Der Silo-Anlage hinter dem alten Espasinger Schloss geht es demnächst an den Kragen. Denn die Pläne für das Gelände rund um die prominente Immobilie in der Ortsmitte, an der täglich tausende von Autos vorbeifahren, werden immer konkreter. Und ein Teil der Pläne ist, im Bereich rund um das alte Schloss, das zuletzt als Brauerei genutzt wurde, fünf Mehrfamilienhäuser zu errichten.

Dafür soll auch die alte Silo-Anlage weichen. Das gräfliche Haus Bodman als Eigentümer des Geländes hat nun einen Bauantrag für diese Mehrfamilienhäuser gestellt, die im Gesamtprojekt als Schlosshöfe bezeichnet werden. Bei der Vorstellung im Espasinger Ortschaftsrat und im Stockacher Gemeinderat gaben Johannes von Bodman und Christine Jakubaschk, Architektin beim gräflichen Haus, neue Details bekannt.

200 bis 250 Einwohner könnten dazukommen: Das Projekt hat einige Tragweite für das Dorf

Dabei geht es um ein Projekt von einiger Tragweite für das Dorf. Insgesamt könnten durch die neue Nutzung des Brauerei-Areals 200 bis 250 Einwohner für Espasingen dazukommen, schätzten Johannes von Bodman und Ortschaftsrat Gerhard Seeberger am Rande der Ortschaftsratssitzung. Zum Vergleich: Der Ort hatte Anfang des Jahres 769 Einwohner, wie Ortsvorsteher Andreas Bernhart im Ortschaftsrat bekannt gab. Die Marke von 1000 Einwohnern könnte also durch das Brauerei-Areal geknackt werden.

Ein Teil dieser neuen Einwohner soll in den fünf Gebäuden der Schlosshöfe unterkommen. Geplant sind dort 34 Wohnungen und vier Büroeinheiten. Die Büroräume seien der Tatsache geschuldet, dass es sich bei dem Gelände laut Planungsrecht um ein Mischgebiet handle, so Jakubaschk am Rande der Ortschaftsratssitzung. Zu den fünf Häusern gehören auch zwei Tiefgaragen, in denen die Autos der Bewohner verschwinden sollen.

Das soll weg: Die alte Siloanlage hinter der früheren Espasinger Brauerei soll einem Mehrfamilienhaus weichen.
Das soll weg: Die alte Siloanlage hinter der früheren Espasinger Brauerei soll einem Mehrfamilienhaus weichen. | Bild: Freißmann, Stephan

Die Zufahrt zum Gelände soll künftig etwas anders verlaufen als bisher, erklärte Johannes von Bodman. Wo Autos bisher direkt neben dem Schloss auf den Platz kommen, soll die Zufahrt künftig etwas weiter südlich, in Richtung der Abzweigung von Riedstraße und Meersburger Straße, liegen. Über diese Zufahrt sollen auch die Bewohner der neuen Häuser in ihre Tiefgaragen kommen. Unterirdisch sollen dort 56 Parkplätze liegen, sechs kommen überirdisch hinzu, zählte Architektin Jakubaschk auf. Das entspreche etwa 1,6 Parkplätzen pro Wohnung.

Ortschaftsrat Michael Haid lobte genau diese Vorgehensweise, denn dadurch entstünde mehr Platz für Freiflächen. Ein Bürger meldete dennoch Bedenken an, ob ausreichend Parkraum etwa für Gäste entstehe. Der öffentliche Parkplatz an der Abzweigung der beiden Bundesstraßen solle für Veranstaltungen im Werner und Erika Messmer-Haus freigehalten werden, bekräftigte auch Ortsvorsteher Bernhart. Johannes von Bodman verwies dabei darauf, dass man auf dem Gelände rund um das alte Schloss auch weiter südlich Parkplätze schaffen könne. Der eigentliche Schlossplatz mit seinem alten Baumbestand soll auch künftig von parkenden Autos freigehalten werden, versicherte von Bodman ebenfalls. Die Stellplätze für die Wohnungen, die im eigentlichen Schlossgebäude entstehen sollen, sollen rund um das Gebäude und den Platz liegen.

„Das Ensemble der Schlosshöfe soll sich wie ein Fächer zum Dorf hin öffnen.“ Johannes von Bodman, Antragsteller
„Das Ensemble der Schlosshöfe soll sich wie ein Fächer zum Dorf hin öffnen.“ Johannes von Bodman, Antragsteller | Bild: Freißmann, Stephan

Die fünf Gebäude, die später die Schlosshöfe ergeben sollen, sind als Ensemble geplant, das sich fächerförmig zum Dorf hin öffnen soll. Und auch die Mauer, die die Wohnhäuser von der viel befahrenen Bundesstraße trennen soll, soll durchlässig sein, erklärte von Bodman. Für den Fall, dass die Ortsumfahrung gebaut wird, haben die Bauherren schon einen Plan in der Hinterhand. Denn in diesem Fall dürfte die bestehende Ortsdurchfahrt aus Zielstraße und Riedstraße zu groß sein, sodass sie zurückgebaut werden könnte. Den frei werdenden Platz außerhalb der durchlässigen Mauer könnte man für Bäume und einen Brunnen nutzen.

