Die Tagesordnung bei der jüngsten Gemeinderatssitzung war kurz und unaufregend. Dennoch gab es kurz nach Beginn und gleich unter Top 1 „Fragen aus der Bevölkerung“ einen Knaller. Wie auf Kommando erhob sich eine Gruppe von Frauen, die im Sitzungssaal Platz genommen hatten, von ihren Stühlen. „Wir, der Elternbeirat des Kindergartens Kinderland, legen mit sofortiger Wirkung unsere Ämter nieder“, lautete die Botschaft. Alle acht Mitglieder des im September 2021 gewählten Elternbeirats hatten ein Schreiben unterzeichnet, das dem Bürgermeister überreicht wurde. Ralph Gerster gab den Brief in Umlauf, doch weder er noch das Gremium gingen im weiteren Verlauf der öffentlichen Sitzung näher auf das Thema ein. In dem Schreiben heißt es: „Wir haben eine Ebene erreicht, auf der wir – beziehungsweise hauptsächlich unsere beiden Vorsitzenden vom Elternbeirat – persönlich angegangen und Dingen bezichtigt werden, die weder unser aller Wunschdenken noch der Wahrheit entsprechen.“
Elternbeirat ist frustriert und enttäuscht
Der gesamte Elternbeirat sei frustriert, enttäuscht und auch müde, wie sich nach der Sitzung im Gespräch mit dem SÜDKURIER herausstellte. Die Elternschaft werde von der Kindergartenleiterin gegeneinander aufgehetzt, es gebe Beschimpfungen auf persönlicher Ebene. „Wir tragen die Anliegen der Eltern weiter, machen Lösungsvorschläge, versuchen, klärende Gespräche zu führen – doch wir sehen keinen Sinn mehr in unserer Arbeit, denn es ändert sich nichts“, so eine weitere Vorsitzende. „Unzählige Stunden haben wir für Beratungen und Gespräche verwendet, um eine Verbesserung im Kinderland zu erreichen.“
Aus über 60 Mitteilungen von Eltern, die sie in den Feedback-Kasten des Kindergartens werfen konnten, geht hervor, dass es im Kinderland nicht rund läuft. Natürlich sei es für eine Leitung zu Pandemiezeiten nicht einfach, aber alles könne und dürfe man nicht auf Corona schieben. „Wir rennen gegen eine Wand, die Beschwerden werden ignoriert oder heruntergespielt. Unsere Sorgen und Nöte werden von der Kita-Leitung nicht ernst genommen.“
Deutliche Kritik an der Kindergartenleitung
Mangelhafte Kommunikation, fehlende Informationen und ein unguter Führungsstil seien die Punkte, an denen sich der Konflikt entzündet hat. Ein nicht gut umgesetztes Schulfruchtprogramm oder Querelen ums Rübengeisterfest muten dabei noch recht harmlose an. Ein Kritikpunkt, der seitens der Eltern wiederholt vorgebracht worden sei, betreffe die Aufsichtspflicht. Diese werde nicht immer angemessen gewahrt. „Uns wurde berichtet, dass Konflikte unter Kindern mit Verletzungen endeten, die hätten vermieden werden können oder dass Kinder mit gefährlichen Substanzen wie Putzmitteln hantieren konnten.“
Eltern werfen Gemeinderat Untätigkeit vor
Der Konflikt mit der Kindergartenleiterin sei der Verwaltung und den Gemeinderäten seit Längerem bekannt. Nicht nur mündlich, auch schriftlich hatten sich die Elternbeiräte hilfesuchend an den Bürgermeister und die Gemeinderäte gewandet. Bereits im Oktober 2021 schilderten sie, dass kein gutes Klima im Kinderland herrsche und im Ü3-Bereich einiges im Argen liege. „Bis April 2022 war die Leiterin immer den kompletten Donnerstag außer Haus, weil sie noch als Lehrerin an der Berufsschule in Singen tätig ist“, berichtet ein Elternbeiratsmitglied. Eine Stellvertreterin habe es bis zum 1. Mai nicht gegeben und sei von der Leitung generell nicht gewünscht worden.
Mehrere Erzieher haben bereits gekündigt
Die Stimmung innerhalb des Erzieherinnen-Teams sei schlecht. 2021 habe das Kinderland vier langjährige Erzieherinnen und Erzieher verloren. „Sie waren vier, acht, zehn und 16 Jahre lang im Kinderland tätig. Wir fragen uns, woran das liegt und sind sehr traurig, dass unseren Kindern vertraute Personen genommen wurden.“ Eine besorgte Mutter, die selber nicht dem Elternbeirat angehört, die aber bei der Gemeinderatssitzung dabei war, sagte: „Wir werden schon von außen angesprochen, was denn in unserem Kindergarten los sei. Das Image der Gemeinde leidet – und ganz ehrlich: meine Kinder stehen schon auf der Warteliste von zwei anderen Kindergärten.“