Für 418 Besucher war am Dienstagabend die Ramsberg-Halle gestuhlt, allein es reichte nicht. Schnell wurden Dutzende weiterer Sitzgelegenheiten organisiert, denn immer noch strömten Frauen und Männer herein, um die offizielle Vorstellung der fünf Bewerber für die Bürgermeisterwahl am 5. März mitzuverfolgen. Für Bürgermeisterstellvertreter Peter Atzenhofer, der die Runde moderierte, ist das große Interesse Beleg, „wie sehr unsere Gemeinde Kommunalpolitik lebt.“ Entsprechend dem Eingang ihrer Bewerbung hatten Ulrich Werner, Dominik Mattes, Andreas Schuster, Felix Tiggeler und Alexandra Kipp dann 15 Minuten Redezeit plus einer zehnminütigen Fragerunde. Während ein Bewerber sich der Bürgerschaft präsentierte, warteten die Konkurrenten außerhalb des Saals.
Ulrich Werner stellt sich als Erster vor

Als Erster hatte Ulrich Werner die Bühne für sich. „Vor ihnen steht der Richtige“, startete der 55-jährige Jurist selbstbewusst, wofür es Beifall gab. Das Bürgermeisteramt sei nicht für Anfänger geeignet, denn der Rathauschef müsse auch Sachbearbeiter sein und über Fachkenntnisse verfügen, die er durch seine Tätigkeiten in der Verwaltung und freien Wirtschaft gesammelt habe. Seinen Führungsstil bezeichnete Werner, der aktuell in der Landesverwaltung arbeitet, als wertschätzend und kooperativ, nicht laut oder aufdringlich und er habe einen neutralen Blick auf Themen. Mit Hinweis auf sein Alter stellte der in Sulzbach am Neckar wohnhafte Werner klar, dass er auch für eine zweite Amtsperiode zur Verfügung stünde. Etliche Projekte listete er auf, die er angehen würde. Dazu gehört eine Bedarfsabfrage bei der Bevölkerung, wer in den nächsten drei bis fünf Jahren einen Bauplatz benötigt. Bei einem Zukunftsworkshop sollen mit der Bürgerschaft wichtige Themen besprochen werden, wobei er Herdwangen-Schönach zu einer energieautarken Gemeinde entwickeln will. Ein Treffpunkt für Jugendliche inklusive Beteiligung im Gemeinderat steht auf seiner Agenda, ebenso ein Starkregenmanagement, wofür es Förderprogramme des Landes gebe. „Tolle Ideen haben viele. Die Umsetzung macht den Unterschied“, warb Ulrich Werner um die Gunst der mehr als 400 Wähler im Saal.
Dominik Mattes bezeichnet Bildung als „Herzensangelegenheit“

„Bürgermeister ist eine anspruchsvolle Aufgabe“, ist sich Dominik Mattes der Herausforderung bewusst. Er kenne die kommunalen Strukturen und Gremienarbeit. Der der 32-Jährige will zuhören und den Menschen auf Augenhöhe begegnen. Deutlich wurde, dass sich der jüngste Kandidat, der in Uhldingen-Mühlhofen eine Kindertagesstätte leitet, sich in den vergangenen Wochen intensiv in der Gemeinde umgeschaut und umgehört hat. Als „Herzensangelegenheit“ bezeichnete er die Bildung, wobei er mit den Leitern der Kindergärten und Schulen schon gesprochen habe. Die ab 2026 gesetzlich garantierte Ganztagsbetreuung für Grundschüler bezeichnete er als „Mammutaufgabe“, wo es sicher Diskussionsbedarf gebe. Mattes sprach sich für den Erhalt der beiden Grundschulstandorte aus. Beim öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) soll das Rufbussystem verbessert werden und ein Jugendforum soll ein Konzept für die Beteiligung von Jugendlichen erarbeiten. Das Nahwärmekonzept will er erweitern und auf gemeindeeigenen Gebäuden Photovoltaikanlagen (PV) errichten. Auch in der Tongrube kann sich Mattes eine Solaranlage vorstellen. In der Gemeinde hat er etliche Leerstände entdeckt und will mit Eigentümern sprechen, um hier eventuell Wohnraum schaffen zu können.
Andreas Schuster bezeichnet sich als Macher