Die Ortschaftsräte unterstützten den Bauantrag einstimmig und spendeten viel Lob für die Schlosshöfe. das Projekt passe zum Dorf, sagte etwa Michael Kuppel, und Gerhard Seeberger und Felix Schmitt empfanden auch die Dichte der Bebauung als verständlich. Auch der Stockacher Gemeinderat unterstützte das Vorhaben einstimmig und die Räte zeigten sich sehr überzeugt von den Plänen. Doch es gab auch Stimmen, die vor zu vielen Ferienwohnungen warnten.

"Mit dem Haus hinter dem alten Schloss gibt es im Ort erstmals viergeschossige Bebauung." Andreas Bernhart, Ortsvorsteher
"Mit dem Haus hinter dem alten Schloss gibt es im Ort erstmals viergeschossige Bebauung." Andreas Bernhart, Ortsvorsteher | Bild: Norbert Schild

So befürchtete Wolfgang Reuther (CDU), dass die neuen Richtlinien für Ferienwohnungen in Bodman-Ludwigshafen zu einem Ausweichen nach Espasingen führen könnten. Und Jürgen Kragler (CDU) fragte, wie man das vermeiden könne, um möglichst viel Wohnraum zu schaffen. Von Bodman erklärte dazu, dass über die Nutzung der Gebäude noch nicht konkret entschieden werde. Auch Stockachs Bürgermeister Rainer Stolz gab zu bedenken, dass man Ferienwohnungen kaum komplett verhindern könne. Und Roland Fiedler (Freie Wähler), von Beruf Architekt, argumentierte, dass man für die Wohnungen auch Käufer brauche, die sie sich leisten könnten, um das Projekt realisierbar zu machen – im Klartext: auch solche, die eine Ferienwohnung einrichten wollen.

Johannes von Bodman nutzte in beiden Gremein die Gelegenheit, um einen Überblick über den Stand des gesamten Projekts zu geben. Was den Verkauf des eigentlichen Schlosses angeht, sei man "in sehr konkreten Verhandlungen", betonte er. Ob auch der Wunsch nach einem Gastronomiebetrieb erfüllt werden kann, sei noch nicht klar. In Bezug auf den Eisweiher gebe es Gespräche mit der Sielmann-Stiftung, die das Projekt laut von Bodman gerne umsetzen würde. Und beim Bebauungsplan für die Schlosswiese gebe es eine erneute Offenlage, nachdem die Stadt den Einsprechern Genüge getan habe, so von Bodman im Espasinger Ortschaftsrat.

Der Hintergrund: Ein Gebäude mit Geschichte

  • Gebäude: Um 1620 ist das Espasinger Schloss erstmals erwähnt, existierte aber bereits länger. Hans Georg von Bodman zu Bodman, Espasingen und Wahlwies bewohnte es und fügte seinem Namen in einer Urkunde 1593 zum ersten Mal den Namenszusatz "und Espasingen" an, wo er sie auch ausstellte. Das Schloss war zunächst ein Renaissance-Bau, brannte mutmaßlich um 1640 ab und entstand in den 1680er-Jahren als Barockschloss mit drei Flügeln und Kapelle neu. 1839 wurde aus dem Schloss eine Brauerei. Diese stellte 1968 die Produktion ein. Im Westflügel gibt es heute noch ein Braustüble mit Bodmaner Wappen über der Tür. Genutzt wird es von den Maltesern, außerdem sind zwei Wohnungen im früheren Schloss noch bewohnt. Auch das Gebiet um das Schloss ist im Dornröschenschlaf.
  • Projekt: Im Januar 2017 wurden erste Pläne für eine Entwicklung des Brauerei-Areals öffentlich. Damals haben das gräfliche Haus und die Stadt Stockach Eckpunkte für die Entwicklung vorgestellt. Bei den Schlosshöfen hat das gräfliche Haus nun den Bauantrag gestellt – auch um selbst festzulegen, was dort entstehen kann, so Johannes von Bodman auf Anfrage. Dadurch könne sich ein Investor, der am Erwerb des früheren Schlosses interessiert ist, und letztenendes auch das ganze Dorf darauf einstellen, was an dieser Stelle passieren soll. Ob das Haus Bodman die Gebäude auch selbst errichtet oder das Projekt an einen Investor abgibt, sei aber noch offen. (löf/eph)