War es früher auch so schlimm? Alle paar Jahrzehnte gibt es eine Pandemie. So grassierte zum Beispiel vor 112 Jahren die Spanische Grippe, die Weltweit viele Leben forderte. Damals herrschte der Erste Weltkrieg – und eine Hungersnot. Ab dem Frühjahr 1918 starben in Europa Millionen Menschen. Die damaligen Zeitungen „Stockacher Anzeiger“ und „Stockacher Tagblatt“ berichteten im Oktober 1918 von den ersten Toten in Stockach. Den SÜDKURIER gab es noch nicht.

Am 10. Oktober hießt es in einem Artikel, dass das Gesundheitsamt der Stadt davon ausgehe, dass es sich um die bekannte Grippe und nichts Neues handele. Sie unterscheide sich nur in ihrem Verlauf. An die Symptome mit Kopfweh, Fieber und Brechreiz habe sich eine Lungenentzündung mit tödlichem Ausgang angeschlossen.

Schulen wurden 1918 geschlossen

Damals gab es auch ähnliche Maßnahmen wie heute: Schulschließungen. Johannes Waldschütz, Leiter des Stockacher Stadtarchivs und -museums, fasst dazu in seinem Aufsatz „Stockach im Umbruch? – Erster Weltkrieg, Revolution und Neubeginn in einer Kleinstadt“ zusammen: „Zwar versuchten die badischen Behörden die Menschen nach Ausbruch der Grippewelle zu beruhigen und versicherten am 11. Oktober 1918, dass der Verlauf der Grippe weniger drastisch als in den Jahren 1889/90 und 1891/92 sei, doch bereits am 12. Oktober verlängerten sie die Ferien um zwei Wochen, um eine Ausbreitung der Epidemie zu verhindern.“

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Am 25. Oktober hieß es in einem Bericht, der sich auf verschiedene Städte und sogar Italien bezog: „Der Todesengel hält zur Zeit überall reichlich Ernte.“ Die Folgen der Grippe mache „vor Hütte und Palast, vor Jung und Alt nicht Halt“. Als Beispiel führt der Text eine 14-jähriges Mädchen an. Es habe eine polizeiliche Schließung von Theatern, Kinos und Kinderkrippen gegeben.

Kritik an Wiedereröffnung

Zu Stockach stand auf derselben Seite, dass die Schulen wieder geöffnet werden sollten: „Da fast kein Haus von der Grippe verschont ist, und die Kinder noch wohl in sehr kleiner Zahl zum Unterricht erscheinen werden, wäre es wünschenswert, wenn die Schulen bis auf Weiteres geschlossen blieben. Unser und unser Kinder Wohl verlangt alle zur Niederdrückung der gefährlichen Seuche nötigen Maßnahmen.“

Wo heute im Internet die verschiedensten Anleitungen kursieren, wie sich bei Krankheiten die Symptome lindern lassen oder die Krankheit selbst kurieren lässt, veröffentlichten 1918 die Zeitungen Tipps, mit denen die Spanische Grippe mutmaßlich innerhalb von 24 Stunden geheilt werden könne. In einem Artikel wurden zum Beispiel rote Rüben empfohlen.

Andere Grippe-Wellen

Während in den Zeitungen von 1918 einige Berichte zu finden sind, sieht es in den 1950ern ganz anders aus. 1957 begann eine Welle der asiatischen Grippe. Bei der Durchschau der SÜDKURIER-Ausgaben über mehrere Monate fielen jedoch kaum Berichte dazu auf. Schwere Grippewellen beziehungsweise Viren, die eine bestimmten Namen trugen, kamen immer wieder auf, so zum Beispiel auch die Hongkong-Grippe im Jahr 1968.