Bei der jüngsten Gemeinderatssitzung waren rund ein Dutzend Bürger als Besucher erschienen. Der Grund: Die Bioenergie Leibertingen hat in einem Schreiben deutliche Preissteigerungen angekündigt. Das sorgt bei den Nahwärmekunden für Unzufriedenheit und Fragen.
Gemeindeeigene Bioenergie
In der Gemeinde Leibertingen versorgt die gemeindeeigene Bioenergie Leibertingen GmbH rund 180 Haushalte mit Nahwärme aus einer zentralen Heizstation. Das Tochterunternehmen der Gemeinde war mehrfach Thema in der Sitzung. Zum einen wurde der Aufsichtsrat neu gewählt, zum anderen diskutierten die Räte über eine zusätzliche Einlage in das Unternehmen.
15 Cent mehr pro Kilowattstunde angedacht
Als die Kunden der Bioenergie Leibertingen Anfang Januar ihre Abrechnung samt neu berechneten Abschlägen erhielten, schien alles wie bisher. Der Verbrauchspreis pro Kilowattstunde war im Vergleich zum vergangenen Jahr kaum gestiegen. Auch die für das laufende Jahr zu zahlenden Abschläge bewegten sich offenbar im üblichen Bereich. Etwa drei Wochen später informierte die Bioenergie in einem weiteren Schreiben ihre Kunden über eine zu erwartende Preissteigerung. Danach beträgt der Nettopreis für die Kilowattstunde Nahwärme voraussichtlich 15 Cent – also rund 35 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Hohe Preise am Markt
„Nachdem die vertraglich vereinbarte Preisgleitklausel bisher die massiv gestiegenen Rohstoffpreise habe abpuffern können, greifen künftig leider die anhaltenden hohen Preise am Markt“, hieß es als Begründung in dem Schreiben. Und: „Wir nähern uns allmählich Preisen umliegender Anbieter, welche diese ihren Kunden bereits seit Jahren berechnen.“
Infoveranstaltung vorgeschlagen
Die in der Sitzung anwesenden Nahwärmekunden wollten von Bürgermeister Stephan Frickinger wissen, wie die angekündigten Preissteigerungen zustande kommen. Es herrsche akuter Aufklärungsbedarf, sagte einer der anwesenden Bürger und schlug vor, dass die Gemeinde ihre Nahwärmekunden in einer Informationsveranstaltung informieren solle.
Kein Fehlverhalten
Der Bürgermeister betonte mehrfach gegenüber den anwesenden Nahwärmekunden, dass die Gemeinde alles dafür tue, die Nahwärme so günstig wie möglich anzubieten. Auch Gerüchten, dass die Gelder für die Nahwärme ineffizient eingesetzt würden, stellte sich Frickinger entgegen. „Mit den eingenommenen Geldern bezahlt die Bioenergie die Hackschnitzel und das Biogas sowie Reparaturkosten. Sie hält noch nicht einmal einen Puffer für Erneuerungsmaßnahmen bereit.“ Frickinger verteidigte das Vorgehen der Geschäftsführung des gemeindeeigenen Unternehmens: „Keiner hat ein Fehlverhalten an den Tag gelegt.“ Die Gemeinde sei laut Frickinger stetig darum bemüht, die Energiekosten zu verringern, indem beispielsweise Angebote von anderen Hackschnitzel-Lieferanten angefragt würden.
Preissprung nach zwei Jahren
Es handle sich um Abschlagszahlungen und keine endgültige Rechnung, betonte Frickinger außerdem. Die Preise könnten sich laut Bürgermeister am Ende auch noch nach unten bewegen. „Ich hoffe, dass wir noch was am Preis drehen können“, sagte er. Außerdem hob er hervor, dass die Gemeinde ihren Nahwärmekunden „in einer chaotischen Weltmarktsituation“ in den letzten zwei Jahren eine Preisgarantie gegeben habe. Dieser Schutz sei laut Frickinger der Hauptbestandteil der neuen Verträge gewesen, die die Gemeinde vor zwei Jahren angeboten habe. „Sie haben die letzten zwei Jahre etwas weniger gezahlt, als sie faktisch hätten zahlen müssen, und jetzt ist der Sprung tatsächlich größer“, begründete er den Preissprung.
150.000 Euro Einlage stehen zur Diskussion
Dass die Finanzen der Bioenergie offenbar auf Kante genäht sind, wurde deutlich, als die Gemeinderäte über eine Einlage von 150.000 Euro in das gemeindeeigene Unternehmen diskutierten. Mit dem Geld soll eine Liquiditätslücke geschlossen werden, die laut Bürgermeister durch die Planungskosten für das nicht zustande gekommene Nahwärmenetz in Altheim und Thalheim entstanden ist. Außerdem trage die Bioenergie seit knapp zehn Jahren einen Verlustvortrag vor sich her, der durch die laufenden Einnahmen in der Vergangenheit nicht abgebaut werden konnte. Wie es insgesamt finanziell um die Bioenergie Leibertingen steht, durfte aber offenbar nicht preisgegeben werden. „Wir können über die Lage der Bioenergie nicht öffentlich beraten“, meinte Frickinger.

Gemeinderätin Silke Liehner betonte, dass bei einer Einlage im Gegensatz zu einem Kredit keine „klare Verpflichtung“ zur Rückzahlung bestehe. Sie tue sich deshalb schwer, zuzustimmen, meinte sie. „Es muss zeitnah eine Aufsichtsratssitzung einberufen werden, in der alles auf den Tisch kommt. Wir müssen ganz genau hingucken, wo wir noch was machen können“, forderte Gemeinderat Guido Amann. Auf Antrag von Gemeinderat Markus Bugge wurde das Thema Einlage am Ende vertagt, weil die Finanzierung der 150.000 Euro noch zu klären sei, wie Bugge meinte.
Wahl des Aufsichtsrates
Da nur Leibertingen und Kreenheinstetten derzeit mit Nahwärme versorgt werden, verständigten sich die Gemeinderäte bei den Wahlen zum Aufsichtsrat der Bioenergie darauf, dass im neuen Gremium mehrheitlich Vertreter aus diesen beiden Ortsteilen sitzen sollen. Dadurch ergab es sich, dass einer der Wortführer der anwesenden Nahwärmekunden, Hans-Peter Frick aus Leibertingen, für als sachkundige Person den Aufsichtsrat kandidierte und auch gewählt wurde.
Dem neu besetzen Gremium gehören die Gemeinderäte Guido Amann, Klaus Buck, Simon Riester, Matthias Schwanz und Tobias Stekeler an. Hinzu kommen die Ortschaftsräte Christina Gänßlen, Daniel Mayer und Markus Riester sowie Ortsvorsteherin Franziska Stump und der ehemalige Ortsvorsteher Helmut Straub. Auch Bürgermeister Stephan Frickinger gehört dem Aufsichtsrat der Bioenergie Leibertingen an.