Die über 400 Besucher, die am Donnerstagabend zur Podiumsdiskussion des SÜDKURIER in die Bundschuhhalle nach Herdwangen gekommen waren, erlebten fünf motivierte Kandidaten, die sich um das Amt des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin in der Gemeinde bewerben. SÜDKURIER-Redaktionsleiter Manfred Dieterle-Jöchle aus Meßkirch und Andreas Ambrosius („Das ist der Wahnsinn“) von der Chefredaktion in Konstanz waren von der Besucherzahl mehr als überrascht und sorgten dafür, dass es sowohl für die Wähler als auch die Kandidaten ein interessanter und in manchen Teilen auch lehrreicher Abend wurde.

Alle wollen das Gespräch mit den Bürgern suchen

Fünf Kandidaten bewerben sich um den Rathaussessel. Andreas Ambrosius beglückwünschte die Zuhörer für die große Bewerberzahl. Die sei keineswegs selbstverständlich und spreche auch für die Attraktivität der Gemeinde. Deshalb sei es auch wichtig, an der Wahl teilzunehmen. Und da gibt es nun die Auswahl zwischen vier Männern und einer Frau. Alle sehr motiviert, selbstbewusst und fair, wie man bei der Podiumsdiskussion sehr schnell merkte. Es gab keine gegenseitigen Angriffe und bei vielen Fragen, die Moderator Dieterle-Jöchle souverän stellte, gab es bis auf Nuancen keine wesentlichen Meinungsunterschiede. So ist es allen Bewerbern wichtig, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Regelmäßige Sprechstunden sollen da hilfreich sein. Felix Tiggeler legte sogar einen Plan vor, an welchen Tagen er regelmäßig in den Ortsteilen sein will. Am Applaus des Publikums ließen sich kaum Sympathiepunkte messen und so dürfte sicher sein, dass die Wahl sehr spannend werden wird.

Rote, grüne und weiße Kärtchen standen für dafür, dagegen oder unentschieden. Dem Publikum wurde schnell deutlich, dass es nur wenige ...
Rote, grüne und weiße Kärtchen standen für dafür, dagegen oder unentschieden. Dem Publikum wurde schnell deutlich, dass es nur wenige Meinungsunterschiede auf dem Publikum gab. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

Baubedarf in den kommenden Jahren

„Auf Teufel komm raus die Zersiedelung der Landschaft weitermachen“, will Tiggeler nicht. Werner kann sich vorstellen, dass man eine Abfrage macht, was denn überhaupt in den nächsten Jahren gebraucht wird. Für Mattes fehlt es derzeit noch an der Umsetzung vorhandener Baumöglichkeiten. Baulücken schließen fordern alle Kandidaten. Kipp hat viele alte Gebäude entdeckt, die nicht mehr genutzt werden. „Abreißen und etwas Modernes hinstellen“, lautet ihre Forderung. Grundsätzlich müsste die Verwurzelung im Ort ein Kriterium für eine Bauplatzvergabe sein.

Photovoltaik, Biogas und Wasserstoff im Auge

Auch bei der Energiewende will man die Bürger mit ins Boot holen. Eine Bürgergenossenschaft können sich alle fünf vorstellen. Windräder werden als nicht möglich angesehen. Photovoltaik auf den gemeindeeigenen Gebäuden, Nahwärme über Biogas, es gelte alle Möglichkeiten zu prüfen. Dominik Mattes möchte über einen Solarpark in der Tongrube in Schönach nachdenken. Für Felix Tiggeler sind Energieautarkie und CO²-Neutralität enorm wichtig. Man müsse auch an Wasserstoff denken, für dessen Herstellung große Solaranlagen nötig sind.

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Ab 2026 gibt es einen gesetzlicher Anspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule. Mit den beiden Grundschulen in Herdwangen und Großschönach verfügt man über zwei Standorte, die gleich behandelt werden sollten. Ist auch eine Zusammenlegung an einem Ort möglich? Ulrich Werner ist für eine dezentrale Lösung, macht aber auch deutlich, dass man die ökonomischen Zwänge nicht beiseitelegen dürfe. Dominik Mattes will beide Standorte prüfen. Zwei große Probleme seien Räume für eine Mensa und der Schülertransport. Mattes hat noch ein anderes Problem ausgemacht. „Man braucht da viele Ehrenamtliche. Das ist aber durchaus möglich. Jeder Euro ist da gut investiert.“ Felix Tiggeler kennt an seinem Wohnort Hohenfels die verlässliche Grundschule. „Die Unterstützung durch das Ehrenamt ist da echt groß. In Herdwangen-Schönach muss man erst einmal den Bedarf ermitteln und dann darüber diskutieren, ob es einen oder zwei Standorte braucht.“ Alexandra Kipp möchte sich auf das Urteil von Fachleuten verlassen und Andreas Schuster, der seit einem Jahr im Ort wohnt, ist die Einbeziehung der Eltern wichtig.

