Der 6. Februar ist ein Tag wie jeder andere. Ein Montag, ohne größere Bedeutung. Außer in Tengen, denn an diesem 6. Februar 2023 endet um 18 Uhr die Bewerbungsfrist für die Bürgermeisterwahl in der Hegau-Stadt. Und dazu sieht es bisher mau aus. Laut Bürgermeister Marian Schreier, der gleichzeitig auch Vorsitzender des Wahlausschusses ist, ging im Rathaus nämlich noch keine Bewerbung ein. Und dieser Umstand macht nicht nur den Tengener Noch-Rathauschef nervös. Auch die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen werden unruhig.

„Bis zur Bürgermeisterwahl und vor allem bis zum Ende der Bewerbungsfrist ist nicht mehr lange Zeit“, betont Bürgermeister Schreier im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit allen Fraktionssprechern der Parteien im Gemeinderat.

Sind ob der aktuellen Bewerberlage in Tengen nervös, bleiben aber dennoch zuversichtlich (von links): Bürgermeister Marian Schreier, ...
Sind ob der aktuellen Bewerberlage in Tengen nervös, bleiben aber dennoch zuversichtlich (von links): Bürgermeister Marian Schreier, Thomas Wezstein (FWV), Albrecht Finsler (CDU) und Michael Grambau (Freie Bürger/SPD) | Bild: Matthias Güntert

Das Ziel des Treffens mit den Medienvertreten ist klar formuliert: „Wir wollen die Wahl nicht sich selbst überlassen“, so Schreier weiter. Die Gemeindevertreter machen dennoch deutlich: Sie wären gerne weiter. „Wir brauchen keine 15 Bewerber, nur den Richtigen. Aber um ehrlich zu sein, davon sind wir sehr weit entfernt“, sagt Thomas Wezstein (FWV). „Es wäre mir lieber, wir hätten zum jetzigen Zeitpunkt schon drei Bewerber“, so Wezstein weiter. Denn das Risiko eines Spaßkandidaten brenne den Gemeinderäten unter den Nägeln.

Warum gibt es keine Bewerber?

Dass es in Tengen noch keinen Bewerber gibt, sei sehr ärgerlich aber kein Problem, mit dem die Hegau-Stadt alleine da stehe. „Dieses Problem gibt es landesweit. Es wird zwischenzeitlich immer schwerer, Bewerber zu finden“, betont Schreier. Der Noch-Rathauschef nennt ein aktuelles Beispiel: In Wutach im Schwarzwald habe sich der erste Bewerber erst 1,5 Wochen vor Fristende aus der Deckung gewagt. Woran die Zurückhaltung liegt? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Für Michael Grambau (Freie Bürger/SPD) könnte der Grund in der Flächengemeinde Tengen mit seinen acht Stadtteilen liegen. „Das schreckt vielleicht ein bisschen ab“, sagt er.

Dabei steht Tengen gut da

Einen weiteren möglichen Grund nennt Thomas Wezstein: „Als Bürgermeister wird man oft auf den sozialen Medien ein stückweit zerfleischt, das muss man mögen und aushalten können.“ Obwohl Albrecht Finsler (CDU) betont, dass der Respekt vor dem Amt des Bürgermeisters in Tengen nach wie vor sehr, sehr hoch sei.

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Marian Schreier wird deutlicher: Dass man als Bürgermeister in der Öffentlichkeit stehe, schrecke machen ab. Zudem trage man als Rathauschef große Verantwortung für eine ganze Gemeinde. „Und zwar von der Wasserversorgung bis zur Kinderbetreuung“, so Schreier. Und weiter: „Es gibt einfach auch bei den Bürgermeistern immer weniger Personal, der Fachkräftemangel macht sich auch hier deutlich bemerkbar“, so Schreier.

Ein weiterer Umstand ist laut den Gemeindevertretern aus Tengen, dass im Umfeld weitere Bürgermeisterwahlen anstehen – etwa in Bodman-Ludwigshafen oder in Rielasingen-Worblingen. „Der Unterschied zu einer normalen Bewerbung ist beim Bürgermeister auch: Seine Bewerbung ist sofort öffentlich, ab dem Zeitpunkt steht er im Mittelpunkt“, so Schreier.

