Eigentlich ist die Sache bereits vom Tisch, nachdem der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 18. Januar entschieden hat, der Deutschen Telekom Technik vorzuschlagen, als Standort für einen neuen Mobilfunkmast einen Platz bei der Kläranlage in Großschönach zu nutzen. Doch die Mitglieder der Ortsgruppe „5G-freies Herdwangen-Schönach“ wollen sich mit diesem Beschluss nicht abfinden. Sie nutzten die Bürgerfragestunde am Dienstagabend bei der Sitzung des Gemeinderats, um die Gemeinderäte zu bitten, ihre Entscheidung zu revidieren und einen alternativen Standort, der weiter von der Wohnbebauung entfernt liegt, zu wählen.

Thema zu schnell abgehandelt?

Zunächst ergriff Sabine Hausmann das Wort. Sie schilderte, wie sie sich als Bürgerin sowohl in der Suche nach einem geeigneten Mobilfunkstandort, als auch für das Dorv-Projekt mit dem Kernthema „Nahversorgung in Schönach“ engagiert habe. „Für mich hat es sich als ganz frappierend unterschiedlich herausgestellt, wie in beiden Angelegenheiten entschieden wurde“, sagte Hausmann.

Kein Netz? Im Gewerbegebiet Branden im Ortsteil Herdwangen sorgt ein Sendemast für Empfang. Ein zweiter soll in Schönach folgen, doch ...
Kein Netz? Im Gewerbegebiet Branden im Ortsteil Herdwangen sorgt ein Sendemast für Empfang. Ein zweiter soll in Schönach folgen, doch der Standort ist umstritten. | Bild: Kirsten Johanson

Bezüglich eines Dorfladens habe sich die Dorv-Gruppe durch die „Thematik durchgekämpft und Modelle gewälzt“, bis man auf das Tante-m-Konzept gekommen sei, für das sich der Gemeinderat in der ersten Sitzung des Jahres auch entschieden hatte. Beim Mobilfunk hätten die Bürger ebenfalls gekämpft und sich ausgiebig über das Thema informiert. „Ich fand, dass dieses Thema dann in der Sitzung viel zu schnell abgehandelt worden ist“, sagte Hausmann.

Beim Infoabend stellte Hans Ulrich per Videoschalte die Standorte vor.
Beim Infoabend stellte Hans Ulrich per Videoschalte die Standorte vor. | Bild: Robert Reschke

Sie bedauerte, dass das Statement von Gemeinderat Hermann Fetscher, der sich für einen anderen Standort eingesetzt hatte, „ganz schnell weggewischt worden ist“. „Das ist etwas, das ich als völlig ungerecht empfinde, dass die Mobilfunkinitiative derart negiert wurde. Das Statement von Hermann Fetscher wurde nicht ernst genommen“, meinte Hausmann.

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Das Gutachten von Experte Hans Ulrich aus München habe mehrere Standorte für einen Mobilfunkmast analysiert. „Ich habe mir das alles noch einmal genau durchgelesen. Es war wirklich nicht so, dass Hans Ulrich den jetzt gewählten Standort bei der Kläranlage empfohlen hat. Er hat einfach die Vor- und Nachteile der Standorte geprüft“, sagte Sabine Hausmann. Der Gemeinderat habe das Votum der Bürger, die alle keinen Standort am Wohnort haben wollten und auch kein 5G, gekannt. „Wenn der Standort jetzt kommt und auch noch andere Anbieter ihn nutzen, dann wird es eine massive Bestrahlung von Stockfeld und dem gesamten Umfeld, wie Kunsthalle und Nachtweide, geben. Dort gehen viele spazieren. Sie wollen in Ruhe gelassen werden“, betonte die Bürgerin.

Eindringliche Bitte, den Standort zu überdenken

Im Sinne der Daseinsvorsorge, in der sich alle – Bürger, Bürgermeister und Gemeinderat – engagieren, habe man den Dorfladen gewollt. „Und wir wollen im Sinne der Daseinsvorsorge auch eine normale Strahlenbelastung für die Bürger“, betonte Hausmann. Sie schloss ihren Beitrag mit der eindringlichen Bitte, den Standort zu überdenken. Die Mobilfunkinitiative hatte im Vorfeld der Sitzung bereits einen entsprechenden Brief an Bürgermeister Ralph Gerster und die Gemeinderäte geschickt (siehe Artikel unten).

Dieser hohe Mobilfunkmast steht in der Nähe vom Hüttenbühl außerhalb der Ortsgrenze von Herdwangen. In Großschönach gibt es bislang ...
Dieser hohe Mobilfunkmast steht in der Nähe vom Hüttenbühl außerhalb der Ortsgrenze von Herdwangen. In Großschönach gibt es bislang keinen Mobilfunkstandort. | Bild: Kirsten Johanson

Anschließend ergriff Bürgerin Waltraud Hornstein das Wort. Sie wollte wissen, inwiefern das ihrer Meinung nach eindeutige Unterschriftenvotum der Großschönacher Einwohner vom Gemeinderat bei der Abstimmung berücksichtigt worden sei. Wie Hornstein vortrug, hatten von den laut Einwohnerstatistik 1540 Bürgern von Großschönach 439 gegen einen Mobilfunkmast unterschrieben.

