Dutzende Kilogramm an unterschiedlichen Drogen wurden im Jahr 2020 durch die Kriminalpolizei im Bereich der Staatsanwaltschaft Hechingen beschlagnahmt und somit im Landgerichtsbezirk Hechingen, zu dem auch der Landkreis Sigmaringen gehört, aus dem Verkehr bezogen. Von Marihuana und Ecstasy sowie LSD über Kokain bis hin zu Heroin füllten im vergangenen Jahr jede Menge Substanzen die Asservatenkammern der Kriminalpolizei.
Razzia im Landkreis Sigmaringen sorgt für Aufsehen
Im Landkreis Sigmaringen sorgte eine Razzia für Aufsehen. Spezialkräfte des Sondereinsatzkommandos und Einheiten der Kriminalpolizei hatten im April 2020 das Vereinsheim eines Motorradclubs in Laiz durchsucht. Neben dem Vorwurf des Handeltreibens mit Drogen in erheblichem Umfang gegen drei Angeklagte mussten sich in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Hechingen der Präsident des Rockerclubs und ein ihm untergeordneter Komplize aus dem Rockermilieu auch wegen Brandstiftung verantworten.
Brandstiftung und Drogendeals: Mehrjährige Haftstrafen verhängt
Ihnen wurde vorgeworfen, ein Auto in Überlingen angezündet zu haben, um dadurch Inkassodienste für einen Dritten zu leisten, also diesen Mann unter Druck zu setzen. Zudem handelten sie im Landkreis mit Drogen und deponierten ihre Einnahmen unter anderem in einem Bankschließfach in einer Pfullendorfer Bank. Nach einem spannenden Prozess mit mehreren Verhandlungstagen, über die der SÜDKURIER ausführlich berichtete, wurden die Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Rekordfund im Zollernalbkreis: 77 Kilogramm Marihuana
Im Dezember 2019 hatten Fahnder aus Balingen in einer Lagerhalle und einem dort abgestellten Fahrzeug rund 77 Kilogramm Marihuana mit einem Wert von rund 140 000 Euro sichergestellt. Das war der bislang größte Rauschgiftfund im Zollernalbkreis. Dem Drahtzieher war zwar zunächst die Flucht gelungen, im Juni 2020 gelang dann den Ermittlern nach monatelanger Arbeit die Festnahme. Vor dem Landgericht Hechingen wurde der Mann zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Sein Komplize wurde zu vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Auswertung der Telekommunikation bringt Erfolg
Im Herbst 2020 war es einer Ermittlungsgruppe des Kriminalkommissariats Balingen gelungen, mehrere Drogenhändler zu ermitteln, die kiloweise mit Kokain, Heroin und Marihuana im Raum Balingen, Albstadt und Haigerloch handelten. Über die Auswertung verschlüsselter Telekommunikation aus dem „Encrochat-Netzwerk“, die von französischen Ermittlungsbehörden sichergestellt worden war, konnten die Ermittler einzelne Taten exakt nachweisen, bei denen Erlöse im fünfstelligen Eurobereich erzielt wurde. Sechs Tatverdächtige konnten verhaftet werden. In den nächsten Monaten beginnen die Hauptverhandlungen vor der Großen Strafkammer.
Stalking: 29-Jähriger stellt Frau massiv nach
Aber nicht nur die Rauschgiftkriminalität beschäftigte die Staatsanwälte in Hechingen. Im Oktober 2020 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 29-Jährigen wegen Stalkings. In ganz erheblichem Ausmaß soll er einer Frau mit Anrufen und Nachrichten nachgestellt haben. Das Opfer hatte den Mann bereits mehrfach angezeigt, aber auch eine Haftstrafe hatte den Täter nicht zur Vernunft gebracht. Vor lauter Liebeskummer hat der Mann an öffentlichen Orten in mehreren Landkreisen Graffitis mit dem Namen seiner Angebeteten hinterlassen, zum Großteil allerdings mit Beleidigungen. Seit August 2020 sitzt der 29-Jährige jetzt in Untersuchungshaft. Im Februar 2021 wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Geiselnahme im Landratsamt Sigmaringen
Für großes Aufsehen hatte eine Geiselnahme im Juni 2020 im Landratsamt in Sigmaringen gesorgt. Ein nigerianischer Staatsbürger wurde Anfang dieses Jahres durch das Landgericht zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Er hatte in der Zulassungsstelle der Sigmaringer Behörde eine Frau als Geisel genommen und ihr ein Messer an den Hals gehalten. Außerdem nahm er die Frau in den Schwitzkasten. Den Polizeibeamten war es gelungen, die Frau mit der Hilfe von Pfefferspray zu befreien. So blieb die Frau körperlich unverletzt. Das Gericht war trotz der Traumatisierung des Angeklagten aus dessen beschwerlicher Flucht nach Europa zu dem Schluss gekommen, dass hier eine besondere Schwere vorliegt.
Nach fast zehn Jahren: Insolvenzverschleppung geahndet
Bankrotte und Insolvenzverschleppungen beschäftigte die Staatsanwaltschaft in Hechingen im Jahr 2020 in vielen Fällen. Zwei Verantwortliche eines ehemaligen Textilunternehmens aus dem Bereich Hohenzollern und ein mutmaßlicher Investor konnten wegen eines Falls zur Verantwortung gezogen werden, der bald zehn Jahre zurückliegt. Nach mehr als einem Jahr Hauptverhandlung konnte der Hauptangeklagte zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt werden. Der Prozess gegen zwei Mitangeklagte läuft noch.
Veruntreuung: Senioren über den Tisch gezogen
Im Bereich der Wirtschaftskriminalität verhandelte das Schöffengericht vor allem wegen des Vorwurfs der Untreue. In zwei Fällen wurden Senioren um einen Teil ihres Vermögens gebracht. Ein Ehepaar konnte im Oktober wegen Untreue beziehungsweise Beihilfe zu zwei Jahren und sechs Monaten beziehungsweise einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung bestraft werden. Außerdem müssen sie rund 50 000 Euro zurückzahlen. In einem zweiten Verfahren wurde ein Angeklagter im Dezember wegen mehrerer Taten zu einer Haftstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt. Im März 2020 musste sich die Betreiberin eines Pflegedienstes mit ihrer Komplizin ebenfalls wegen Untreue verantworten. Im Auftrag eines älteren Mannes spielten die Angeklagten Lotto. Einen Gewinn in Höhe von mehr als 700 000 Euro steckten die Frauen in die eigene Tasche. Das Verfahren dazu ist noch nicht abgeschlossen.
Betrug mit Corona: Millionen-Schaden im Zollernalbkreis
Und auch die Corona-Pandemie beschäftigte die Staatsanwaltschaft. Ein 31-Jähriger aus Albstadt hat im Sommer 2020 die große Nachfrage nach Schutzmasken und Handschuhen ausgenutzt, um einen Millionen-Betrug zu begehen. Mit einem Komplizen, der aus der Türkei heraus agierte, soll der Beschuldigte 550 000 Packungen Handschuhe verkauft haben, die er gar nicht besaß. Die geschädigte Firma überwies dem Mann rund 2 Millionen Euro auf ein Konto in der Türkei. Geliefert wurde die Ware nicht. Dieser Fall wird derzeit vor der Großen Strafkammer in Hechingen verhandelt.