Erster Schultag nach den Ferien: Das bedeutet normalerweise volle Schulbusse, Gewusel in den Gängen und rauchende Köpfe in Klassenzimmern. Doch während der Corona-Krise ist nichts, wie es normalerweise wäre. Erst in zwei Wochen, am Montag, 4. Mai, sollen die ersten Schüler zurückkehren – zunächst diejenigen, die bald den Abschluss machen wollen. Zunächst bleiben Schulen und Kindertagesstätten geschlossen, Schüler bekommen ihre Aufgaben auf elektronischem Weg oder per Post, Lehrer arbeiten von zu Hause aus. Wie es nun in der Bildung weitergehen könnte:

Pläne in der Schublade

Viele Schulleiter aus dem Raum Stockach spielen für diese Zeit schon einmal Szenarien durch. Wegen des Sicherheitsabstands, den die Schüler einhalten müssen, müsse jede Klasse auf mehrere Räume aufgeteilt werden – mit den entsprechenden Folgen. Notwendig sind dann nämlich mehr Lehrer, um die Schüler zu betreuen. Claudia Heitzer, Leiterin des Berufsschulzentrums, sagt, dass an ihrer Schule durch den Sicherheitsabstand teilweise nur fünf Schüler in einem Klassenraum unterkommen könnten, weil es viele kleine Räume gebe. Eine Klasse müsste in drei bis vier Gruppen aufgeteilt werden. Eine Idee sei, die Fächer rolierend zu unterrichten: Während eine Gruppe beispielsweise Mathematik habe, habe die andere Deutsch und die dritte Betriebswirtschaft. Und in der folgenden Stunde wechseln die Lehrer weiter.

„Wenn die Bedingungen so rigoros bleiben, ist das mit Kindern und Jugendlichen nicht denkbar.“ Beate Clot, Leiterin des ...
„Wenn die Bedingungen so rigoros bleiben, ist das mit Kindern und Jugendlichen nicht denkbar.“ Beate Clot, Leiterin des Schulverbunds Nellenburg | Bild: Eva Bart

Thorsten Heier, Geschäftsführer der Waldorfschule in Wahlwies, bringt einen Schichtbetrieb ins Spiel. Das versuche man beim neuen Stundenplan zwar zu vermeiden. Je nach Verfügbarkeit von Lehrern könne es das aber trotzdem geben. Außerdem wisse man noch nicht, ob der ganze Unterricht in die Vormittage passe. Solange nur die Kursstufe wieder in die Schulen komme, habe man genügend Räume, gibt Holger Seitz, Leiter des Nellenburg-Gymnasiums, zu verstehen. Doch er sagt auch: Einen Komplettbetrieb der Schule mit gleichzeitiger Einhaltung von Sicherheitsabstand könne es nicht geben. Dann müsse man die Schüler im Schichtbetrieb unterrichten.

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Michael Wernersbach, der die Grund- und Gemeinschaftsschule in Eigeltingen leitet, denkt laut darüber nach, Unterricht in die Turnhalle zu verlegen. Und schließlich geht es an allen Schulen auch darum, dass die Kinder, die weiterhin zu Hause ihre Aufgaben machen, ebenfalls von Lehrern mit Unterrichtsstoff versorgt werden. Der Tenor bei allen Schulleitern lautet: Bis Anfang Mai müsse man Konkretes noch erarbeiten – viele Details seien noch unklar.

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Es gibt einige offene Fragen

Vor allem Beate Clot, Leiterin des Schulverbunds Nellenburg, geht auf das gewissermaßen Kleingedruckte hinter der Schulöffnung ein. Zum Beispiel: Angedacht sei vom Ministerium, dass der Unterricht zunächst in den Kernfächern anlaufe. Bekommen die Schüler dann trotzdem die üblichen 30 Stunden Unterricht in der Woche oder weniger? Wie geht es mit Schüler weiter, die zu einer Risikogruppe gehören? Wie viel Bedarf an Notbetreuung gibt es, wenn nun mehr Berufsgruppen Anspruch darauf haben? Und wie viele Lehrer arbeiten zu Hause, weil sie zu einer Risikogruppe gehören? Ohne Klarheit könne man nicht richtig planen, so Clot.

„Ich rechne nicht mit einem normalen Schulbetrieb bis zu den Sommerferien.“ Holger Seitz, Leiter Nellenburg-Gymnasium
„Ich rechne nicht mit einem normalen Schulbetrieb bis zu den Sommerferien.“ Holger Seitz, Leiter Nellenburg-Gymnasium | Bild: Freißmann, Stephan

Holger Seitz vom Nellenburg-Gymnasium geht auf die Notengebung ein. Ehe der Stoff, den die Schüler zu Hause erarbeitet haben, per Klassenarbeit geprüft wird, müsse er wiederholt werden, sagt er. Zum Stress der Neuorganisation bei der Schulöffnung solle jedenfalls nicht noch zu viel Stress durch Arbeiten kommen. Und in den zurückliegenden Wochen sei klar geworden, dass man auf elektronischem Weg nicht alle Familien erreichen kann – teilweise sei die Netzverbindung einfach zu schlecht. Einig sind sich die Schulleiter, dass die Gemeinden als Schulträger ihr möglichstes tun – zum Beispiel durch die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln.

Neue Herausforderungen warten

Eine der Herausforderungen ist in den Augen der Direktoren der Schulweg. Seitz stellt die rhetorische Frage: „Was bringt Sicherheitsabstand im Schulhaus, wenn die Schüler sich im Bus drängeln?“ Und Michael Wernersbach von der Schule Eigeltingen, sagt: „Kann das Landratsamt den Vorgaben nachkommen?“ Um Sicherheitsabstände einzuhalten, bräuchte man viel mehr Busse. Auch Thorsten Heier von der Waldorfschule lenkt die Aufmerksamkeit auf dieses Problem. Nach der Umstellung des Busverkehrs zu Jahresbeginn habe man ohnehin schon große Probleme mit zu vollen Bussen gehabt. Das Seehäsle könne immerhin mehr Waggons anhängen. Und er weist auf die Schweizer Schüler hin, die in die Waldorfschule gehen. Für sie sei derzeit nicht einmal ein Grenzübertritt erlaubt.

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Auch aus pädagogischer Sicht sind die Abstandsgebote schwierig. Denn weder Gruppen- noch Partnerarbeit sind dadurch möglich. Beate Clot: „Wenn die Bedingungen so rigoros bleiben, ist das mit Kindern und Jugendlichen nicht denkbar.“ Dennoch sagt sie auch: Wenn der Unterricht weiter zu Hause stattfände, sei das auch nicht optimal, auch wenn die Lehrer weiterhin ihr Bestes gäben. Damit ist sie sich mit Holger Seitz vom Nellenburg-Gymnasium einig. Vor allem Kinder aus problematischen Familienverhältnissen leiden nach seiner Einschätzung unter der jetzigen Situation. Um diese Kinder müsse man sich verstärkt kümmern. Starke Schüler könnten hingegen anderes lernen, etwa sich besser selbst zu organisieren. Seine Prognose: „Ich rechne nicht mit einem normalen Schulbetrieb bis zu den Sommerferien.“

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