Seit Wochen sind Handwerker in St. Martin damit beschäftigt, die neue, in der Schweiz gebaute Orgel zu installieren. Eigentlich sind es zwei Orgeln – eine Hauptorgel auf der Empore mit elf Registern und eine Chororgel im Chorraum mit sechs Registern. Beide können vom zentralen Spieltisch von der Empore aus gespielt werden. Entweder zusammen oder jede für sich. Die Chorraum-Orgel ist für die Kirchenbesucher nicht sichtbar. Sie wurde in eine Art Schrank gebaut, der Organist kann die Jalousien der Schwellkästen aus der Ferne bedienen und damit auch das Volumen beeinflussen.

Anfangs stand noch ein Kran in der Kirche, rund 2000 Pfeifen, Windladen und sonstige Bauteile waren in Kisten und Kästen verpackt. Zur Montage der Hauptorgel mussten die Bauelemente über die Fürstenloge hinweg auf die Empore gehievt werden, ohne Pfeifen, Stuck und Fresken zu beschädigen. „Das gehörte zu den heiklen Momenten“, so Haubrichs. Nicht nur der Bau, auch die Montage einer Kirchenorgel ist eine Wissenschaft für sich. Es ist von Prospekt die Rede, von Wind und Druck auf Bälgen, von Lippen und Aufschnitthöhe. Klettert man in die Orgel hinein, erinnert das Gehäuse an ein edles Möbelstück – und hinter den Klappen verbirgt sich ganz viel Mechanik.

Inzwischen macht es den Eindruck, als wäre fast alles fertig. Und doch dauert es noch, bis das Instrument ein erstes Mal in seiner vollen Pracht erklingt. Der Einbau geht dieser Tage zwar zügig voran, doch die klangliche Einstellung wird vier Wochen in Anspruch nehmen. Kein Wunder, es geht dabei um Nuancen. Geweiht wird die Orgel von Erzbischof Stephan Burger am 25. Juli.
Als der SÜDKURIER zu Besuch ist, sind die Orgelbauer Johannes Uhlmann und Dominik Haubrichs mit der Spielmechanik beschäftigt. Der Spieltisch hat drei Manuale mit je 56 Tasten und ein Pedal mit 30 Tasten. Mit Hilfe eines Federwaagen-Kontaktors wird für jede Taste der Druckpunkt eingestellt. Er liegt bei 120 Gramm, das heißt, wenn der Organist diesen Widerstand überwunden hat, öffnet sich das Ventil und der Ton erklingt. Die Tasten bestehen aus Rinderhüftknochen und Ebenholz.

Außen sichtbar am Prospekt, auch Fassade genannt, sind 33 silberne Pfeifen mit goldenem Kern zu sehen. „33, so alt war Jesus, als er am Kreuz starb“, entfährt es Pfarrer Stefan Schmid. Das Schild „Bitte nicht berühren“ sollte man respektieren. Auch die Handwerker berühren die empfindliche Oberfläche nicht mit nackten Fingern, sondern nur mit Baumwollhandschuhen. „Der zylindrische Teil resoniert und klingt. Mithilfe von einströmender Luft wird ein Ton erzeugt. Die erzeugte Tonhöhe einer Pfeife hängt von ihrer Länge ab.
Die Pfeifen dieser Orgel bestehen zu 96 Prozent aus Zinn und vier Prozent Blei, diese Zusammensetzung wirkt sich auch auf den Klangcharakter aus“, erklärt Haubrichs und fügt hinzu, dass alle Pfeifen von Hand gebaut wurden. „Wir schmelzen das Zinn über mit Holz befeuerten historischen Kesseln, das macht außer uns kaum noch jemand. Die Holzpfeifen bauen wir in traditioneller Handarbeit aus rohen Brettern. Jede Orgel aus unserer Werkstatt ist ein Unikat.“ Die Firma Kuhn kann auf eine lange Geschichte und damit Expertise zurückblicken, wurde sie doch schon 1864 gegründet.

Es dauerte rund ein Jahr, um die Teile für die Meßkircher Orgel zu bauen. Rund 180 Pfeifen des alten Instruments wurden in der Schweiz überholt. Sie haben ihren Platz in der neuen Orgel gefunden. Das Spielen auf einem solchen Klangkunstwerk muss etwas ganz Besonderes sein, geradezu erhebend. „Man spürt die Schwingungen körperlich, es ist ein dauerhafter Ton, und zwar nicht elektrisch erzeugt“, schwärmt der Pfarrer. Auch der in Meßkirch für die Kirchenmusik hauptverantwortliche Organist Volker Nagel freut sich schon auf das neue Instrument. Am 25. Juli nach der Weihe wird als Erstes der erzbischöfliche Orgelinspektor Georg Koch in den Genuss kommen.