Der Wald birgt viele Geheimnisse, doch wenn man weiß, wo und was man suchen muss, kommen diese manchmal auch zutage.

Im Mittelalter gab es, westlich von Jestetten, einen großen Hof, von dem heute lediglich die Waldwiese im Düssital übrig geblieben ist. Im Jahre 1330 werden Bertold und Johannes, die Herren von Tüsental, als Lehensträger des Klosters Rheinau genannt, von dem sie Wiesen und Reben zu Lehen hatten. Der Hof im Tüsental (Düssital) wurde allerdings von den Habsburgern als Lehen vergeben. Hier ist ein Lehensbrief von 1363 erhalten, durch den Johann von Habsburg den Hof an Konrad von Keller, Bürger zu Schaffhausen, gegen 75 Mark guten, lötigen (Maßeinheit Lot) Silbers zu Lehen gab.

Geheimnisvoller Hof im Düssital

Im Jahr 1517 taucht der Hof im Düssital abermals in den Akten auf. Im Zürcher Staatsarchiv findet sich das Dokument, in der der Bürgermeister zu Schaffhausen beurkundet, dass die Witwe Payer aus Schaffhausen den Hof mit samt „Hofrati, Hofstatt, Hus, Gerichten, Zwingen und Bäumen, mit Acker, Wissen, Holtz, Wald, Wunn, Waid, und mit allen nutzen, früchten, Rechten, Gerechtigkeiten“ an die Gemeinde Jestetten verkauft.

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Dieses neue Gemeindeeigentum nutzen die Jestetter bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts als Allmendgut – also gemeinschaftlichen Besitz. Als zu dieser Zeit die Löhr gerodet wurde und zum Allmende wurde, hat die Gemeinde die Hofflächen im Düssital bis auf die kleine Wiese, die noch heute erhalten ist, aufgeforstet.

Was ist aus der Burg geworden?

Geheimnisvoller als der Hof, der sich zumindest aktenkundig nachweisen lässt, ist die Burg Düssital. Deren Existenz wurde nur vom Volksmund überliefert und die Geschichten sind abenteuerlich. Demnach hätten die Ritter vom Düssital nicht nur in ständiger Fehde mit den Rittern von Jestetten gelebt, sie hielten der Sage nach, auch ein Jestetter Edelfräulein mehr als 20 Jahre in der Burg gefangen. Dieses Fräulein stand im Mittelpunkt vieler Geschichten, die man sich früher erzählt hatte.

Manfred Gaiser (links) und Helfer untersuchen und vermessen die alten Grundmauern des Wohnturms.
Manfred Gaiser (links) und Helfer untersuchen und vermessen die alten Grundmauern des Wohnturms. | Bild: Ralf Göhrig

Ein letzter schriftlicher Nachweis findet sich in den Aufzeichnungen von Albert Schell, der Ende der 40er-Jahre für den SÜDKURIER aus Jestetten berichtete. Er beschreibt das Jestetter Burgeli, eine Frau, die Anfang des 19. Jahrhunderts geboren wurde und gegen Ende des Jahrhunderts, als er selbst Kind war, den Dorfkindern in ihrer Wohnung im Winkel die schaurigsten Geschichten von früher erzählt habe. Auch die Geschichte vom Burgfräulein aus dem Düssital wird in Schells Aufzeichnungen erwähnt.

Jestetter suchen die Burg im Düsital

Und da jeder Sage zumindest ein wahrer Kern zu eigen ist, machten sich die Jestetter in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts daran, die Burg im Düssital zu suchen. Und tatsächlich stieß man auf Grundmauern eines 12-mal 13-Meter-großen Wohnturms, die zum Teil freigelegt wurden. Spätestens nach 1517, also dem Verkauf des Düssitals an die Gemeinde Jestetten ist die Burg verfallen, vermutlich wurden die Steine abgebrochen und beim Bau anderer Gebäude verwendet.

Vom Standort lag die Burg im Düssital optimal. Von dort, einer Bergnase oberhalb der jetzigen Wiese, hatte man einen perfekten Überblick über das Wangental, das von hier aus kontrolliert werden konnte.

Manfred Gaiser untersuchte im Auftrag des Landesdenkmalamts im Frühjahr 2025 die Umgebung der Grundmauern der alten Burg im Düssital. Dabei wurden unter anderem alte Nägel aus dem Mittelalter beim ehemaligen Wohnturm gefunden. Vieles bleibt im Dunkel der Geschichte zurück, doch mit seinen Funden konnte Manfred Gaiser ein kleines Puzzlestück zum fragmentarischen Bild hinzufügen.

Die Funde zeugen von mittelalterlichem Leben im Düssital.
Die Funde zeugen von mittelalterlichem Leben im Düssital. | Bild: Ralf Göhrig

Die Herren der Burg

Die Burg Tüsental (Düssital) ist eine abgegangene Höhenburg südwestlich von Jestetten auf dem sogenannten Schlossbuck. Das Landesdenkmalamt sieht die Familie von Dettingen als ehemalige Besitzer der Burg.

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Professor Jäger, der Autor des Jestetter Buchs von 1930, vermutet, dass die Dettinger identisch mit den Herren vom Tüsental seien, da die Dettinger (Tettinger) bis 1426 den Kirchensatz (Mitwirkungsrecht bei der Besetzung der Pfarrstelle) und das Patronatsrecht in Jestetten innehatten.