Die Flüchtlingszahlen steigen weiter an und angesichts der zahlreichen Kriege ist ein schneller Rückgang unwahrscheinlich, weswegen die Stadt Stockach bei der Unterbringung langsam an ihre Grenzen gerät. Bereits seit 2015 ist die Gemeinde laut eigener Aussage ein Vorreiter bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Um diesen Status nicht zu verlieren und weiterhin genug Unterkünfte anbieten zu können, muss sie nun aber neue Lösungen finden. Denn die bisherigen Unterkünfte im ehemaligen evangelischen Altenheim in der Zoznegger Straße und in der Linde sind nach 2025 nicht mehr verfügbar.
Der Grund: Ende 2025 läuft der Mietvertrag für die Linde aus, in der aktuell 60 Personen unterkommen können. Zu einer Verlängerung kam es nicht, was für Unstimmigkeiten zwischen Stadt und Linde-Besitzer Daniel Birkenmayer gesorgt hatte. Und das ehemalige evangelische Altenheim in der Zoznegger Straße, das Platz für 160 Personen bietet, fällt wegen baulicher Mängel weg.
Projekte im Lugoweg und im Reiserweg nicht umsetzbar
Im März hatte der Gemeinderat daher beschlossen, neue Unterkünfte für Obdachlose und Geflüchtete im Lugoweg und im Reiserweg zu planen. Doch daraus wird nun nichts, wie erste Schritte bei der Umsetzung durch die Stadtverwaltung ergaben. Das Projekt im Lugoweg lohne sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht, jenes im Reiserweg sei kurzfristig nicht verfügbar, so die Stadtverwaltung. Sie hat daher eine Alternative ausgearbeitet, die zwischen 4 und 5 Millionen Euro kosten könnte und Thema in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates war.
In Frage kommen für einen Neubau grundsätzlich drei städtische Flächen. Im Mühlbachweg in Raithaslach verfügt die Stadt über ein 1000 Quadratmeter großes Gelände, das Platz für 20 Personen bieten könnte. In der Linzgaustraße in Winterspüren gibt es ein Areal mit 2000 Quadratmetern – genug für 30 Personen.
So sieht der Plan der Stadt aus
Doch die Verwaltung präferiert eine andere Lösung: das Gelände auf dem Areal der ehemaligen Firma Schiesser am Bahnübergang der Goethestraße. Es ist etwa 3500 Quadratmeter groß und könnte ausreichend sein für 200 Geflüchtete. Dort könnten dann wie bislang schon in der Linde zudem auch Obdachlose Unterkunft finden. Die Unterbringung in den Ortsteilen wäre wegen fehlender Infrastruktur hingegen schwieriger, wie Bürgermeister Rainer Stolz in der Sitzung erklärte.

Der Plan der Stadt ist, in einem ersten Schritt einen Teil des Schiesser-Gebäudes bis Mitte 2024 umzubauen und zu sanieren, um kurzfristig Platz für 25 Menschen zu schaffen. Die Kosten hierfür würden laut Sitzungsvorlage bei etwa 350.000 Euro liegen. In einem zweiten Schritt soll dann das ehemalige Qiagen-Gebäude abgebrochen und stattdessen ein Modellbau aus Containern für 200 Personen geplant werden.
Der Abbruch könnte Mitte kommenden Jahres beginnen, der Neubau Ende 2024 starten und bis Herbst 2025 fertig sein – rechtzeitig zum Wegfall der bisherigen Unterkünfte. Die Kosten dafür könnten laut einer Schätzung 4 bis maximal 5 Millionen Euro betragen, was für vereinzelte Kritik im Gemeinderat sorgte.
Zwar kam aus den meisten Fraktionen, vor allem von der CDU und den Grünen, überwiegend Zustimmung zu der Idee und Lob für die Ausarbeitung der Verwaltung. Denn eine langfristige Lösung der Flüchtlingsunterbringung sei überfällig angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen, so die CDU.
Lässt sich Altenheim nicht doch ertüchtigen?
Doch aus Reihen der Freien Wähler gab es Kritik. Wolf-Dieter Karle und einige Fraktionskollegen stellten in Frage, dass das ehemalige Altenheim in der Zoznegger Straße tatsächlich nicht mehr renoviert oder weiter genutzt werden kann. Sie kritisierten zudem die hohen Kosten von etwa 4,5 Millionen für den Neubau angesichts fehlender Mittel für beispielsweise Kindergärten im Haushalt.

Bauamtsleiter Lars Heinzl stellte jedoch klar, dass das ehemalige Altenheim voller Schadstoffe sei, beispielsweise sei Asbest in den Wänden. „Das war nur eine Notlösung damals. Das Gebäude dauerhaft bewohnbar zu machen, wäre deutlich teurer als 4,5 Millionen Euro“, sagt er. Stolz fügte hinzu, dass es daher besser sei, frühzeitig eine dauerhafte Lösung zu planen, damit man nicht von heute auf morgen ohne Unterkunft dastehen würde, wenn das ehemalige Altenheim in einigen Jahren wegen Baufälligkeit plötzlich geschlossen werden müsse.
Trotz der kurzen Diskussion um die Kosten stimmte der Gemeinderat am Ende einstimmig zu, die Verwaltung mit der Planung zu beauftragen. Angedacht ist auf dem ehemaligen Schiessergelände nun eine Lösung mit Containerbauweise. Deren Vorteil: Sollte man die Wohnungen irgendwann nicht mehr für Geflüchtete benötigen, könnte man sie einfach wieder abbauen oder für andere Zwecke umnutzen.
Das Stadtbauamt wird dafür nun erste Pläne ausarbeiten, die dann erneut Thema im Gemeinderat sein werden. Die bisherigen Projekte im Lugo- und im Reiserweg sind nun stattdessen für sozialen Wohnungsbau vorgesehen.