„Jetzt haben sie eine richtige Wahl“, war Andreas Schuster von der Besuchermenge sichtlich überwältigt. Schier als Plädoyer seiner privaten wie beruflichen Biografie gestaltete der Rechtsanwalt, der mit der Familie seit 2014 in Herdwangen-Schönach wohnt, die ersten zehn Minuten seiner Redezeit. Mit Gemurmel wurde die Aussage quittiert, dass er mit seinem Anwaltsberuf durchaus zufrieden sei. Schuster bezeichnete sich als Macher, der etwas bewirken wolle und „von der Basis für die Basis arbeitet.“
Mit seiner Kandidatur wolle er der Gemeinde, in der er sich heimisch fühle, etwas zurückgeben. Ralph Gerster bescheinigte er, dass dieser solide gearbeitet habe, wobei der Unmut etwas größer geworden sei. Beispielhaft nannte er verstopfte Gullydeckel und den verwilderten Barfuß-Pfad. Er wolle sich dafür einsetzen, dass die Regio-Bus-Linie 500 auch Großschönach einbindet.
Felix Tiggeler will eine vorausschauende Kommunalpolitik

„Der Bürgermeister ist ein Ermöglicher. Ein fürsorglicher Unterstützer“, will Felix Tiggeler „vom Reden ins Handeln kommen.“ Transparenz und Kommunikation sind für den 57-Jährigen, der seit 27 Jahren in Hohenfels wohnt, wichtige Eigenschaften eines Bürgermeisters, und er verfüge als Meister des Zuhörens und Verstehens über diese persönlichen Stärken. Entscheidungen auf kommunaler Ebene müssten stets in ihrer Gesamtheit betrachtet und deshalb eine vorausschauende Politik betrieben werden.
So bedeute die Ausweisung von 20 Bauplätzen im Idealfall zusätzlich 20 Familien mit 40 Kindern, die dann Kindergarten- und Schulplätze benötigten. Den Ausbau erneuerbarer Energien hat sich Tiggeler, der aktuell als Projektbegleiter im Bereich erneuerbare Energien arbeitet, auf die Fahnen geschrieben, was er mit einem Mix aus Nahwärme, PV-Anlagen und auch Windrädern erreichen will, wie er auf eine Publikumsfrage erklärte. Um die Akzeptanz von Windrädern zu erhöhen, müsse man die Bürgerschaft wirtschaftlich daran beteiligen und so die Wertschöpfung in der Gemeinde halten.
Alexandra Kipp ist Marketingexpertin

„Ich werde mich schnell einarbeiten“, versprach Alexandra Kipp den Besuchern und verhehlte nicht, dass sie nicht über die klassischen Verwaltungswerkzeuge verfüge. Als offen, direkt, bodenständig, kommunikativ und beruflich erfolgreich charakterisierte sich die studierte Agraringenieurin, die derzeit im Energiepark Hahnennest die weltweite Vermarktung der durchwachsenen Silphie verantwortet. „Projektleiterjob. Da bin ich gut“, erklärte die einzige Frau im Bewerberfeld, dass sie über ein gutes Netzwerk verfüge, viel Erfahrung im Marketing mitbringe und Themen wie Bildung, Tourismus und erneuerbaren Energien im Fokus habe. Sie sprach sich klar für den Ausbau der Fotovoltaik aus und strebt eine flächensparende Baulandpolitik an. Als „wichtigen Anker“ bezeichnete sie die Vereine. Für Bürger, die sich an kommunalen Debatten beteiligen wollen, will Kipp eine Plattform bieten. Auf die Frage, ob sie bei einem Wahlsieg ihren Wohnsitz nach Herdwangen-Schönach verlegen würde, antwortete 39-Jährige offen, dass sie gerne in ihrem Häuschen in Stetten am Bodensee wohnen bleiben würde.