Für den 22. Februar 1945, also vor 80 Jahren, sind im heutigen Gemeindegebiet der Stadt Meßkirch zwei Luftangriffe aktenkundig. US-amerikanische Bomber griffen zur Mittagszeit den Meßkircher Bahnhof an. Bei dem Bombardement starben 35 Stadtbewohner, weitere 95 Meßkircher erlitten durch den Luftangriff schwere Verletzungen.

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Gegen 13 Uhr am gleichen Tag griffen französische Spitfire-Jäger bei Menningen den Fahrzeugkonvoi des französischen Faschistenführers Jacques Doriot an. Dabei wurde der Franzose getötet. Er wurde in Mengen mit einem Staatsakt bestattet. Dort wird seine Ruhestätte bis heute als Kriegsgrab von der Stadt Mengen gepflegt.

Das Grab des Faschistenführers Jacques Doriot auf dem Mengener Friedhof hat den Status als Kriegsgrab und wird deshalb bis heute von der ...
Das Grab des Faschistenführers Jacques Doriot auf dem Mengener Friedhof hat den Status als Kriegsgrab und wird deshalb bis heute von der Stadt Mengen gepflegt. | Bild: Steinmüller, Hermann-Peter

Der ehemalige Bundeswehr-Kampfpilot Joachim Streit aus Mengen hat sich intensiv mit dem Luftkrieg über Süddeutschland und dem Tod Doriots beschäftigt. Der Vorsitzende der französischen Faschistenpartei PPF sollte nach Hitlers Vorstellungen Chef der von den Deutschen installierten französischen Exilregierung werden. Diese nach dem französischen Ort Vichy benannte Exilregierung unter Marschall Pétain hielt sich seit dem 8. September 1944 in Sigmaringen auf.

Jacques Doriot
Jacques Doriot | Bild: Bibliothèque nationale de France (gemeinfrei)

Bis zu seinem Tod erlebte der französische Politiker eine eher angenehme Zeit, weiß Joachim Streit. Die Nazis hatten die Insel Mainau beschlagnahmt. Doriot lebte seit November 1944 zusammen mit seiner Sekretärin im Inselschloss, während seine Frau und die beiden Töchter in einem Hotel in Mengen untergebracht waren.

Mercedes-Limousine gerät ins Fadenkreuz der Spitfire

Streit erzählt: Doriot war auf der Fahrt von der Mainau nach Sigmaringen. Ob es sich um ein Auto oder einen Konvoi aus mehreren Fahrzeugen handelte, habe er nicht ermitteln können. Fest stehe, dass es eine Mercedes-Limousine gewesen sei. Gegen 13 Uhr geriet das Fahrzeug Doriots in das Fadenkreuz der Spitfire. „Es handelte sich um britische Maschinen, die von französischen Piloten geflogen wurden. Sie hatten den Befehl, auf alle beweglichen Objekte am Boden zu feuern“, erzählt der Mengener Amateur-Historiker. Damit, so die Schlussfolgerung Streits, sei erwiesen, dass der Angriff nicht speziell gegen Doriot gerichtet war.

Auf der ehemaligen Reichsstraße und heutigen Bundesstraße B¦311 zwischen Menningen und der Abzweigung nach Ringgenbach wurde am 22. ...
Auf der ehemaligen Reichsstraße und heutigen Bundesstraße B¦311 zwischen Menningen und der Abzweigung nach Ringgenbach wurde am 22. Februar 1945 der französische Faschistenführer Doriot bei einem Luftangriff getötet. | Bild: Steinmüller, Hermann-Peter

Der französische Nazi-Kollaborateur wurde von mehreren Schüssen getroffen, war laut Streit offenbar sofort tot. Seine Sekretärin und der deutsche Fahrer erlitten leichtere Verletzungen. Der damalige Menninger Bürgermeister Eduard Boos und der Landwirt Josef Zwick waren Augenzeugen. Ungeklärt ist bis heute die Frage, warum der Franzose trotz der bekannten Tieffliegergefahr nicht die Dunkelheit für seine Fahrt nutzte. Der Leichnam wurde nach Mengen überführt.

Meßkirch war an diesem Tag Ziel der Operation „Clarion“. „Ziel dieser Operation war es, in einer konzertierten Aktion den Verkehr in den noch nicht besetzten Teilen des Deutschen Reiches zum Stillstand zu bringen, um Nachschub und Truppenverschiebungen zu unterbinden“, sagt Streit. Für den Bereich zwischen Rhein und Iller war die 1. Taktische Luftwaffe (1st TAF) zuständig, die aus US-amerikanischen und französischen Verbänden bestand. „Sie setzten ihre Maschinen ein, um mit je sechs Bombern insgesamt 30 Bahnhöfe in diesem Gebiet anzugreifen.“

Bahnhöfe als Ziel der Angriffe

In der Region waren das außer Meßkirch die Bahnhöfe von Mengen, Scheer und Sigmaringen. Wegen schlechten Wetters mussten die Angreifer ihre Attacke nach den Bomben auf Meßkirch abbrechen, so Streit. Flugzeuge der deutschen Luftwaffe seien an diesem Tag über dem Elsass gewesen.

Bomben in der Innenstadt: Zwölf Gebäude werden vollständig zerstört

Die US-Bomber attackierten zunächst im Bahnhof einen Güterzug und eine Rangierlok. An diesem Tag war in Meßkirch eine Zuchtviehversteigerung. Die Tiere wurden in den Zug verladen. Gegen 14 Uhr fielen Bomben auf Häuser der Innenstadt. Zwölf Gebäude wurden vollständig zerstört, 24 überstanden den Angriff schwer beschädigt und an weiteren 80 Häusern entstanden leichtere Schäden. Streit ermittelte, dass während der Operation „Clarion“ 9000 Einsätze geflogen wurden. „Das war mehr als an jedem anderen Tag des Zweiten Weltkriegs in Europa.“

Dieser Artikel ist erstmals am 21. Februar 2020 erschienen.