Alle Fraktionen für einen neuen Bürgermeister

Wezstein, Grambau und Finsler machen sich aber auch stark für ihr Tengen. So betonen alle drei Gemeinderäte, dass das gemeinsame Auftreten kurz vor Ende der Bewerbungsfrist ein eindeutiges Signal an potenzielle Bewerber sein soll. „Uns ist es wichtig, einen neuen Bürgermeister zu finden, der mit Herzblut für unsere Gemeinde arbeitet“, sagt Michael Grambau. Tengen sei eine attraktive Gemeinde, die in der Vergangenheit gut gewirtschaftet. „Der neue Bürgermeister kann gleich einsteigen und sich auch ein bisschen selbst verwirklichen“, so Grambau. Auch Albrecht Finsler macht sich für Tengen stark. „Tengen ist eine Gemeinde, die voll mitzieht“, sagt er.

Am 5. März sucht Tengen einen Nachfolger von Bürgermeister Marian Schreier, der nicht mehr als Rathauschef kandidiert.
Am 5. März sucht Tengen einen Nachfolger von Bürgermeister Marian Schreier, der nicht mehr als Rathauschef kandidiert. | Bild: Matthias Güntert

Noch-Bürgermeister Marian Schreier gibt ihm Recht. Auch er sehe die Stadt Tengen und alle Stadtteile sehr gut aufgestellt „In den vergangenen Jahren haben wir im Schulterschluss von Gemeinderat, Bürgerschaft und Verwaltung vieles erreicht und auf den Weg gebracht: von der Sicherung der ärztlichen Versorgung durch das erste genossenschaftliche Ärztehaus Süddeutschlands über den Aufbau eines Glasfasernetzes bis hin zum ersten Windpark im Landkreis Konstanz“, erklärt Schreier. Die Entwicklung einer Stadt sei aber nie abgeschlossen. „Daher warten auch in der Zukunft große Aufgaben wie der Erweiterungsbau für eine Mensa an der Grundschule oder die Etablierung einer dauerhaften Nachnutzung von Schloss Blumenfeld“, so Schreier.

Gute Stimmung zwischen Verwaltung und Gemeinderat

Trotz der getätigten großen Investitionen habe die Stadt Tengen finanziellen Spielraum für die anstehenden Projekte. Was ihm dabei besonders wichtig zu erwähnen ist, ist die Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und Verwaltung. So müsse ein neuer Rathauschef in Tengen nicht gleich als Feuerwehrmann oder Mediator anfangen, um Gräben zwischen Gemeinderat und Verwaltung zuzuschütten. „Das hatten wir in anderen Gemeinden im Landkreis durchaus, bei uns ist das Verhältnis ausgesprochen gut“, schildert Schreier. Er blicke deshalb positiv in die Zukunft: „Wir sind weiter zuversichtlich.“ Was anderes bleibt in Tengen allerdings aktuell auch nicht übrig.

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Was passiert, wenn sich keiner bewirbt?

Laut Marian Schreier finde die Wahl am 5. März auch ohne Kandidaten statt – mit leerem Stimmzettel. Dann könne quasi jeder Name eingetragen und gewählt werden. Erforderlich sind allerdings 50 Prozent der Stimmen aller wahlberechtigten Tengener. „Danach startet eine zweite, kürze Bewerbungsphase für den zweiten Wahlgang“, so Schreier. Diese endet am Mittwoch, 8. März, um 18 Uhr. Der zweite Wahlgang ist für den 19. März vorgesehen. „Dann reicht auch bei einem leeren Stimmzettel die einfache Mehrheit“, sagt der Tengener Bürgermeister. Soll heißen: Der Name mit den meisten Stimmen gewinnt.

Ein Aber bleibt: „Der Wahlsieger muss seine Wahl auch annehmen. Das Amt des Bürgermeisters ist kein Ehrenamt“, betont Schreier.