Thomas Stricker

Adventszeit ist im Grunde „Warte-Zeit“. Schon die ersten Christen haben „gewartet“. Für sie bedeutete dieses Warten ein Ausschau-Halten nach dem erneuten Kommen Jesu Christi. Sie hofften, dass er schon bald wiederkommen und die Welt vollenden wird. Doch letztlich war dieses Warten umsonst, denn die Vollendung der Welt ist ausgeblieben, und das ist bis heute so. Allgemein verlangt das Warten immer Geduld, mitunter sehr viel. Wenn man aber auf etwas wartet, das ewig lange nicht eintrifft, und man dabei auch nicht das Gefühl hat, dass es in absehbarer Zeit kommen wird, dann geht einem oft die Geduld verloren.

Thomas Stricker ist Kooperator in den Katholischen Kirchengemeinden Wald und Meßkirch-Sauldorf.
Thomas Stricker ist Kooperator in den Katholischen Kirchengemeinden Wald und Meßkirch-Sauldorf. | Bild: Thomas Stricker

Wie gehen wir heute die Zeit des Advents, die Zeit des Wartens an? Warten wir eigentlich noch auf dieses Wiederkommen des Herrn? Haben wir die nötige Geduld und Ausdauer, die es dafür braucht? Nicht selten tun wir uns schwer damit, denn wir leben in einer Zeit, in der alles schnell gehen muss. Das, was man sich wünscht oder ersehnt, sollte möglichst bald geschehen. Schnelllebigkeit ist ein Kennzeichen unserer Zeit. Wenn etwas nicht bald eintrifft, dann verliert es bei uns sehr schnell an Bedeutung. Wir alle leben im Heute. Vielleicht denken wir noch an morgen und übermorgen, und vielleicht an Weihnachten. Aber erwarten wir denn wirklich noch etwas?

Geduld wird auf die Probe gestellt

Wenn man genau hinschaut, dann gibt es sicher viele Erwartungen, die wir in unserem Leben haben. Einer, der schwer krank ist, wartet sehnsuchtsvoll, dass er wieder gesund wird, und dabei wird oft die Geduld schon sehr auf die Probe gestellt. Andere warten, dass sich endlich einmal etwas ändert in ihrem Leben, gerade in dem, was hart und festgefahren ist, was eingleisig dahinläuft, ohne irgendeine Veränderung. Nun befinden wir uns schon fast zwei Jahre in der Corona-Pandemie. Sie lässt uns warten und warten, bis mal wieder alles besser wird. Sie fordert unsere Geduld ganz schön heraus. Sehnsuchtsvoll warten wir auf Normalität im Alltagsleben, ohne ständige Angst vor einer Infektion, ohne Abstandsregeln und Maskenpflicht. Adventszeit und „Corona-Zeit“ haben eines gemeinsam: das Warten auf eine bessere Zeit. Die Corona-Zeit lässt uns warten auf Normalität in unserem gesellschaftlichen und privaten Leben, auf die endgültige Überwindung der Krise.

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Der Advent lässt uns warten auf das Kommen des Herrn, auf die Wiederkunft Christi, auf die Vollendung der Welt, auf das Leben in Fülle, wie er verheißen hat (vgl. Joh 10,10). So gesehen will der Advent auch Hoffnung in uns wecken, Hoffnung auf das kommende Heil. Dabei ist zu bedenken: Diese Hoffnung erstreckt sich nicht allein auf die Zukunft. Sie betrifft schon das Hier und Jetzt, die Gegenwart, in der wir leben. Das Kommen Gottes, der Anbruch seiner Herrschaft beginnt schon heute!

Gott will in unserem Leben ankommen

Es ist bereits „Advent“, Ankunftszeit des Herrn. Der Advent will uns nicht auf die Zukunft vertrösten! Er will uns für die Gegenwart Gottes in unserer augenblicklichen Lebenssituation wachrütteln. Was einmal vollendet sein soll, bahnt sich schon jetzt an und will unser Leben und Handeln bestimmen. Gott kommt nicht erst in der Zukunft, er ist schon im Kommen! Er will jetzt in unserem Leben ankommen und darin einen festen Platz haben. Er kommt genau in die Lebenssituation hinein, in der wir uns gerade befinden. Ja, er kommt auch in diese Corona-Krisen-Situation hinein. Er nimmt teil an unserem menschlichen Schicksal! Das darf uns in diesen Tagen Mut und Hoffnung geben.