Eigentlich war alles etwas anders gedacht. Constantin Hirschle und Marvin Klink machen nach ihrem Abitur am Nellenburg-Gymnasium derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an der Grundschule Stockach. Doch die Corona-Krise hat hier einiges durcheinandergewirbelt. Sie sind eher sporadisch aktiv, was beide sehr bedauern. Einen Vormittag in der Woche übernahmen sie jüngst die Notfallbetreuung der Kinder. Ansonsten müssen sie, wie die Lehrer auch, zuhause bleiben. Jetzt in den Osterferien läuft zwar auch eine Notfallbetreuung, aber ohne die beiden, wie Schulleiter Frank Sauer erklärt.

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Constantin Hirschle findet die Situation schade: „Wir sind ja nur noch ein paar Monate an der Schule und dann ist das Jahr schon vorbei.“ Marvin Klink tut es für die Kinder leid: „Sie haben zurzeit nur wenige Möglichkeiten, Fortschritte zu erzielen.“ Und dennoch bestärkt ihn die aktuelle Situation in seiner Entscheidung für ein FSJ an der Grundschule: „Es zeigt sich, dass die Kinder die Arbeit von Lehrern und auch uns zu schätzen wissen.“ Denn eines ist, wie Frank Sauer betont, Fakt: Marvin Klink und Constantin Hirschle haben vor der Schließung viele Aufgaben übernommen – die sie, wie selbst hoffen, auch bald wieder in Angriff nehmen dürfen.

Viele verschiedene Aufgaben

Zum einen ist es die Frühbetreuung. „Da passen wir auf die Kinder auf, die morgens von den Eltern gebracht werden, aber in der ersten Stunde keinen Unterricht haben“, sagt Hirschle. „Wir leiten auch die Sport-AGs. Mit den Kindern machen wir häufig allgemeine Sportspiele, viel mit dem Ball“, fügt Klink an. Nachmittags steht die Hausaufgaben-Betreuung an, zudem springen sie als Vertretung ein, wenn ein Lehrer ausfällt: „Wir können natürlich nicht nach Lehrplan unterrichten. Aber es macht schon Spaß, in solchen Fällen die Verantwortung für die Kinder zu übernehmen“, so Hirschle. Bei einer weiteren Aufgabe ist Schulleiter Frank Sauer besonders froh, dass er die beiden FSJler hat: „Sie begleiten den Schwimmunterricht, sodass immer zwei Aufsichtspersonen dabei sind, was sehr wichtig ist. Constantin hat sogar das Rettungsschwimm-Abzeichen.“ Und dann sei da noch die Vorbereitungsklasse (VKL), in der sie vielen Kindern helfen, ihr Deutsch zu verbessern. „Die Fortschritte und Entwicklung dieser Kinder zu sehen ist schon was Besonderes“, sagt Klink.

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„Sie sind eine super Unterstützung für uns. Beide haben ein tolles Gespür für die Kinder“, sagt Frank Sauer. Und der Schulleiter der Grundschule in der Tuttlinger Straße ergänzt: „Sie haben sich sehr schnell eingewöhnt, stehen eigenverantwortlich ihren Mann und werden daher auch vom Kollegium sehr wertgeschätzt.“ Generell sei es „cool, an eine Grundschule zurückzukehren, nachdem man zwischendurch viele Jahre auf dem Gymnasium war“, ergänzt der 19-Jährige. Es macht ihm Spaß, mit Kindern zu arbeiten. „Ohne das geht es ja auch gar nicht. Ich bereue es auf keinen Fall, mich für das FSJ entschieden zu haben“, sagt er. Spannend sei für ihn, wie spontan man als Lehrer mit bestimmten Situationen umgehen müsse. Und auch, wie tagesabhängig es sei, wie die Schüler ticken. „Das ist sehr interessant zu beobachten.“

Offene Kommunikation mit Lehrern

Auch Constantin Hirschle, der ab Juli ein duales Studium bei der Polizei anfängt, schätzt die Chance, Erfahrungen an der Grundschule sammeln zu können: „Die Kommunikation mit den Lehrern und dem Rektor ist sehr offen. Außerdem sind die Aufgaben sehr abwechslungsreich. Wir lernen jeden Tag neue Sachen und werden so eingesetzt, dass wir helfen können.“

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Marvin Klink möchte zudem seine Leidenschaft für den Fußball an die Kinder weiter geben. Denn er selbst spielt bei der FSG Zizenhausen/Hi/Ho. Auch sein FSJ läuft in Kooperation zwischen der Grundschule und dem Verein ab. Zu zwei Dritteln ist er in der Grundschule, zu einem Drittel leitet er bei der FSG Trainingseinheiten für Jugendmannschaften. Anders ist das bei Constantin Hirschle, der bei der Stadt Stockach angestellt ist und 100 Prozent seines FSJ an der Schule verbringt. In seiner Freizeit gibt er Turn-Trainings. „Ich habe durch die Einheiten mit den Kindern schon viele gekannt. Für mich war es also keine Umstellung“, erzählt er.

Eine „Win-Win-Situation“

Für Frank Sauer ist das FSJ der beiden jungen Männer eine „Win-Win-Situation für alle Beteiligten“, sagt er. „Es entlastet uns dermaßen. Wir arbeiten ohne Netz und doppelten Boden.“ Abiturienten seien ideal: „Vor Constantin und Marvin haben die Schüler großen Respekt.“ Doch für Sauer und die Lehrer gibt es Problem: In diesem Jahr gibt es keinen Abitur-Jahrgang in Stockach. Also ab September auch keine Nachfolger? „Wir haben an den Gymnasien in Radolfzell und Überlingen Werbung gemacht“, ergänzt der Schulleiter. „Wir hoffen natürlich, dass sich da etwas ergibt.“