Der Grüne Verkehrsminister Winfried Hermann war am Dienstagnachmittag, 2. September, bereits auf einem Teilstück der Biberbahn unterwegs und machte sich ein Bild von der reaktivierten Strecke der Ablachtalbahn. Die Meßkircher samt der Bürgermeister aus Leibertingen und Sauldorf zeigten aber auch großes Interesse an Hermanns Vortrag über die Zukunft der Mobilität im ländlichen Raum. Alle Stühle waren im Seminarsaal belegt und Hermann hatte auch etwas zu sagen. Stolz konnte er über die Fortschritte berichten, die die von ihm initiierten Verkehrskonzepte in den 14 Jahren seiner Amtszeit gemacht hatten. Bei den nächsten Wahlen wird Hermann nicht mehr für das Ministeramt kandidieren.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Mitte) fährt die Biberbahn, assistiert von Eisenbahnbetriebsleiter Frank von Meißner (links). Rechts ...
Verkehrsminister Winfried Hermann (Mitte) fährt die Biberbahn, assistiert von Eisenbahnbetriebsleiter Frank von Meißner (links). Rechts Sauldorfs Bürgermeister Severin Rommeler, Vorsitzender des Fördervereins Ablachtalbahn. Bild: Förderverein Ablachtalbahn

Mobilität von morgen braucht Mut

„Ich wünsche uns allen den Mut, die Mobilität von morgen nicht nur zu denken, sondern aktiv zu gestalten“, eröffnete der Gastgeber den Vortrags- und Diskussionsabend. Zurecht wies Höh darauf hin, dass „Mobilität mehr ist als die Frage, wie man von A nach B kommt“. Diese wird nämlich aktuell sicher anders beantwortet als in den vergangenen Jahrzehnten, weil die Mobilität stark im Wandel ist. „Als ich Minister geworden bin, gab es Rad- und Fußverkehrsplanung quasi nicht“, machte Hermann klar. Was auch an den Planern gelegen habe, die eher die Grundeinstellung hatten „Radweg planen kann ich nicht, Friedhof kann ich“. Der Minister stieß die Planungen aber stetig an und inzwischen hat sich einiges getan. „Der Fußverkehr ist nach dem Auto das wichtigste Verkehrsmittel in Baden-Württemberg“ war einer der Vortragsfolien zu entnehmen. Der Radverkehr wurde gefördert, 8000 Kilometer umfasst inzwischen das Radwegenetz und bis 2030 sollen 20 Radschnellwege realisiert worden sein. Die werden genutzt und das Stadtradeln hat sehr viele Freunde gefunden, neben dem touristischen Radwandern und dem sportlichen Radfahren.

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Zwar meinte Leibertingens Bürgermeister Stephan Frickinger, dass man im ländlichen Raum durchaus auch mal auf die Maximalbreite von 2,50 Meter beim Radweg verzichten könne, „lieber ein schmaler Radweg als keiner“ gab er dem Minister mit. Da verteidigte Hermann aber die Vorgaben und auch andere Diskussionsteilnehmer fanden die Breite gut. Grüne Planwege wurden oft zu Radwegen, müssen aber auch von Landwirten genutzt werden. Hier plädierte Hermann für gemeinsame Nutzung und gegenseitige Rücksichtnahme.

Marode Schienen und Gebäude

Die Probleme im Bahnverkehr sind da eher komplexer. Kosten, zeitliche Verzögerungen im Nah- und Fernverkehr wie auch bei Großprojekten sind augenfällig. Ein marodes Schienennetz und renovierungsbedürftige Gebäude erschweren die Dinge zusätzlich. Da freut man sich mehrheitlich schon mit dem Verkehrsminister über das erfolgreiche Deutschland-Ticket, das aber bei der Meßkircher Zuhörerschaft durchaus auch verschiedene Gefühle hervorruft. Von „eher für die Großstädter“ bis zu „sollte verpflichtend für alle sein“.

Reaktivierung alter Strecken

Positiv bewertet werden bei den Menschen auch Leuchtturmprojekte wie der bestens angenommene Merklinger Haltepunkt, der ergänzend zum Stuttgart-21-Ausbau auf der Schwäbischen Alb entstand und auch von einem Gast aus Göppingen gelobt wurde. Photovoltaik, Schnellladesäulen, Fahrradunterstände, Anschlüsse mit dem Bus und kurze Fahrzeiten in die umliegenden Städte werten Merklingen auf. Hermann ist sicher „Die Qualität muss stimmen, Zuverlässigkeit muss da sein“, aber „ein aufwendiges System kostet halt“. Auch Reaktivierungen von alten Bahnstrecken wie der Ablachtalbahn, die man Biberbahn nennt, sind kleine Erfolge, die sich der Verkehrsminister auf die Fahnen schreiben kann. Der diese Strecke unterstützende Bürgermeister Severin Rommel aus Sauldorf hofft darauf, dass trotz des schwierigen Spannungsfelds Umwelt- und Naturschutz für diese Bahnstrecke gute Lösungen und weitere Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden können.

Der Sigmaringer Landtagsabgeordnete Christoph Höh eröffnet den Abend.
Der Sigmaringer Landtagsabgeordnete Christoph Höh eröffnet den Abend. | Bild: Uwe Steinbächer (stu)

Im Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode wurde festgeschrieben, dass Mobilität im Klimaschutzland Baden-Württemberg „attraktiv und verlässlich, klimaschonend und barrierefrei, bezahlbar und sicher“ sein muss. Die Umsetzung war und ist so schwer, wie die Forderung sich liest. Dem scheidenden Minister und allen, die seinen Ideen folgen, bleibt nur darauf zu hoffen, dass der Wandel sich fortsetzt. Dabei hilft möglicherweise das in diesem Frühjahr verabschiedete Landesmobilitätsgesetz, das den gesetzlichen Rahmen bildet.