Das Land Baden-Württemberg will das Angebot im öffentlichen Nahverkehr deutlich steigern. Zum Programm gehört auch die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. Nach einer fachlicher Prüfung blieben zunächst 41 Strecken übrig, darunter die Strecke der Ablachtalbahn zwischen Stockach und Mengen. Über den aktuellen Stand zum Thema „Ablachtalbahn: Alternative oder Abstellgleis“ informierte Ralf Derwing von der unabhängigen Initiative Bodensee S-Bahn. Er sprach auf Einladung von Bündnis 90 Die Grünen im Pallottiheim vor rund 50 Zuhörern.

Verbindung nach Sigmaringen und Ulm möglich

Die Strecke der Ablachtalbahn stelle Verbindungen vom westlichen Bodensee über Mengen in Richtung Sigmaringen und Ulm her. „Das macht sie aus überregionaler Sicht umso interessanter“, sagte Derwing. Ihn freue sehr, dass das Land auch den abgebauten Seitenast von Krauchenwies nach Sigmaringen in die Prüfung aufgenommen habe. „Mit dieser Verbindung könnte die Ablachtalbahn wieder massiv aufgewertet werden. So wären direkte Verbindungen vom Bodensee in Richtung Sigmaringen, Albstadt, Tübingen, Reutlingen und weiter zum Flughafen Stuttgart möglich“, erklärte Derwing.

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Auch die direkte Verbindung zu den Landkreisen Biberach (West) und Alb-Donau würde neue Perspektiven eröffnen, da diese Gebiete über die Schiene bisher praktisch nicht verbunden seien. Eine Reaktivierung bedeute einen deutlichen Beitrag in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende.

Nah-, Fern- und Güterverkehr müssten zusammen betrachtet werden. Ohne Güterverkehr sei die Strecke nicht rentabel, erläuterte Derwing: „Die aktuelle Trasse packt Güterzüge, übergeordneten Container-Verkehr aber wahrscheinlich nicht.“ Solche Transporte müssten gegebenenfalls aufgeteilt werden. Durch die Strecke würden die Transportwege über Gürtel- und Gäubahn entlastet.

Andrea Bogner-Unden: Tegometall will verkaufen

Die Grünen-Abgeordnete des Landkreises Sigmaringen, Andrea Bogner-Unden, berichtete, die Strecke zwischen Krauchenwies und Sauldorf gehöre der Firma Tegometall, die diese nun verkaufen wolle. Der Preis sei nicht hoch, doch es gebe ein Problem: „Außer den Bürgermeistern von Sigmaringen und Sauldorf will keiner zahlen. Die Landrätin von Sigmaringen stellt sich dagegen.“ Das Verkehrsministerium habe zugesagt, die Reaktivierung sicher mit einer Übernahme der Kosten in Höhe von 75 Prozent zu unterstützen. Auch die Machbarkeitsstudie werde vom Land übernommen. Viele Firmen hätten Interesse, Schwerlastverkehr auf der Schiene zu transportieren. „Die Ablachtalbahn ist wichtig für Sigmaringen, aber auch für den Bodenseeraum eine enorme Entlastung.“

Karl-Herrmann Rist, Ralf Derwing, Marie Luisa Jessen, Sabine Hins, Dorothea Wehinger,Udo Engelhardt, Andrea Bogner-Ungen, Alice ...
Karl-Herrmann Rist, Ralf Derwing, Marie Luisa Jessen, Sabine Hins, Dorothea Wehinger,Udo Engelhardt, Andrea Bogner-Ungen, Alice Engelhardt und Doris Rath (von links) freuten sich über das große Interesse am Vortrag zu einer möglichen Reaktivierung der Ablachtalbahn.

Nicht alle setzen auf die Schiene

Ob das Land die Strecke kaufen könne, fragte ein Zuhörer. Andrea Bogner-Unden erklärte, das Land kaufe grundsätzlich nicht selbst, beauftrage aber zum Teil Firmen, die Strecken bewirtschafteten. Aber ein Landkreis könne Käufer werden. In Sigmaringen sei die CDU aber dagegen – bis auf die Bürgermeister, die direkt profitieren würden. „Die Unterstützung muss sich konkretisieren“, forderte sie. Jemand fragte nach den voraussichtlichen Kosten. Da müsse man das Gutachten abwarten, so die Sigmaringer Landtagsabgeordnete. Der Kaufpreis sei eine Sache, die nicht abschätzbare Höhe der Investitionen eine andere, ergänzte Derwing. Er fügte an, bei anderen Bahnstrecken seien die Prognosen der Fahrgast- und Nutzerzahlen doppelt übertroffen worden. Das Beispiel des Seehäsle zwischen Radolfzell und Stockach zeige, dass manche Schienenstrecke viel attraktiver sei, als zuvor angenommen wurde.

Vorschlag für eine Unterschriftenaktion

Ein Zuhörer sagte, man dürfe hier nicht mit dem Rotstift rechnen. Dies sei eine gesellschaftliche Aufgabe. An diesem Punkt hakte Dorothea Wehinger, Landtagsabgeordnete der Grünen für Singen und Stockach, ein. Die Zeit sei reif, Menschen seien viel im Zug unterwegs. Das Verkehrsministerium sei bereit zur Prüfung, das sei ein positives Signal. Mehrere Gäste, die zum Teil extra aus Mengen und Meßkirch nach Stockach gekommen waren, lobten die Initiative Derwings, der sich optimistisch zeigte: „unter der Voraussetzung, dass alle kommunalen Ebenen zusammenarbeiten.“ Es wurde angeregt, über Unterschriftenaktionen das öffentliche Interesse zu demonstrieren.