Bei der Prozessneuauflage vor dem Amtsgericht Sigmaringen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung ist eine 74-Jährige aus einer kleinen Kreisgemeinde schuldig gesprochen worden. Amtsrichterin Julia Veitinger bestätige das bereits am 9. Oktober gefällte Urteil und verhängte gegen die Frau eine siebenmonatige Freiheitsstrafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Auch bleibt es dabei, dass ihr die Fahrerlaubnis erst nach Ablauf der 16-monatigen Sperrfrist, also in vier Monaten, wieder erteilt werden darf. Und sie hat eine Geldauflage in Höhe von 1200 Euro an die Nachsorgeklinik Tannheim zu entrichten. Da alle Beteiligten ausdrücklich ihren Rechtsmittelverzicht erklärten, ist das Urteil unanfechtbar.
Tragischer Unfall im November 2023
Gegen das bereits im Oktober verkündete Urteil hatte die 74-Jährige mit ihrem Verteidiger Einspruch erhoben. So wurde der Prozess zum tragischen Verkehrsunfall, der sich im November 2023 ereignete, als die Angeklagte mit ihrem Auto mit einer 17-jährigen Motorrollerfahrerin an der Kreuzung nach Bittelschieß zusammenstieß und diese tödlich verletzte, erneut aufgerollt.
Verteidiger erklärt das Nichterscheinen bei erster Verhandlung
Das Verfahren beschränkte sich jedoch auf die Rechtsfolge, wegen der negativen Straftatbestandsmerkmale, die nach Angaben des Verteidigers in der Öffentlichkeit gegenüber der Angeklagten entstanden seien. Ihr Verteidiger Jürgen Waizenhöfer führte vor Gericht aus, dass seine Mandantin keine Person sei, die „achtlos mit Menschen umgeht, sich vor der Verantwortung drückt“. Sie sei völlig unbescholten und im Gemeindeleben als sehr hilfsbereit bekannt, in vielen Ehrenämtern tätig. Durch die mediale Berichterstattung (Waizenhöfer: „Kein Vorwurf!“) über den Oktober-Prozess, indem seine und die seiner Mandantin tatsächliche Abwesenheit kritisiert worden war, sei ein „schlechter Eindruck entstanden“. Dieses Bild wolle er durch die eingelegten Rechtsmittel zu korrigieren. Waizenhöfer erklärte, weshalb er mit seiner Mandantin dem Prozesstermin im Oktober fern geblieben war. „Meine Mandantin hat es nicht einfach, ich wollte ihr die Konfrontation ersparen“, wies er auf ihren gesundheitlich angeschlagenen Zustand hin. Sie habe darüber hinaus ihren Ehemann verloren. Sodann tat er kund, im Vorfeld das Gericht telefonisch kontaktiert und ihm signalisiert zu haben, das jedes Strafmaß akzeptiert würde. Ein Einvernehmen mit dem Richterkollegium war dabei nicht erzielt worden. Richterin Julia Veitinger hatte dazu bemerkt, dass keinerlei Erklärungen für das Ausbleiben der Beiden vorlägen.
Staatsanwältin hält an Strafmaß fest
Staatsanwältin Sarah Hausmann nahm zur Kenntnis, dass die 74-Jährige geständig war und Verantwortung gezeigt hätte. Dennoch hätte ihr fahrlässiges Verhalten die denkbar schlimmsten Folgen mit der Todesfolge der 17-Jährigen gehabt. So hielt sie an ihrem Strafantrag fest, die Angeklagte für sieben Monate zu verurteilen, was für zwei Jahre zur Bewährung auszusetzen wäre. Auch ihre Fahrerlaubnis bleibt für 16 Monate – die Sperrfrist läuft in vier Monaten ab.
Beschuldigte ist sehr mitgenommen
Die Angeklagte selbst machte im Gerichtssaal einen sehr mitgenommenen Eindruck. Eigene Angaben machte sie zum tragischen Verkehrsunfall im November 2023: Im Halbdunkel des frühen Morgens sei sie langsam an die Kreuzung von Bittelschieß herangefahren, habe nach rechts und links geblickt, aber bei der Überquerung der Kreisstraße die aus Pfullendorf in Richtung Krauchenwies nahende 17-Jährige mit ihrem Motorroller „mit kleinem Blick erkannt“. Es täte ihr sehr leid, wiederholte sie mehrfach.
Kein Verzeihen nach dem tragischen Unglück
Der Vertreter der Nebenklage, Rechtsanwalt Karl Abt, schloss sich dem Plädoyer der Staatsanwältin an. Er machte die Dramatik deutlich, welcher Einschnitt der tödliche Unfall ihrer Tochter im Leben der beiden Eltern hat. Dem Vater, der beabsichtigte, am Prozess teilzunehmen, sei von ärztlicher Seite deutlich abgeraten worden, im Amtsgericht zu erscheinen. Die Eltern seien „komplett überfordert“, sagte Abt. „Die Mutter empfindet keinen Hass, könne das tragische Unglück aber auch nicht verzeihen, beide wünschten sich ein gerechtes Urteil“. „Es geht uns nicht darum, das Strafmaß anzugreifen“, machte Verteidiger Waizenhöfer nochmals deutlich und solidarisierte sich mit den Ausführungen der Staatsanwältin.