Die Lesereise „Stadler & Friends“, die das Literaturnetzwerk Oberschwaben (LiO) jüngst organisierte, endete an einem der geschichtsträchtigsten Orte im Landkreis Sigmaringen: der Heuneburg. Der Schriftsteller Arnold Stadler suchte sich diesen Platz aus, da von dort der Bussen, der „oberschwäbische Kilimandscharo“, gut zu sehen ist. Als Gesprächspartnerin war die Malerin und Schriftstellerin Alissa Walser eingeladen, die jedoch aus Krankheitsgründen absagen musste. Deshalb übernahm Moderator Siegmund Kopitzki, ehemaliger Kultur-Redakteur des SÜDKURIER, die Rolle des Gesprächspartners. Beide verbindet eine langjährige Freundschaft.

Fast alle Hände gingen nach oben, als Annette Maria Rieger von LiO nachfragte, wer mehrere Lesungen der Reihe „Stadler & Friends“ besucht habe. Das zeigte ihr, dass alle Gäste gerne wiedergekommen sind, um an den unterschiedlichen charmanten Orten mit interessanten Gesprächspartnern dabei zu sein. Und obwohl sich das ein oder andere wiederholte, hatten die Unterhaltungen stets ein anderes Gepräge und blieben immer anregend. „Wir sind durch die vielen Facetten reich beschenkt worden“, warf Rieger einen ersten, fast wehmütigen Blick zurück beim Auftakt dieser letzten Veranstaltung der Reihe.
Stiftung des Landes unterstützt
Zu verdanken sei diese Lesereise zunächst einmal dem Anlass 70 Jahre Baden-Württemberg, wie Arnold Stadler gleich zu Beginn anmerkte. Denn die Baden-Württemberg-Stiftung habe aus diesem Grund die sechs Lesungen finanziell unterstützt. Er habe zusammen mit dem LiO die einzelnen Orte ausgesucht. „Sie sind am Rande meiner engeren Heimat“, beschrieb er die Auswahl. Der Bussen, von der Heuneburg aus gut zu sehen, sei einer seiner Referenzorte. Deshalb sollte die Lesung ursprünglich im Freien stattfinden, mit Blick auf den Bussen, doch angesichts von Hitze und Wind ließ sich die Lesung in der Scheune angenehmer gestalten.

Nach den anstrengenden zwei Wochen, in denen der Schriftsteller neben der LiO-Reihe noch zu weiteren Lesungen unterwegs war, wollte Siegmund Kopitzki wissen, ob diese Stadler Spaß gemacht hätten. „Das Wort Spaß kommt in meinem Wortschatz nicht vor“, erklärte er kurz und knapp. Das Wort habe zu sehr Fun-Charakter, der ihn abstoße. Er bezeichne es als Freude, und diese gebe es nicht ohne Anstrengung. Er erinnerte an die stimmungsvolle Lesung im Josefsgarten des Klosters Beuron inmitten der Kunst der Beuroner Schule mit Walle Sayer. „Ihn habe ich ausgewählt, weil ich ihn für ganz toll halte“, betonte er. „Ich schreibe ein Leben lang an einem Buch“, erklärte der Schriftsteller. Immer komme eine neue Folge hinzu. „Verspürst du eine Lust zum Verbessern beim Wiederlesen deiner Bücher“, wollte Siegmund Kopitzki von seinem Freund wissen. Er variiere immer ein bisschen, wenn er aus seinen Texten lese, und manchmal mogle er etwas hinzu. „Sprache ist etwas Lebendiges“, begründete er die Abwandlungen. Und ergänzte: „Ich schreibe Partituren, keine toten Texte.“ Deshalb auch die kleinen Improvisationen am Rande.
Stadler erzählte, dass ein Reisebericht für die Wochenzeitung „Die Zeit“ ausschlaggebend für sein neuestes Buch „Und am siebten Tag flog ich zurück“ gewesen sei. Er durfte sich damals ein Reiseziel aussuchen. Ein Bild in seinem Elternhaus habe ihn dazu bewogen, zum Kilimandscharo zu reisen. Statt den Berg zu besteigen, wie viele Touristen, die in die Region reisen, habe ihm das Sehen genügt. „Das ist das Merkwürdige, dass mir immer das Sehen genügt“, sprach er wie zu sich selbst. Das Unterwegssein bezeichnete Stadler als eine Reise nach innen.
Fragen zum Geniewinkel Meßkirch
Nach dem Lesen des Abschnitts „Der Himmel über Steinhausen“ aus dem Buch „Einmal auf der Welt. Und dann so“ hatte das Publikum Gelegenheit, Fragen an Arnold Stadler zu stellen. Er wurde unter anderem nach dem Begriff Geniewinkel für Meßkirch gefragt, was ihn dazu veranlasste, über Baden und Oberschwaben zu sprechen. Regionen, die oft in den falschen Kontext gebracht würden. Aber es sei schon erstaunlich, dass aus dem kleinen Ort, der nach dem Wegzug der Fürstenberger einen Abstieg erlebte, so viele bedeutende Menschen gekommen seien – alleine drei Rektoren der Universität Freiburg. Damit schloss Arnold Stadler die Veranstaltung auf der Heuneburg und nahm sich noch Zeit beim Signieren seiner Bücher.