Immer wieder großen Applaus gab es für Fragen aus dem Publikum und die Antworten vom Podium.
Immer wieder großen Applaus gab es für Fragen aus dem Publikum und die Antworten vom Podium. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

„Der Bus zwischen Herdwangen und Schönach ist ein großer Wunsch“, hat Alexandra Kipp erkannt. Es bedürfe aber zunächst einer Analyse. Wer will wann wohin? Für Ulrich Werner ist der Rufbus „eine Krücke“, wenn man zwei Stunden vorher anrufen müsse. Er ist überzeugt, dass es eine gute Lösung gebe. Im Nahverkehrsplan des Landkreises sei eine Linie zwischen Herdwangen und Großschönach eingetragen. Felix Tiggeler hat herausgefunden, dass die Gemeinde eine der höchsten Pkw-Dichten im Land habe. Man müsse deshalb den ÖPNV deutlich stärken. Er will eine Vierteljahr testen, ob regelmäßige Fahrten des Rufbusses sinnvoll seien. „Der Rufbus ist nicht schlecht, man muss ihn nur bekannter machen“, forderte Dominik Mattes.

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Beim Thema Tourismus gab man sich selbstkritisch. Eine richtige Attraktion könne man im Ort nicht ausmachen, die Nähe zum Bodensee habe aber gewisse Vorteile. Tiggeler forderte einen kleinteiligen Tourismus. Man brauche aber zunächst Gaststätten. Das sieht auch Werner so, steht aber auf dem Standpunkt, dass es derzeit wohl Wichtigeres gebe. „Schnitzel ohne Konzept geht gar nicht“, ist Mattes überzeugt. Schuster fordert eine bessere Bewirtschaftung der Wanderwege und nannte hier explizit den Barfußweg, der in einem einem sehr schlechten Zustand sei. Für die Agraringenieurin Alexandra Kipp ist die Landwirtschaft „die Grundlage für alles, was man im Tourismus tun kann.“

Fragen zu Klima- und Naturschutz sowie der Inklusion

„Ich habe bislang noch keinen Ton zum Klima- und Naturschutz gehört“, kritisierte Armin Jäger aus Ebratsweiler.
„Ich habe bislang noch keinen Ton zum Klima- und Naturschutz gehört“, kritisierte Armin Jäger aus Ebratsweiler. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

In der Fragerunde des Publikums ging es um Landwirtschaft sowie den Klima- und Naturschutz. „Hierzu habe ich den ganzen Abend nichts gehört“, kritisierte Armin Jäger. Hier waren sich alle Kandidaten einig, dass man Flächen für die Natur braucht und auch die Landwirtschaft einbeziehen muss. Mehrfach wurde auch der Flächenverbrauch angesprochen, den man genau im Auge behalten müsse. Cornelia Lentl, Geschäftsführende Vorständin der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach e.V., hätte von den Kandidaten gerne einige Ideen zur Inklusion und zur inklusiven Quartiersentwicklung gehabt. Ulrich Werner kann sich vorstellen, dass man Menschen mit Behinderung mehr in die Gemeinde einbindet. Dominik Mattes ist überzeugt: „Inklusion kann nur gewinnen, wenn alle dabei sind.“ Deshalb wäre er auch dafür, dass bei der Amtseinsetzung auch die Lautenbacher Blaskapelle dabei sein darf. Andreas Schuster denkt an Projekte zusammen mit den Vereinen und Alexandra Kipp will „die Welt nicht neu erfinden“, sondern herausfinden, ob man anderswo vorhandene Projekte nicht auch in Herdwangen-Schönach realisieren kann. Felix Triggeler wünscht sich, dass die Gemeinde mehr nach Lautenbach kommt.

Stimme für den Erhalt des Rufbusses

„Wenn der Rufbus weg ist, dann sind wir auch weg“, meint Gabriele Unversucht, Rentnerin aus Lautenbach.
„Wenn der Rufbus weg ist, dann sind wir auch weg“, meint Gabriele Unversucht, Rentnerin aus Lautenbach. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

Dort wohnt auch Gabriele Unrecht. Die Rentnerin macht sich massiv für den Erhalt es Rufbusses stark. „Wenn der Rufbus geht, dann gehen wir auch“, stellte sie fest. Für die Lautenbacher sei der Rufbus oft die einzige Möglichkeit, irgendwo anders hinzukommen. Und der Wunsch sei groß, dass dies auch weiterhin möglich sein müsse. Nach rund zweieinhalb Stunden endete die Podiumsdiskussion des SÜDKURIER. Die Besucher diskutierten aber in kleinen Gruppen sehr intensiv weiter und sparten auch nicht an Lob für Manfred Dieterle-Löchle und Andreas Ambrosis.