Eine funkelnde Sternstunde lieferten Wen-Sinn Yang, Violoncello, und Adrian Oetiker, Klavier, ihren begeisterten Zuhörern. Der Saisonauftakt der Stockacher Meisterkonzerte nach der Sommerpause fand wieder doppelt statt, Yang und Oetiker sind am selben Abend zweimal aufgetreten. Und beide Male war der Saal im Bürgerhaus Adler Post voll besetzt. Die beiden Musiker arbeiten als Professoren, sprechen Schwyzerdütsch und sind als Interpreten Weltklasse. Dass man sie im Beethoven-Jahr zum Saisonauftakt im 30. Jahr der Reihe Stockacher Meisterkonzerte erleben durfte, war ein besonderes, nachhaltig inspirierendes Geschenk – zumal sie eine irrwitzig grandiose Interpretation von Beethovens Cellosonaten lieferten.

Beethovens fünf Cellosonaten markieren Schnittpunkte seines Werkes. Die beiden Sonaten Opus 5 aus dem Jahr 1796 repräsentieren das Frühwerk. Die A-Dur-Sonate Opus 69 markiert die Schaffenshöhe des mittleren Beethoven, und die beiden Cellosonaten Opus 102 leiten die Periode des Spätwerks ein. Zu Gehör und Gemüt gebracht wurden aus jedem Opus eine.

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„Kein Beethoven-Fest wurde weltweit je so verhagelt wie dieses Jahr“, bemerkte im Rahmen seiner heiter servierten Moderation der in Taiwan geborene und in der Schweiz aufgewachsene Cellovirtuose Yang, der seinem Instrument aus der Werkstatt des Geigenbauers Dietmar Rexhausen unbeschreiblich schöne warme Töne entlockte. Oetiker und Yang, die sich vor etwa 15 Jahren bei einem Festival kennen lernten, lehren an den Musikhochschulen Basel und München und gastieren weltweit als gefragte Solisten. Als Duo spielten sie quasi aus einem Atem heraus wie aus einem Guss. Auf der Grundlage einer höchst soliden Technik formen sie ihre Interpretationen und wissen mit Klangfarben umzugehen. Dabei setzten sie feinste Nuancierungen und beherrschten eine höchst differenzierte Dynamik.

Georg Mais von der Deutschen Mozartgesellschaft – hier mit Sekt-Präsent – hat in den vergangenen 30 Jahren rund 180 ...
Georg Mais von der Deutschen Mozartgesellschaft – hier mit Sekt-Präsent – hat in den vergangenen 30 Jahren rund 180 Meisterkonzerte in Stockach organisiert. | Bild: Gabi Rieger

Mit der g-Moll-Sonate Opus 5 Nummer 2 erlebte man nach beseelter, sehr zu Herzen gehender Adagio-Einleitung wie in einem bewegten Kaleidoskop eine schier unermessliche Fülle von Klang- und Empfindungsspektren: fröhlich, leidenschaftlich aufgewühlt, verspielt, temperamentvoll wild, ungestüm und zärtlich. Und das alles mit einer schier bodenlosen Tiefe.

Polyphone Elemente bestimmten die Ecksätze der zweiten Sonate, ein Allegro con brio mit markantem, energischem Hauptthema und einem fugiert zum Klingen gebrachten Finale. In der Mitte stand ein ausdrucksgeladenes Adagio mit der für den späten, ertaubten Beethoven typischen Verinnerlichung des Melodischen. Den dafür empfänglichen Zuhörern jagte heißes Blut durch die Adern, dann berührte eine zum Weinen schön gespielte, schicksalsergebene Tristesse. Die nahezu lautlos schwebende Traurigkeit wandelte sich schließlich in einen heiter zugewandten Dialog von Cello und Klavier. Bravo-Rufe würzten den enthusiastischen Beifall, den die beiden Künstler mit einer Improvisation über ein Liebesthema aus Ennio Morricones Musik zum Film „Cinema Paradiso“ quittierten.

„Wir haben in den vergangenen 30 Jahren rund 180 Meisterkonzerte erleben dürfen, die alle von Georg Mais organisiert wurden“, berichtete am Rande des Konzerts der Stockacher Kulturamtsleiter Stefan Keil. Er überreichte dem Vorsitzenden der Deutschen Mozartgesellschaft am Ende genauso eine Flasche Kuony-Sekt wie den stürmisch umjubelten Interpreten.