Die ersten Gäste sitzen bereits eng beieinander unter dem Kastanienbaum, bevor es richtig losgeht. Zum 50. Mal wird im Espasinger Gasthaus Sonne der Musikantentreff gefeiert. Vor etwa vier Jahren hat die Sonnenwirtin Helga Baur die Idee zum Musikantentreffen aus einem Kurzurlaub in Laterns/Vorarlberg mitgebracht.
Während die meisten der Gäste noch essen und trinken, beginnt ein Akkordeonist „Die kleine Schwarzwaldmarie“ zu intonieren. Ein paar Tische weiter bläst Schreinermeister Fritz Blender aus Ludwigshafen in sein verbeultes Tenorhorn. Auf dem Grill drehen sich Spießbraten über glühender Eierkohle. Vier Männer von den Radolfzeller Mundharmonikern spielen leise eine Weise.

Adolf Riester (73) aus Leibertingen ist mit seiner diatonischen Handharmonika präsent. „Beruflich bin ich Wagner und Schreinermeister“, sagt er und nestelt aus einem Briefumschlag Schatullenknöpfe als Muster seiner immer noch aktuellen Tätigkeit. Durch einen Zeitungsbericht sei er vor vier Jahren auf den Musikantentreff aufmerksam geworden sagt er und fügt stolz hinzu: „Seither habe ich nur zwei Mal gefehlt.“

Peter Maucher aus Sauldorf-Bichtlingen spielt neben Trompete und Gitarre auch Waschbrett. Das Instrument hat der 67-jährige Mechanikermeister im Ruhestand auf dem Flohmarkt gekauft und ein wenig aufgemöbelt. „Eine Art Mini-Schlagzeug als Perkussions-Instrument zum Umhängen“, erläutert der charmante Vollblutmusikant. Damit könne er einen Walzer oder eine Polka rhythmisch unterstützen. Mindestens 30-mal sei er schon bei diesen regelmäßigen Musikantentreffen gewesen. Was ihm daran so sehr gefällt? „Die Atmosphäre, das Familiäre und die Wirtin“, antwortete Maucher.
Wie sympathisch Waschbrett, Tenorhorn, E-Bass, Wandergitarre, Mundharmonika, Saxophon und Akkordeon ad hoc gespielt zusammenklingen, wird zur Halbzeit erlebt. Richtig toll wird es, als die meisten der rund 120 Gäste das Lied der schönen Fischerin vom Bodensee dazu singen.
„Zugabe!“, wird nach dem Ständchen von zwei Trompetern gerufen. Doch schon beginnt ein Gitarrist das Kufstein-Lied zu schrammeln. Weitere Instrumente klinken sich ein. Man sitzt an den Biertischen bereits jetzt eng beieinander. Doch wie ein Wunder passen immer neue Ankömmlinge auf die Bänke. Weitere Sitzgelegenheiten werden aus der Gaststube nach draußen geholt. „Das Bauernbüble mag ich nicht“, beginnt einer auf seiner Mundharmonika zu spielen. Mit E-Bass und Verstärker ist Wolfgang Frosch (65) aus Konstanz angereist. Der Laborant in Rente ist zum zweiten Mal hier. Auswendig und ad hoc spielt er spontan dort mit, wo es gerade tönt. Als die „Fischerin vom Bodensee“ erklingt, stimmen alle Musikanten ein. E-Bass und leicht verbeultes Blech liefern das stützende Continuo. Obwohl viele Teller noch nicht geleert sind, singen alle Gäste mit. Einige schunkeln. Die Kellnerin flitzt wie beim Münchner Oktoberfest durch die Tischreihen.

Werner Kratzer aus Markelfingen spielt Euphonium. Der 79-jährige Kraftfahrer und Landwirt im Ruhestand war schon öfters beim Musikantentreffen. „Bloß mit meinem Kollegen, der die steirische Ziehharmonika spielt, bin ich zum ersten Mal hier“, sagte er und fügte schwärmend hinzu: „Das Urige, ohne Vorlage einfach zu spielen, gefällt mir.“
Immer beliebter
Die Idee zum Musikantentreffen hat die Sonnen-Wirtin Helga Baur vor etwa vier Jahren aus einem Kurzurlaub in Laterns/Vorarlberg nach Espasingen gebracht. Seither veranstaltet sie diese sich steigender Beliebtheit erfreuenden Musikantentreffen rund ums Jahr jeden ersten Donnerstag im Monat. Ohne Anmeldung kann jeder kommen. Wer mit seinem Instrument mitspielt, bekommt einen Getränkegutschein. Beliebt sind vor allem volkstümliche Weisen.