Neue Wendung in der Auseinandersetzung um das Gewächshaus, das beim Stockacher Stadtteil Wahlwies im Tal der Stockacher Aach geplant ist. Helmut Spaeter, Wolfram Renner und Ulrich Hedtstück, die federführend in einer Bürgerinitiative (BI) zur Verhinderung dieses Standorts aktiv waren, haben sich zurückgezogen.

Hintergrund ist, dass alle drei Post von einer Stuttgarter Anwaltskanzlei bekommen haben, die im Auftrag des Bauherrn, der Gärtnerei des Pestalozzi Kinder- und Jugenddorfs, tätig geworden ist. Das Schreiben, das zunächst nur per E-Mail vorgelegen habe, enthalte eine Unterlassungsklage, berichteten die drei bei einem Treffen der Bürgerinitiative. Die Klage ist mit einer Zahlung von 5500 Euro bewehrt für jeden Fall, in dem bestimmte Darstellungen öffentlich verbreitet werden. Der Vorgang machte im Ort schnell die Runde.

Anwaltskanzlei bezeichnet Darstellung der Bürgerinitiative als „unrichtige Behauptung“

Der Stein des Anstoßes ist eine Darstellung auf einem Handzettel, den die Bürgerinitiative gedruckt und verteilt hat. Auf einem Luftbild sind darin Glashäuser im Tal der Stockacher Aach eingezeichnet – und zwar sowohl für das jetzt beantragte und genehmigte Gewächshaus als auch für eine mögliche Erweiterung. Laut dem Schreiben der Anwaltskanzlei ist das eine „unrichtige Behauptung“.

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Die Genehmigung liege derzeit für ein Glashaus mit 16.000 Quadratmetern Fläche vor, wie Kinderdorf-Geschäftsführer Bernd Löhle schon vor einiger Zeit bekanntgab. Die Erweiterung um etwa 9500 Quadratmeter ist eine Möglichkeit und spielte laut Löhle bei der Standortwahl eine Rolle. Wann und ob die Erweiterung kommt, ist noch nicht ausgemacht. Die Bürgerinitiative verweist auf eine Präsentation der Gärtnerei zu dem Bauvorhaben, in dem die mögliche Erweiterung samt Größenangaben im Lageplan verzeichnet ist. Zahlen zu den Größen sind im Flugblatt der BI aufgeschlüsselt.

Spaeter, Renner und Hedtstück haben aus der Unterlassungsklage nun die Konsequenz gezogen, sich aus der BI zurückzuziehen. Ihre Begründung: Sie müssen sich selbst und ihre Familien vor gravierenden wirtschaftlichen Folgen schützen. Die Flugblätter sollen aus dem Verkehr gezogen werden.

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Bernd Löhle, Geschäftsführer des Pestalozzi Kinder- und Jugenddorfes und Vorstandsmitglied der Stiftung „Pestalozzi macht Bio“, bestätigt, dass es die Unterlassungsklage gibt: „Das geht von uns aus.“ Er spricht von Falschinformationen im Handzettel der BI. Und er verteidigt die Unterlassungsklage: Man wolle nicht, dass weiterhin Dinge verbreitet werden, die mit der Realität nichts zu tun haben. Daher gebe es auch ein Flugblatt der Stiftung „Pestalozzi macht Bio“, die als Eigentümerin hinter der Bauherrin, der Pestalozzi Gärtnerei gGmbH, steht.

Die Anwältin habe die Unterlassungsklage vorgeschlagen und auch die Höhe der Forderung mit der Bauherrschaft geklärt. Möglicherweise ist das letzte Wort dazu aber noch nicht gesprochen, lässt Löhle durchblicken. Es werde noch einmal intern besprochen, ob es bei der Unterlassungsklage bleibe, ergänzt die Kommunikationsbeauftragte Sabine Freiheit. Eine Entscheidung oder eine Tendenz gebe es aber derzeit nicht. Und Löhle lässt durchblicken, dass er das Vorgehen der Standortgegner nicht immer als fair empfand. Seinen Worten lässt sich entnehmen, dass Kritiker des Gewächshauses an der Aach auch Partner, die die Kinderdorf-Gärtnerei für das Projekt hat, auf ihre Positionen aufmerksam gemacht hätten. Möglicherweise müsse man das aushalten, wenn man so ein Bauprojekt plane, sagt Löhle.

Die Bürgerinitiative will trotzdem weiter Unterschriften sammeln

Die Bürgerinitiative will indes weitermachen, wenn auch mit anderen Köpfen. So sollen weiterhin Unterschriften gegen den Gewächshausstandort an der Stockacher Aach gesammelt werden, wie Spaeter nach dem BI-Treffen erklärt. Zum Stand Montagabend habe es bereits 481 Unterschriften gegen den Standort am Fluss gegeben, gaben die Initiatoren nach der Auszählung bei dem Treffen bekannt. Und dabei seien einige Listen noch gar nicht zurückgegeben worden, so Spaeter. Er, Renner und Hedtstück deuteten allerdings auch an, dass sie als letzte Aktion in der Sache noch einen Vorstoß für andere Grundstücke für das geplante Gewächshaus machen wollen.

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Unterdessen ist auch der Umweltverband BUND auf die Diskussion aufmerksam geworden. Hans Werner Steisslinger, Vorsitzender der Ortsgruppe Bodman-Ludwigshafen/Stockach, war beim BI-Treffen dabei und stellte unter anderem in Aussicht, dass sein Verband ein faunistisches Gutachten anfordern werde. Wie Bernd Löhle bereits früher erklärte, gebe es ein solches Gutachten. Die BI hatte darum gebeten, dieses zu bekommen, was aber laut Helmut Spaeter noch nicht geschehen sei.

Und die Ortspolitik? Ortsvorsteher Udo Pelkner sagt: „Das gefährdet den Frieden im Ort, das merkt inzwischen jeder.“ Über die ganze Angelegenheit sei er ziemlich frustriert. Doch er sagt auch, dass man sicher noch einen anderen Weg finden könnte.