Unter Pseudonymen wie „Bistsosueß“, „Binlieb24“ oder „Schmusebaerchen“ war 2008 ein 53 Jahre alter Mann aus Stockach in Chatrooms unterwegs. Das Objekt seiner Begierde waren allerdings keine Frauen, sondern Mädchen: Er habe sich das Vertrauen eines 14 Jahre alten Mädchens erschlichen, hieß es später vor Gericht. Oft sei auch von der großen Liebe gesprochen worden. Das Problem war nicht nur der Altersunterschied, sondern das weitere Geschehen: Der 53-Jährige überredete das Mädchen zu einem Treffen in Nordrhein-Westfalen, wo sie wohnte. Dort drängte er sie, ohne Wissen der Eltern mit ihm an den Bodensee zu fahren.
Die Masche des 53-Jährigen
Sich nett mit zu unterhalten, sei auch die Masche des Angeklagten gewesen. Das sagte der damalige Staatsanwalt vor Gericht, wie der SÜDKURIER damals berichtete: „Er hat die Mädchen über Wochen regelrecht mit Liebesschwüren eingeseift, um auszutesten, wie weit er gehen kann.“
Eine 17-Jährige aus dem Allgäu sei darauf eingegangen und habe ihm Nacktbilder von sich geschickt. „Da gibt es für die Mädchen kein Zurück mehr, denn der Angeklagte kann beweisen, dass die Mädchen mitgemacht haben“, so der Staatsanwalt.
Er beschrieb sich als jung und attraktiv
Im Gespräch mit dem 14-jährigen Mädchen gab sich der 53-Jährige als jung und attraktiv aus. Unter Vortäuschung falscher Tatsachen erschlich er sich das Vertrauen. Über sechs bis acht Wochen hinweg hatte er täglich mehrere Stunden lang Kontakt mit den Mädchen. Das ging aus Zeugenaussagen hervor.
Vor Gericht erzählte eine Frau aus Gesprächen mit der 14-Jährigen. „Sie fühlte sich nicht so beachtet wie die anderen“, berichtete die Frau. Der Mann aus dem Chat hingegen habe sich immer so nett mit ihr unterhalten.
Nachdem er sie überredet hatte, von zu Hause wegzulaufen und zu ihm zu ziehen, mietete der Mann sich ein Auto. Er fuhr nach Nordrhein-Westfalen, um die Schülerin in der Nähe ihrer Wohnung abzuholen. Doch als sie bemerkte, dass der 53-Jährige weder jung noch gutaussehend war, wollte sie nicht einsteigen. Der Mann habe sie schließlich in den Wagen gedrängt und die Türen verriegelt.
Danach soll er sie in die Wohnung eines Bekannten nach Eigeltingen gebracht haben. Dort sei es auch zu sexuellen Handlungen gekommen. Erst bei der dritten Vernehmung, die vor Gericht stattfand, sprach das Mädchen von Vergewaltigung. Aufgrund der Geschehnisse litt das Mädchen laut einem ärztlichen Attest unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Dass der Mann und die 14-Jährige ungeschützten Geschlechtsverkehr hatten, ergab eine DNA-Analyse. Doch der Angeklagte betonte vor Gericht: „Es gab keine Vergewaltigung, ich habe nicht gelogen.“ Auch die 17-Jährige gab vor Gericht zum ersten Mal an, dass der Mann mit ihr geschlafen habe.
DNA-Analyse bestätigte Geschlechtsverkehr
Dennoch musste das Gericht den Mann aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf der zweifachen Vergewaltigung freisprechen, wie damals berichtet wurde. Schließlich wurde der 53-Jährige wegen Verbreitung pornografischer Bilder über das Internet und Kindesentziehung zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt.