert sind – mein Büro gehört nicht dazu. Ich habe darauf schon vor 25 Jahren verzichtet. Ich habe damals gesagt: Wenn meine Kollegen schwitzen, dann schwitze ich genauso.

Auf drei weiteren Straßen sollen Autofahrer bald nur noch 30 Stundenkilometer fahren dürfen, um Anwohner vor Lärm zu schützen. Soll innerorts durchgehend Tempo 30 werden?

Wenn es nach mir geht, bleibt alles so, wie es jetzt ist. Mit Ausnahme der Ringstraße, Romaiasstraße und Kreuzensteinstraße, die nicht im Lärmaktionsplan drin sind. Es ist sinnvoll, wenn auch diese Straßen Tempo 30 werden. Ich glaube, tagsüber kommt man gut durch Singen. Mir war wichtig, dass diese Nord-Süd-Verbindung tagsüber mit 50 Stundenkilometer weiter befahren werden kann, weil sie relativ lang ist. Ich halte es aber auch für richtig, dass in der Ekkehard- und in der Freiheitsstraße ganztags Tempo 30 ist.

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Und wie passt das zu einer Autostadt?

Wir sind eine autogerechte Stadt durch unsere Verkehrswege, auch mit den breiten Straßen, wo man auch gut parken kann. Wenn man aber die Zulassungszahlen anschaut, wie viele Menschen bei uns ein Auto haben, sind wir relativ weit unten. Es gibt andere Städte im Landkreis, wo pro tausend Einwohner deutlich mehr Autos zugelassen sind. Klar, wir haben hier viel Verkehr, weil wir viele Einpendler haben, aber insgesamt läuft es bei uns sehr gut.

Und zum Abschluss: Was ist Ihr Lieblingsort in Singen?

Mein Lieblingsort ist unser alter Stadtpark mit der Aach. Das ist aus meiner Sicht ein grandioser Ort.