Unterschriften stehen nach Meinung der Initiative für 878 Einwohner

Da wegen Abwesenheit bei der geschätzten Hälfte der Unterschriften ein bis zwei Haushaltsmitglieder nicht unterschreiben konnten und in den betreffenden Haushalten ein bis drei Kinder leben würden, würden die Unterschriften mindestens doppelt so viele Einwohner vertreten, als die Anzahl dieser Unterschriften ergebe. Das heißt, die Initiative geht davon aus, dass die Unterschriften tatsächlich für 878 Einwohner stehen. „Das wären 57 Prozent der Einwohner, also klar die Mehrheit“, sagte Hornstein.

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Hans-Peter Bernhardt fügte in seinem Beitrag an, dass die Strahlenbelastung steige, wenn sich auch andere Anbieter beim geplanten Mobilfunkmast einklinken würden. Er erinnerte daran, dass der Gemeinderat beschlossen habe, dass ein Abstand von 500 Metern zur Wohnbebauung eingehalten werden müsse und bat darum, auf diese Vorgabe zu achten.

Standort sei von Hans Ulrich empfohlen worden

Bürgermeister Ralph Gerster bestätigte, dass Hans Ulrich nicht vorgegeben habe, dass der Standort an der Kläranlage zwingend ausgewählt werden sollte. Ulrich habe den Standort aber empfohlen, da dieser wegen seiner Lage und Kapazität mittelfristig die Gewähr dafür biete, dass nicht Anfragen für weitere Standorte, etwa in Richtung Hügelhof oder Sohl, auf die Gemeinde zukämen. Der von Hermann Fetscher favorisierte Standort decke nicht das gesamte Gebiet ab. „Ich glaube nicht, dass wir die Mobilfunkinitiative negiert haben“, sagte Gerster zu den Vorwürfen von Sabine Hausmann. Die Initiative habe ein Gutachten gewünscht, diesem Wunsch sei man nachgekommen. Man habe die Ergebnisse bei einer Informationsveranstaltung vorgetragen, bei der auch die Mobilfunkinitiative ihre Fragen stellen konnte, erinnerte Gerster.

Unterschriftenliste lag dem Gemeinderat vor

Die Unterschriftenliste sei dem Gemeinderat bekannt gewesen; vor diesem Hintergrund habe das Gremium seine Entscheidung getroffen. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass für den Standort am Stockfeld im Gutachten eine Feldstärke von 2,1 Volt pro Meter ausgewiesen seien. Sollten weitere Mobilfunkanbieter den Mast nutzen, erhöhe sich dies jeweils um den Faktor von 1,4.

Belastung liegt weit unter dem zulässigen Höchstwert

Damit liege man weit unter dem in Deutschland zulässigen Höchstwert von 40 Volt pro Meter. Zum Einwand von Hans-Peter Bernhard meinte Ralph Gerster, dass sich der Beschluss, dass ein Mobilfunkmast 500 Meter von der Wohnbebauung entfernt sein müsse, auf damalige Pläne für einen Standort am Möhrlehof bezogen hätte.

Keine Wortmeldung aus dem Gremium

Für eine Änderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 18. Januar müssten laut Gemeindeordnung neue Sachverhalte vorliegen. Dies sieht Ralph Gerster derzeit nicht gegeben. Aus dem Gremium kam keine Wortmeldung.

„Aufschrei in der Ortgruppe 5G-freies Herdwangen-Schönach“

Unter dem Titel „Aufschrei in der Ortgruppe 5G-freies Herdwangen-Schönach“ hat die Gruppe mit Datum vom 28. Januar ein Schreiben an Bürgermeister Ralph Gerster und die Gemeinderäte verfasst und dieses auch ins Rathaus geschickt. Bürgermeister Ralph Gerster hat dem Gremium den Brief übermittelt. In dem Schreiben, das dem SÜDKURIER vorliegt, heißt es wörtlich: „Bei der Gemeinderatssitzung am 18. Januar in der Ramsberghalle wurde entschieden, dass der zukünftige Mobilfunkmast am Recyclinghof in Großschönach aufgestellt werden soll. Das hat Unverständnis ausgelöst bei den Menschen, die Bedenken haben bezüglich der gesundheitlichen Auswirkungen durch die Strahlung.

Im Gutachten gab es eine vertretbare Alternative zu dem Standort am Recyclinghof. Es haben etwa 470 Anwohner aus Schönach ihre Unterschrift gegeben gegen einen Mast im Ort, und sie können natürlich in keiner Weise verstehen, dass nun diese Nähe des Masts zu ihrem Wohnort ausgewählt wurde, obwohl die Meinung der Bürger in Form der Unterschriftensammlung offenkundig war.

Die Bürgerinitiative bittet den Gemeinderat eindringlich, auch im Namen von all den Bürgern, die Bedenken haben wegen des Standortes, seine Entscheidung zu ändern und den anderen Standort in Richtung Hattenweiler, weiter weg von den Wohnhäusern, zu wählen.“