„Die Kirche ist total unbeweglich und ändert sich sowieso nie.“ Das ist eines der gängigsten Klischees, das über die katholische Kirche im Umlauf ist. Wer aber dieser Tage in den Stockacher Raum blickt, der stellt fest: Es tut sich einiges und alte Strukturen werden aufgebrochen.
Das hängt vor allem damit zusammen, dass nach dem Weggang von Pfarrer Michael Lienhard die Verwaltungsstruktur der Pfarrgemeinde deutlich größer wird, denn seit dem 16. Oktober liegt ein großer Teil der Verwaltungsarbeit für die Seelsorgeeinheit Stockach bei Pfarrer Heinz Vogel. Er ist bereits Leiter der Seelsorgeeinheit St. Radolt Radolfzell und Pfarradministrator der Seelsorgeeinheit Krebsbachtal-Hegau.
Die Gemeinden werden größer
Das heißt, er trägt schon jetzt die Verantwortung für einen großen Teil der zukünftigen neuen Kirchengemeinde. In Stockach ist er „Pfarrer in Solidum“ zusammen mit Pfarrer Thomas Huber. Während Heinz Vogel auch weiterhin im Radolfzeller Pfarrhaus wohnen bleibt und von dort aus in erster Linie die Verwaltungsarbeit für die Seelsorgeeinheit Stockach mit übernehmen wird, liegt der Schwerpunkt von Thomas Huber auf der Seelsorge vor Ort.
Er hat sich inzwischen auch schon ein bisschen einleben können in Stockach. Seit dem 4. Oktober wohnt er im Pfarrhaus von St. Oswald. „Stockach ist sehr schön“, sagt Huber im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Für ihn sei die neue Stelle wieder ein Schritt zurück Richtung Heimat, denn gebürtig stammt Huber aus Unteruhldingen.
Eigentlich wollte er bleiben
Zuletzt war er seit 2014 als Kooperator in der Seelsorgeeinheit Elztal-Limbach-Fahrenbach, nördlich von Heilbronn tätig. „Eigentlich wollte ich noch gar nicht wechseln. Ich hätte gerne noch die zehn Jahre dort voll gemacht“, sagt Huber. Doch der Liebe Gott wollte es anscheinend anders.
Nach dem Weggang des leitenden Pfarrers an seinem letzten Einsatzort habe Huber Kontakt aufgenommen zum Erzbischöflichen Ordinariat, um schon mal die Fühler auszustrecken, wie es für ihn in einigen Jahren weitergehen könnte. Dort habe man in ihm dann aber schnell einen guten Kandidaten für die Leitung der Seelsorgeeinheit Stockach gesehen.
„Die Leitungsfunktion hat mich abgeschreckt“
„Das hat mich dann auch wirklich sehr gereizt. Aber die Leitungsfunktion hat mich etwas abgeschreckt“, sagt Huber. Für seine erste Stelle als leitender Pfarrer hätte er lieber eine kleinere Seelsorgeeinheit übernommen. „Trotzdem habe ich mir Stockach angesehen und hatte die Gemeinde auch gleich im Herzen. Deshalb bin ich sehr froh, dass das Angebot von Pfarrer Vogel kam, dass wir uns die Leitungsaufgabe teilen könnten“, erklärt Huber.
Pfarrer Heinz Vogel ist zusammen mit Pastoralreferent Clemens Treffs Projektkoordinator für die Neuformation der Kirchengemeinden im Bereich Radollfzell-Höri-Stockach. „Deshalb lag es für mich nahe, dieses Leitungsmodell anzubieten“, sagt Vogel.
Da die Seelsorgeeinheiten in diesem Bereich in den kommenden Jahren zu einer großen Kirchengemeinde zusammenwachsen sollen, sei es ohnehin jetzt schon wichtig, über den Tellerrand hinaus zu schauen. „Es kann nur von Vorteil sein, wenn wir schon jetzt als Team zusammenwachsen“, betont Vogel.
Gerade Kleinere Gemeinden haben Angst, unterzugehen
Besonders wichtig sei den beiden Seelsorgern gewesen, die Verantwortlichen vor Ort mit an Bord zu nehmen. Denn die Tatsache, dass die Verwaltungseinheiten größer werden, bedeute nicht, dass sich die Kirche aus der Breite zurückziehe, machen Vogel und Huber deutlich. „Wir spüren immer wieder, dass gerade kleinere Gemeinden die Angst haben, in diesem Prozess unterzugehen“, sagt Vogel.
Aber es werden auch in Zukunft, noch Priester über das gesamte Gebiet der großen Gemeinden verteilt sein. Diese sollen dann auch wieder mehr Zeit für ihr eigentliches Kerngeschäft, die Seelsorge haben. Die Verwaltungsarbeit solle dann nämlich von Laien übernommen werden, die dann Geschäftsführer der Gemeinde sind.
Ganz so weit ist es in Stockach noch nicht, aber die Weichen für die Zukunft sind damit schon mal gestellt. „Uns geht es dabei in erster Linie darum, unseren Auftrag zu erfüllen und das Wort Gottes in die Breite zu tragen. Dabei darf man keine Angst davor haben, Neues auszuprobieren“, sagt Huber.
Die Kirche hat sich immer wieder angepasst
Die Kirche habe sich in den letzten 2000 Jahren immer wieder in ihren Strukturen an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst und so auch schwierige Zeiten überstanden, sei es der Kulturkampf oder die Zeit der Säkularisation, erklärt Pfarrer Vogel.
Nun ist die Kirche einmal mehr in ihrer Geschichte eine Baustelle, und das im Fall von Stockach gleich doppelt, denn in St. Oswald sind die Renovierungsarbeiten in vollem Gange. Am kommenden Sonntag, 24. Oktober soll es einen Baustellen-Gottesdienst in St. Oswald geben.
In diesem Rahmen stellen sich die neuen Seelsorger offiziell ihrer Gemeinde vor. Mit dabei ist auch Pater Joseph Korattiyil, der bereits zum 1. September seinen Dienst als Kooperator in der Seelsorgeeinheit Stockach aufgenommen hat. Er wohnt im Pfarrhaus von Zizenhausen und wird die beiden neuen Pfarrer in der Seelsorge unterstützen.