Für den evangelischen Pfarrer Rainer Stockburger zeichnet sich ein Licht am Ende des Tunnels ab. Sieben Wochen hat es in der evangelischen Melanchthon-Kirche aufgrund der verschärften Corona-Regularien keinen Gottesdienst mehr gegeben. An diesem Wochenende endet die andachtfreie Zeit in Stockach: Am Sonntag, 10. Mai, um 10.30 Uhr öffnen sich die Kirchentüren wieder und Pfarrer Stockburger darf seine Gemeinde wieder begrüßen – zumindest einen Teil davon.

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Denn die auferlegten Vorschriften erlauben nur eine stark eingeschränkte Wiedereröffnung. „Die Anzahl der zugelassenen Personen richtet sich nach der Größe des Raumes“, erklärt Stockburger. Vorgeschrieben sei ein Sicherheitsabstand von zwei Metern zu jeder Seite. „Wir werden dies sehr ernst nehmen und im Zweifelsfall eher weniger Menschen in die Kirche lassen“, betont er.

Pfarrer Rainer Stockburger neben dem Taufbaum. Hier hängen die Namen aller Kinder, die in den letzten Monaten getauft wurden.
Pfarrer Rainer Stockburger neben dem Taufbaum. Hier hängen die Namen aller Kinder, die in den letzten Monaten getauft wurden. | Bild: Claudia Ladwig

Ein Risiko werde man in der Melanchthon-Kirche nicht eingehen. „Wir werden dafür in der Kirche auch umstellen müssen“, sagt er. Ein Teil der Kirchenbänke wurde bereits entfernt. Der empfohlenen Maskenpflicht sieht Stockburger mit gemischten Empfindungen entgegen: Er appellierte gerade an jüngeren Menschen, sich mit einer Stoffmaske zu schützen. „Aber für ältere Menschen kann das längere Tragen eines solchen Mundschutzes zu Atemproblemen führen.“

Sankt Oswald öffnet am Freitag, 15. Mai

Die Katholiken in Stockach müssen sich indes noch ein bisschen länger gedulden, ehe auch sie wieder zum Gottesdienst in die Sankt Oswald Kirche dürfen. Wie Pfarrer Michael Lienhard erklärt, wird die erste Andacht am Freitag, 15. Mai, um 18.30 Uhr stattfinden. „Am Montag kamen die Ausführungsbestimmungen von der Erzdiözese. Diese werden nun auf unsere Situation hin konkretisiert und mit dem Pfarrgemeinderat abgestimmt“, so Lienhard. Am Freitag dürfte seiner Einschätzung nach ein Konzept stehen, das dann auf der Homepage der Kirche veröffentlicht werde.

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Eines steht für Pfarrer Michael Lienhard allerdings schon jetzt fest: Ohne Anmeldung wird es nicht gehen. „Weil die Teilnehmerzahl begrenzt sein wird und wir vermeiden wollen, dass Menschen an der Kirchentür weggeschickt werden müssen“, so Lienhard. So könne garantiert werden, dass Personen, die sich im Vorfeld angemeldet haben, auch sicher einen Platz in der Kirche erhalten.

Zwei Meter Sicherheitsabstand

„Die Erzdiözese hat einen Mindestabstand von zwei Metern vorgeschrieben; darauf bezogen wird die genaue Zahl für unsere St. Oswaldkirche noch festgelegt“, sagt er. Das Anmelde-Verfahren werde noch bis Donnerstag entwickelt, sichert er zu. Erst ab Montag, 11. Mai, werde man sich allerdings anmelden können. Die Anmeldelisten haben laut Lienhard noch einen weiteren Hintergrund: Im Falle, dass eine mit dem Corona-Virus infizierte Person unwissentlich einen Gottesdienst besuche, könne eine mögliche Infektionskette nachvollzogen werden.

Andacht für maximal 30 Minuten

Die beiden großen Konfessionen, die katholische und die evangelische Kirche, öffnen ab dem kommenden Wochenende in Stockach wieder ihre Türen. Allerdings werden die Gottesdienste erst einmal nicht in der gewohnten Form abgehalten werden, wie die beiden Pfarrer Michael Lienhard und Rainer Stockburger erklären.

  • Nur noch 30 Minuten: Wer sich zukünftig bei seinem Besuch in der Kirche auf eine lange Liturgie oder eine umfangreiche Predigt freut, der wird vorerst enttäuscht. Denn auf all dies müssen die Gläubigen auch nach der Wiedereröffnung der Kirchen verzichten. So sind die Gottesdienstzeiten laut den beiden Stockacher Pfarrern Rainer Stockburger und Michael Lienhard auf maximal 30 Minuten beschränkt. Und auch weitere feste Bausteine eines Gottesdienstes wird es erst einmal nicht geben: „Es wird kein gemeinsames Singen geben, keine Liturgie und kein gemeinschaftliches Sprechen“, erklärt Stockburger. Denn hierbei bestehe eine verstärkte Gefahr einer Tröpfcheninfektion.
  • Live dabei aber ohne Gläubige: Auch während der temporären Schließung der Kirchen mussten die Gläubigen in Stockach nicht gänzlich auf den Gottesdienst verzichten. Denn wie viele andere Kirchengemeinden boten die Kirchen in Stockach Andachten aus dem Radio oder die Predigt direkt per Live-Stream während dieser Zeit an. So gab es den Gottesdienst der katholischen Kirchengemeinde Stockach vom 3. Mai im Vorfeld zum Georgsritt etwa zum zweiten Mal als Audiomitschnitt zum Nachhören. Fünf Live-Gottesdienste aus der Kirche kamen laut Pfarrer Michael Lienhard dazu. „Zwei der Live-Gottesdienste wurden inzwischen jeweils über 1000 Mal besucht, einer rund 1800 Mal und zwei über 1200 Mal“, so Lienhard. Sven Schätzl aus Liggeringen hatte die Idee zu den Live-Übertragungen. Er und Stephan Kessler bedienten die Technik. Außer ihnen und dem Pfarrer waren nur der Mesner und der Organist dabei. Rainer Stockburger war einmal live mit einem Gottesdienst zu sehen. Die weiteren Gottesdienste wurden von Pfarrern aus den 14 Gemeindemitgliedern im Kirchenbezirk gehalten.
  • Keine verwaisten Kirchenbänke: Um nicht vor leeren Bänken zu sprechen, griff Pfarrer Michael Lienhard zu einer besonderen Maßnahme: Zugeschickte Bilder seiner Gemeinde zierten die verwaisten Plätze. „Die Bilder helfen mir, den Blick nach vorne zur Kamera zu richten.“ (mgu)