Sie sollen einen großen Beitrag zur Energiewende leisten und sind bei Neubauprojekten mittlerweile Standard. Die Rede ist von Fotovoltaikanlagen, die inzwischen in dunkelblauen bis schwarzen Farbtönen von immer mehr Dächern glänzen.

Das ist zwar umweltfreundlich, sieht aber nicht in allen Fällen wirklich schön aus. In Stockach sind solche Anlagen deshalb bislang in der Oberstadt komplett verboten, um das historische Stadtbild zu schützen. „In der Vergangenheit hat dieses Thema für große Diskussionen gesorgt“, erinnert sich Bürgermeister Rainer Stolz.

Neue Generation Fotovoltaik schafft Möglichkeiten

Der Planungsausschuss des Gemeinderats hat sich nun in seiner jüngsten Sitzung dafür ausgesprochen, dieses Verbot unter bestimmten Bedingungen zu lockern. Inzwischen müssen Fotovoltaikanlagen nämlich nicht mehr zwangsläufig wie Fotovoltaikanlagen aussehen.

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Wie Stadtbaumeister Lars Heinzl im Ausschuss erläuterte, gibt es inzwischen Anlagen, die nicht mehr von einem konventionellen Dach zu unterscheiden sind. So laufe derzeit in der historischen Ausgrabungsstätte von Pompeji in Süditalien ein Experiment mit speziellen Dachziegeln, die Strom produzieren können.

Aussehen entspricht traditionellem Dach

Die Ziegel sehen exakt so aus wie historische Terrakotta-Ziegel, die schon von den alten Römern verwendet wurden. In den Ziegeln sind Solarzellen eingebaut, die mit einem speziellen Kunststoff überzogen sind, der das Sonnenlicht zu den Zellen vordringen lässt, aber dabei für das menschliche Auge täuschend echt aussieht.

Eine konventionelle Fotovoltaikanlage auf einem Ziegeldach ist in den meisten Fällen sehr auffällig. Neue Technologien ermöglichen ...
Eine konventionelle Fotovoltaikanlage auf einem Ziegeldach ist in den meisten Fällen sehr auffällig. Neue Technologien ermöglichen Anlagen, die aussehen, wie ein ganz normales Ziegeldach. | Bild: Sebastian Gollnow/ dpa

Wie das italienische Unternehmen Dyaqua, das diese Art von Ziegeln Medienberichten zufolge entwickelt hat, auf seiner Internetseite erklärt, könne mit diesem Verfahren nicht nur die Oberfläche von Terrakotta-Ziegeln, sondern auch die Struktur von Holz oder Stein nachgebildet werden.

Das Unternehmen wirbt in diesem Zusammenhang damit, dass seine Photovoltaik-Produkte nicht nur auf Dächern, sondern auch an Fassaden oder auf dem Boden angebracht werden können. In der geplanten Bebauungsplanänderung für die Stockacher Oberstadt geht es indes zunächst nur um Dachflächen.

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, sieht ein großes Potenzial für solche gebäudeintegrierten Fotovoltaikanlagen, wie er auf Nachfrage des SÜDKURIER betont. „Immer effizientere und preiswertere Solarzellen machen es möglich, dass Dach- und Fassadenelemente Energie produzieren, ohne das Erscheinungsbild von Gebäuden zu beeinträchtigen“, schreibt er.

Noch sind solche Anlagen teuer

„Inzwischen gibt es für jede Ziegelform eine entsprechende Form für solche Fotovoltaikziegel“, führte Heinzl im Planungsausschuss aus. Anlagen, die so erstellt werden, seien bislang im Schnitt noch 20 bis 30 Prozent teurer als konventionelle Photovoltaikanlagen.

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Laut Stadtrat Roland Fiedler (FWV) können sich solche Anlagen derzeit wirtschaftlich noch nicht rentieren. Das unterstreicht auch der Bundesverband Solarwirtschaft gegenüber dem SÜDKURIER. „Solardachziegel weisen höhere Kosten je installiertem Kilowattpeak auf und haben eine geringere Leistung als konventionelle Anlagen“, erklärt Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Die Vertreter der Stadtverwaltung machten in der Sitzung indes deutlich, dass es bei dem neuen Vorstoß zum Thema Photovoltaik in der Oberstadt zunächst einmal darum geht, den Weg grundsätzlich für diese neue Technologie frei zu machen.

Inwiefern diese am Ende tatsächlich zum Einsatz kommen kann, hängt nun zum einen davon ab, ob auch der Gemeinderat dem Aufstellungsbeschluss für eine Änderung des Bebauungsplans Oberstadt zustimmt. Der Ausschuss hat sich bereits einstimmig dafür ausgesprochen.

Das letzte Wort hat trotzdem das Denkmalamt

Doch auch, wenn der Bebauungsplan die Möglichkeit schafft, dass die neue Technologie in der Stockacher Oberstadt zum Einsatz kommen darf, muss im Einzelfall immer noch das Denkmalamt seine Zustimmung dazu geben.

Wie Carsten Körnig vom Bundesverbands Solarwirtschaft gegenüber dem SÜDKURIER erklärt, habe es indes in der Vergangenheit schon Urteile gegeben, die Fotovoltaik-Verboten von Denkmalbehörden widersprochen haben. „Es dürfte auch in künftig auf eine kluge Schutzgüterabwägung ankommen“, sagt Körnig.

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Diese müsse auf der einen Seite das Erscheinungsbild von Kulturgütern schützen, auf der anderen Seite sollte sie jedoch berücksichtigen, dass „Zivilisation und Kultur nur bei einem gleichzeitigen Schutz unserer Lebensgrundlagen gedeihen und erhalten werden kann“, betont Carsten Körnig.