Wie lange gibt es noch ein Krankenhaus in Stockach? Diese Frage treibt die Stadt weiter um. Denn in der Region mussten bereits mehrere kleine Häuser schließen, andere stehen kurz davor. Nun hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig eine Resolution dazu erlassen – als Reaktion auf die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Die Adressaten: Politiker in Stuttgart und Berlin.
Lauterbach plant, das 2003 eingeführte Fallpauschalen-System, bei dem Krankenhäuser pro Patient je nach Diagnose einen festen Satz gezahlt bekommen, zu reformieren. Aus Stockach kommt dazu Zustimmung, aber auch Kritik: Laut der Resolution habe das alte System „vor allem der Wirtschaftlichkeit von Behandlungen einen zentralen Stellenwert“ beigemessen. Vielen Krankenhäusern stehe „finanziell das Wasser bis zum Hals“ – auch das Krankenhaus Stockach sei am Kämpfen.
Lob und Kritik für Reformpläne
„Stadtverwaltung und Gemeinderat sind jedoch seit jeher der Auffassung, dass der betriebswirtschaftliche Erfolg eines Krankenhauses nicht der Maßstab für eine gute medizinische Versorgung sein kann – ja nicht sein darf“, schreibt die Stadt weiter. Sie begrüße daher die Reformpläne, Krankenhäuser wieder mehr nach medizinischen Punkten auszurichten.
Mit einem Teil von Lauterbachs Plänen haben Stadt und Räte jedoch ein Problem. Konkret heißt es in der Resolution: „In der Corona-Pandemie bewährte Versorgungsstrukturen abzubauen, ohne vorher adäquaten Ersatz zu schaffen, bedeutet aber, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen.“ Die Stadt fürchtet, die Politik habe nur große Zentralkliniken im Blick und vernachlässige ländliche Krankenhäuser, die die Reform daher finanziell nicht überstehen würden.
Forderung: Besserer Schutz von ländlichen Krankenhäusern
Stadtverwaltung und Räte fordern daher von der Politik, „kostendeckende, finanzielle Rahmenbedingungen nicht nur für große Zentralkliniken, sondern besonders auch für ländliche Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung schaffen“ und die „systematische Benachteiligung kleinerer und mittlerer Krankenhäuser, wie das der Krankenhaus Stockach GmbH, zu beenden.“ Ansonsten würden weitere Schließungen drohen – wie zuletzt in Radolfzell.
Bürgermeister Rainer Stolz sagte auf SÜDKURIER-Nachfrage, die Stadt erhoffe sich davon, den handelnden Personen im Parlament bewusst zu machen, dass es bei der neuen Krankenhausstruktur um Menschen in Not geht. Es gehe um das Erhalten gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land. Es drohe „eine Verschlechterung der medizinischen Grundsicherung, wenn bestehende und gut angenommene, auch kleinere, Krankenhäuser mit einem Federstrich existenziell bedroht werden“, so Stolz.