Wenn der Bildhauer Klaus Prior die Motorsäge an einen Holzblock ansetzt, braucht er keine Skizze. Die Figuren befreit er aus diesem mit sicherer Hand, die durch langjährige Erfahrung und ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen gesteuert ist. Trotz seines groben Werkzeugs entstehen Figuren, die einen flüchtigen Moment festhalten und eine Aktion oder Emotionen zeigen. Immer wieder ist es verblüffend, wie viel sie durch die Körperhaltung erzählen. In der Galerie Wohlhüter in Thalheim zeigt Klaus Prior neben den Skulpturen auch Malerei und Bronze-Plastiken.

Klaus Prior gehört zu den Künstlern, mit denen die Galerie Wohlhüter schon lange zusammenarbeitet. Deshalb freute es Werner Wohlhüter, dass der Bildhauer und Maler zur Vernissage nach Thalheim gekommen war. Der Titel der Ausstellung lautet ganz nüchtern „Malerei, Skulptur, Zeichnung“. „Doch die Exponate sind alles andere als nüchtern“, beschreibt Kunsthistoriker Andreas Gabelmann bei der Eröffnung die Werke. Es seien im Gegenteil expressive Gemälde, schroffe Skulpturen und nervöse Zeichnungen, die auf den Betrachter einstürmen. Immer erstaunt die Ausdruckskraft von Priors Figuren und Motive. Mit groben Schnitten haucht der Bildhauer den Skulpturen Leben ein. Sie wirken trotz der schroffen, kantigen Formen geradezu verletzlich, indem sie in einer Bewegung verharren, in einer Übergangssituation stecken, in der nicht klar ist, geht es vor oder zurück. Impulsiv und mit gezielten Schnitten stellt Prior den Menschen in seiner Befindlichkeit dar, mit der Herausforderung seines Daseins kämpfend. Da sind die zwei Männer, die einen dritten in ihrer Mitte halten. Die klobigen Füße weisen auf deren Standfestigkeit und deren Verjüngung nach oben vermittelt eine gewisse Leichtigkeit. Die Spuren auf den Oberflächen geben Hinweise auf den Entstehungsprozess. Sie sind unbehandelt und lediglich übermalt. Risse, die durch den natürlichen Trocknungsprozess des Holzes entstanden, verdeutlichen die Kraft und Vitalität des Materials.

So kraftvoll wie die Holzskulpturen wirken auch die Bilder von Klaus Prior. Mit energiegeladenem Pinselgestus wirft er Geschichten auf die Leinwand, als strömten die Ideen und Formen in einem wilden, reißenden Fluss aus ihm heraus. Das innere Bewegte bannt er mit Pinsel und Spachtel auf den Malgrund. Daraus hervor schälen sich skizzenhaft die Figuren. Dem Betrachtenden leuchtet kräftiges Gelb oder sattes Orange entgegen, vor deren Hintergrund sich die Formen wie kleine Explosionen abbilden. „Aus dem teils chaotisch anmutenden Stakkato der Formen, Linien und Farben scheinen Personen in einer rohen Archaik auf“, beschreibt der Prior-Freund und -Kenner Andreas Gabelmann dessen Malerei. Es gehe dem Künstler nicht um ein porträthaften Abbild des Menschen, sondern vielmehr um das Sichtbarmachen der verletzlichen Existenz an sich.

Mit den neuesten Arbeiten aus den vergangenen drei Jahren wendet sich der Maler und Bildhauer einem weichen, geschmeidigen Material zu. Für den Bronzeguss gestaltet er aus Wachs Figuren. Sie weisen zwar noch ein kleines archaisches Element auf, doch werden die Formen weicher und runder, sodass die Figuren stärker miteinander verwachsen können.

Die Ausstellung zeigt, dass dem Künstler Klaus Prior sowohl die Zeichnung und die Malerei, mit der er begann, als auch die Bildhauerei gleich wichtig sind. „Wie stark und kompromisslos sich beides steigert und ständig weiterentwickelt, können wir in dieser Präsentation seiner Werke erleben“, animierte Andreas Gabelmann die zahlreichen Gäste der Vernissage, auf eigene Entdeckungsreise in der Galerie Wohlhüter zu gehen.