Wie gravierend die Schäden im Wald aufgrund des Klimawandels sind, das wurde bei einem Waldspaziergang deutlich, zu dem die Kreistagsfraktion der Grünen eingeladen hatte. Besonders die fehlenden Niederschläge im Winter schwächen die Bäume derart, dass sie von Schädlingen leichter befallen werden und gefällt werden müssen.
Mit den Fachleuten Bernhard Hake (Leiter des Kreisforstamtes), Tobias Müller (Revierförster in Tengen) sowie Professor Rainer Luick (Kreistagsmitglied und Professor für Natur- und Umweltschutz an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg) ging es bei der Brotlosenhütte zwischen den Tengener Ortsteilen Beuren am Ried und Blumenfeld in den Wald, wo aufgrund massiven Befalls durch Borkenkäfer viele Fichten gefällt werden mussten. Das Kreisforstamt setzt auf Aufklärung, denn auch hier steht eine große Tafel, wo angezeigt wird, warum in diesem Bereich Forstarbeiten gemacht wurden oder werden.
Borkenkäferbefall auf großer Fläche
Gleich beim Eingang in den Wald bei der Brotlosenhütte bot sich den knapp 40 Teilnehmern nicht das erwartete Bild eines dichten Waldes. Eine große Fläche musste aufgrund des Borkenkäferbefalls gefällt werden. Wie sich die Borkenkäfer im Holz einnisten und wie lange ein Zyklus dauert, das zeigte Tobias Müller eindrucksvoll auf. In nur sechs Wochen könne ein Borkenkäferpaar bei bis zu drei Generationen pro Saison rund 8000 Nachkommen produzieren.

Wenn man Bohrmehl auf den Rinden sieht, ist es höchste Zeit für die Forstarbeiter, zu reagieren. Wenn es für das Entrinden zu spät ist, hilft nur noch eine Fällung mit schnellem Abtransport. Das Holz, das dann länger im Wald liegenbleibt, weil es qualitativ minderwertiger ist, muss mit zugelassenen Pyrethroiden behandelt werden, damit die Käfer nicht auf umliegende, gesunde Bäume übergehen.
Andere Pflanzenarten widerstandsfähiger
Für die Begehung hatte Tobias Müller ein Bodenprofil vorbereitet, um zu zeigen, woran es vor allem krankt. „Wir sehen hier, dass nur die obersten 15 bis 20 Zentimeter feucht sind“, sagte er. Die Böden, die in unserer Region oft viel Lehm oder Ton enthalten und damit eine stauende Schicht haben, hätten sich wegen der zu wenigen Niederschläge vor allem in den letzten zwei Jahren von ursprünglich wechselfeuchten zu wechseltrockenen Standorten verändert.

Auch die Tanne, auf die man gesetzt hatte, weil sie auch Wasser aus tieferen Schichten holt, ist aufgrund der Trockenheit angeschlagen und der Tannenborkenkäfer konnte sich auf den geschwächten Beständen vermehren. „Wir wünschen uns seit drei Jahren mal Niederschläge in der Größenordnung von 400 Litern pro Quadratmeter“, so Müller. Nur Landregen im Winter helfe dem Wald, ergänzte Bernhard Hake.

Für die Zukunft gibt es viele Überlegungen, wie man dem Klimawandel entgegentreten kann. Dazu gehört auch das Anpflanzen von anderen Baumarten wie Eichen, Hainbuchen, Linden oder Tulpenbäumen. Die begangenen Flächen sind teilweise bereits mit Douglasien bepflanzt worden.
Aufforstung von kahlen Flächen ist teuer
Doch auch die Naturverjüngung ist sichtbar. Darauf hatte das Land in den letzten 25 Jahren immer sehr gesetzt. Weshalb die Baumschulen aber nicht viel Pflanzmaterial vorrätig haben, merkte Bernhard Hake an.
„Wir beobachten vor allem in diesem Jahr große Schäden“, sagte Tengens Bürgermeister Marian Schreier. Wegen der Zwangsnutzung habe man derzeit bereits 14 000 Festmeter Holz geschlagen, normal wären 9000 Festmeter pro Jahr. Die Menge an Schadholz im gesamten Landkreis beträgt aktuell für das laufende Jahr bereits 100 000 Festmeter, berichtete Bernhard Hake. 2018 seien es 120 000 Festmeter gewesen.

In der Zukunft werde die Wirtschaftlichkeit von Wäldern aufgrund des Klimawandels wohl eine neue Dimension bekommen, sagte Rainer Luick. „Unsere Wälder werden uns eher viel Geld kosten, als dass sie Ertrag bringen“, ist er überzeugt. Auch Bernhard Hake geht davon aus. Für eine Aufforstung von kahlen Flächen müsse man mindestens mit Kosten in Höhe von 10 000 Euro pro Hektar rechnen.
Die Situation
Tengen ist der drittgrößte Waldbesitzer im Landkreis Konstanz und hat rund 1000 Hektar Stadtwald, davon etwa die Hälfte Nadelbäume. Als Wirtschaftswald bringt er der Stadt Tengen durchschnittlich 200 000 Euro im Jahr an Reinertrag. Der Landkreis hat 26 000 Hektar Wald. Ende August hatte Forstminister Peter Hauk (CDU) im Rahmen eines Notfallplans gefordert, in die Haushalte 2020 und 2021 jeweils 40 Millionen Euro für den Wald im Südwesten einzustellen. 10 Millionen Euro davon sollen allein für Schutzmaßnahmen gegen den Borkenkäfer verwendet werden.