Wegen unerlaubten Besitz und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie Brandstiftung sind vier Mitglieder einer Rockergruppe (34, 33, 26 und 24 Jahre) aus dem Kreis Sigmaringen vor dem Landgericht Hechingen unter Vorsitz von Vizepräsident Hannes Breucker angeklagt. Der Prozess wurde unter großen Sicherheitsvorkehrungen eröffnet und wird über mehrere Verhandlungstage fortgeführt. Die vier Angeklagten wurden alle mit Fußfesseln aus der Untersuchungshaft in den Gerichtssaal gebracht. Eine Gruppe von etwa 20 Beamten der Sicherungsgruppe für Gerichte und Staatsanwälte durchsuchte mit großer Sorgfalt jeden Besucher der Verhandlung. Anschließend bewachten sie die vier Mitglieder der Rockergruppe auf der Anklagebank.
Clubheim als Drogenumschlagplatz
Aus der von Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter verlesenen Anklage ging hervor, dass der Präsident (33) der Rockergruppe am 20. Oktober des vergangenes Jahres 200 Gramm Marihuana im Clubheim in einer Kreisgemeinde verkauft haben soll. Im Januar 2020 sollen ihm zwei Mit-Angeklagte (34, 24) zwei Kilogramm der Droge aus Rotterdam ins Clubheim mitgebracht haben, für die der Präsident eine Anzahlung von 3 500 Euro leistete. Die Drogen verkaufte er dann an diverse Abnehmer weiter.
Zoll findet bei zufälliger Kontrolle fast zehn Kilo Marihuana
Ein weiterer Deal platzte am 4. März dieses Jahres durch einen Zufall. Auf der Fahrt von Rotterdam nach Sigmaringen wurden die beiden Mit-Angeklagten auf der Autobahn bei Geisingen einer Kontrolle durch den Zoll unterzogen. Dabei wurden in ihrem Mercedes Citan 9,6 Kilogramm Marihuana in einem eingebauten Versteck gefunden und beschlagnahmt. Das beschlagnahmte Marihuana sollte für 35 000 Euro an den angeklagten Präsidenten verkauft werden.
Ermittler finden bei Razzia Drogen und Waffen
Am 29. April wurden im Clubheim weitere Drogen (Amphetamine, Heroin und ein Kokainstein) von den Ermittlern beschlagnahmt, die der Präsident dort verwahrt hatte. Zeitgleich wurden in Herdwangen-Schönach bei einem 26-jährigen Angeklagten dreißig Gramm Marihuana, ein Springmesser und ein Butterflymesser beschlagnahmt.
Brandstiftung in Überlingen
Der 26-Jährige wird zudem beschuldigt am 12. November gegen 23.55 Uhr ein Auto, einen Volvo, in Überlingen im Auftrag des Präsidenten angezündet zu haben. Der 26-Jährige musste sich deshalb auch wegen Brandstiftung vor Gericht verantworten, sein Präsident wegen Anstiftung zur Brandstiftung. Der Brand sollte dem Geschädigten als „Warnung“ dienen, weil er mit dem Inhaber einer Baufirma aus Stockach einen Streit hatte. Der Geschädigte wollte die Leistungen der Baufirma nicht bezahlen. Die Staatsanwaltschaft bezifferte den Totalschaden des Autos auf 30 000 Euro.
Zeuge erhält Drohanrufe und Erpresserbrief
Der als Zeuge geladene Überlinger berichtete dem Gericht ausführlich und detailliert über die Vorgeschichte, die zur Brandstiftung führte. Nach erheblichen Differenzen mit einer polnischen Baufirma sei bei ihm ein Fenster mit einem Stein eingeworfen und sein Mülleimer angezündet worden. Neben Drohanrufen habe er dann einen Erpresserbrief erhalten, den er vor Gericht vorlas.
Erpresser droht Familie
Der Erpresser schreibt darin unter anderem: „Bis morgen zahlst du deine Schulden oder wir besuchen deinen Sohn. Die Polizei kann dir nicht helfen. Mit freundlichen Grüßen Deine Gläubiger“. Dieser Brief hinterließ bei der jetzigen Verhandlung einen so nachhaltigen Eindruck, dass er vom Gericht als Kopie zu den Akten genommen wurde. Sichtlich bewegt schloss der Zeuge seine Aussage mit dem Hinweis, dass insbesondere seine Frau unter den Drohungen furchtbar gelitten habe.
Brandstifter räumt Tat ein
Die Angeklagten machten in Begleitung ihrer Anwälte ausführliche Angaben zu ihrer Person. Ihnen wurden Dolmetscher für die türkische und albanische Sprache zur Seite gestellt. Der Verteidiger des 26-Jährigen wies das Gericht zu Beginn der Verhandlung darauf hin, dass sein Mandant sowohl den Besitz der bei ihm beschlagnahmten Drogen und Messer, als auch die Brandstiftung in Überlingen einräumt. Dazu verlas der Verteidiger ein Schreiben Schreiben, in dem sich sein Mandant beim Geschädigten nicht nur für die Brandstiftung entschuldigt, sondern auch eine Wiedergutmachung des Schadens anbot.
Staatsanwalt lehnt Aufhebung des Haftbefehls ab
Zu Beginn des Verfahrens erläuterte Hannes Breucker den Ablauf des Verfahrens verbunden mit der Bitte an die fünf Verteidiger, weitere Anträge rechtzeitig zu stellen, um Pausen zu verhindern. Darüber hinaus habe das Gericht auch ein so genanntes Selbstleseverfahren vorbereitet, um zu vermeiden, dass stundenlang Urkunden und Dokumente verlesen werden müssen. Am Nachmittag beantragt einer der beiden Verteidiger des 26-Jährigen mit Blick auf das Geständnis seines Mandanten die Aufhebung des Haftbefehls. Sein Mandant habe keine so heraus gehobene Stellung in der Rockergruppe gehabt. Oberstaatsanwalt Beiter lehnte den Antrag sehr energisch mit der Begründung ab, dass die Brandstiftung eine Mutprobe des 26-Jährigen innerhalb der Rockergruppe und damit für eine kriminelle Organisation gewesen sei.