Wilde Eierbirne, Geflammter Kardinal, Großer Katzenkopf oder Doppelte Philippsbirne – um Figuren aus der Fasnacht handelt es sich hier nicht, stattdessen um regionale, alte Obstbaumsorten. Zu finden sind sie oft nur noch auf Streuobstwiesen. Hier wachsen hochstämmige und großkronige Obstbäume in weiträumigen Abständen. Nicht nur Birnen und Äpfel, auch Pflaumen, Mirabellen und Kirschen zählen zum Streuobst.
Pächter sind verantwortlich
Auf der Gemarkung der Stadt Meßkirch gibt es diverse Streuobstbestände in unterschiedlichen Stadien. Sie werden mitunter auf Ausgleichsflächen neu gepflanzt, andere haben schon etliche Jahre auf dem Buckel. Auch im Hof- und Sassenagegarten gedeihen Apfel- und Birnenbäume. Der Stadt gehören einige Hundert Streuobstbäume, für die Bäume auf den verpachteten Flächen sind die Pächter verantwortlich. „Streuobstbäume sind landschaftsprägend. Sie blühen, tragen Früchte, ihr Laub verfärbt sich und im Winter sind die Äste kahl – sie spiegeln unsere Jahreszeiten perfekt wider“, schwärmt Michaela Schmidt, Fachbereichsleiterin Stadt & Umwelt bei der Stadt Meßkirch.

Wertschätzung kehrt langsam zurück
Zu ihrem Leidwesen wurden einige Bestände teilweise seit Jahrzehnten nicht ausreichend gepflegt. Erst in jüngerer Zeit, so Schmidts Eindruck, rücken Streuobstbäume wieder mehr in das Interesse der Menschen. Sie erkundigen sich bei der Stadt, ob und wo sie Obst sammeln können. Das freut Schmidt. „Ich finde es schade, wenn das Obst vergammelt. Früher spielte das Streuobst eine größere Rolle, es wurde mehr gemostet, gebacken, eingekocht und eingelagert.“
Artenreicher Lebensraum
Streuobstwiesen sind sehr artenreiche Lebensräume. Sie können bis zu 5000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Bei einer Streuobsterhebung in Baden-Württemberg wurde laut einer Information des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee festgestellt, dass etwa ein Drittel der Bäume unregelmäßig und über 40 Prozent gar nicht geschnitten werden.

Auf die Technik kommt es an
„Obstbäume brauchen einen guten Schnitt“, sagt Landschaftspfleger Heinz Brandt aus Pfullendorf. Seine Firma ist seit 2020 als externer Dienstleister beauftragt, die Bäume der Stadt Meßkirch zu pflegen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER stellt sich heraus, dass das Schneiden von Bäumen einiges an Wissen voraussetzt. Es gibt nicht nur den Pflanzschnitt, sondern viele weitere Schnitte, etwa den Erziehungs-, Verjüngungs- und Erhaltungsschnitt. Die falsche Technik kann einem Baum mehr schaden als nutzen.
Nicht auf Winter beschränkt
Dass man Bäume nur im Winter schneiden darf, stimmt nicht, sagt Brandt. Es gibt einen Winterschnitt, aber genauso gibt es einen Sommerschnitt. Um mehr dicke Äste zu erhalten, empfiehlt sich ein Rückschnitt im Herbst. Ist es für den Baum also nicht per se schädlich, ihn mit Säge und Baumschere zu Leibe zu rücken, wenn er ab dem Frühling im Saft steht? Brandt verneint. „Bauern haben früher ihre Bäume im Winter geschnitten, weil sie im Winter die Zeit dafür hatten. Sie mussten nicht ackern, säen und ernten, sondern konnten sich den Obstbäumen widmen“, erklärt der Fachmann und fügt hinzu: Wer im Winter entsprechend schneidet, treibt den Baum zu stärkerem Wachstum an. Die Wintermonate sind gut geeignet, um tote und vergreiste Äste zu entfernen.
Schöne Krone heranziehen
Pflege ist nötig, um die Bäume gesund und ertragreich zu erhalten und ihre Lebensdauer zu verlängern. Das gilt schon für junge Obstbäume. Wer sie entsprechend schneidet und heranzieht, spart sich später viel Arbeit. Wichtig ist es, den Baum durch die Pflegemaßnahmen so zu beeinflussen, dass er eine stabile Krone bildet. „Schon beim Pflanzschnitt gebe ich dem Baum eine Form, ich suche drei, vier Äste aus, die die Krone bilden sollen, der Leitast bildet die Spitze“, so Brandt.
Aufgepasst beim Heckenschnitt
Ein Bundesnaturschutzgesetz gilt es jetzt zu beachten, es betrifft aber nicht Bäume, sondern Hecken. Ein radikaler Rückschnitt oder das Entfernen ist nur noch bis Ende Februar erlaubt, um Vögel nicht beim Brüten zu stören. Ab dem 1.¦März darf nur noch ein schonender Form- und Pflegeschnitt stattfinden.