40.000 Kilometer durch 20 Länder sind Andrea Restle und Felix Mutschler in 16 Monaten gereist. Felix Mutschler stammt aus Heudorf bei Meßkirch, Andrea Restle aus Walbertsweiler bei Wald. Mit Abschluss seines Innenausbau-Studiums war für den Schreiner Felix Mutschler (26) der perfekte Zeitpunkt gekommen, um eine längere Reise anzutreten. Auch für seine Partnerin Andrea Restle (28) passte dieser Zeitpunkt. Zunächst legte die Maschinenbauerin ein Sabbatical ein. Doch bald auf ihrer Reise merkte das Paar: die Zeit reicht nicht aus.

Mit Dachzelt auf Achse

Für die Reise schafften sich die beiden einen Landrover Defender 110 300 TDI, Baujahr 1998, mit Allradantrieb, Dachzelt und ohne viel elektronischen Schnickschnack an, sodass der handwerklich begabte junge Mann eventuelle Reparaturen selbst durchführen konnte. Im Juni 2023 machten sie sich auf die lange Reise, zunächst nach Skandinavien. Über Dänemark, Schweden, Norwegen ging es entlang der Küste bis zum nördlichsten Zipfel.

Ein Sonnenuntergangs-Stellplatz in der Bucht von Kotor in Montenegro.
Ein Sonnenuntergangs-Stellplatz in der Bucht von Kotor in Montenegro. | Bild: Felix Mutschler

Arbeit gegen Kost und Logis

Die Reisenden legten auf der Plattform „Workaway“ ein Profil an, mit dem sie entlang ihrer Reiseroute gegen Arbeit Unterkunft und Verpflegung finden konnten. Entlang ihrer Route brachten sie sich teilweise bis zu drei Wochen in „coole Projekte“ ein. „Und das war dann ein ganz anderes Erleben der Länder. Man taucht in die Kultur ganz anders ein“, stellten sie fest. Für die beiden jungen Menschen war dies ihre „erste große Reise“. Den ursprünglichen Plan, über die Seidenstraße nach China zu reisen, verwarfen sie aufgrund der politischen Entwicklungen.

Sehnsucht nach heißer Dusche

Andrea Restle und Felix Mutschler lernten, mit wenig auszukommen. Eine heiße Dusche vermissten die beiden doch ab und an. Überwiegend übernachteten sie im Dachbett ihres Offroad-Campers. Ihre Reiseerlebnisse hielt Andrea Restle in einem Reisetagebuch fest. Nach etwa drei Monaten hatten das Paar in seinen „Reisemodus“ gefunden und gelernt, ihren Reisefluss dem Wetter, den Gegebenheiten und auftretenden Pannen anzupassen und konkretere Planungen zu vermeiden. Nachdem sich die Sommermonate im Norden dem Ende zuneigten und die Tage wieder kälter und länger wurden, durchquerten sie den Balkan recht zügig. Denn bei zehn Grad und Nieselwetter fühlte sich schnell alles klamm an.

Hilfe bei der Olivenernte

In Montenegro herrschte dann wieder schönes Wetter, und so ließen sich die Reisenden wieder mehr Zeit. In einem weit abgelegenen Bergdorf in Albanien halfen sie für drei Wochen bei der Renovierung eines Hauses und feierten dort den albanischen Nationalfeiertag mit. Von den einst 1100 Einwohnern ist die Zahl auf 42 Dorfbewohner gesunken. „Vom Bürgermeister hätten wir ein Haus und fünf Schafe bekommen, wenn wir dageblieben wären“, berichtet Felix Mutschler. Doch diese Option kam nicht in Frage. Die Weiterreise führte das Paar nach Griechenland, wo sie für zwei Wochen bei der Olivenernte geholfen haben. Neben Kost und Logis erhielten sie noch etliche Liter Olivenöl, die ihnen direkt nach Hause geschickt wurden. „Ein nettes Andenken“, findet Andrea Restle. Über Weihnachten verbrachten sie dann eine Woche beim Housesitting in einem Haus mit Meerblick. Dann besuchten sie Athen und die Meteora-Klöster.

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Kontrastreiche Türkei

In der Türkei erlebten die Reisenden die größten Kulturunterschiede, auch innerhalb der Gesellschaft. Die Leute, die sie über „Workaway“ kennenlernten, hinterließen hierbei den größten Eindruck. Der Kontrast zwischen einem sehr ursprünglich geführten Aussteigerbauernhof und einem sehr modernen Großstadt-Lifestyle spiegelten das allgemeine Bild wider, das sie von dem Land erhielten. Doch die Gastfreundschaft in der Türkei war allgegenwärtig. In Kappadokien faszinierten sie die Berge und die vielen fliegenden Heißluftballons über den Feenkaminen.

Fernab des Tourismus‘ in Georgien. Bild: Felix Mutschler
Fernab des Tourismus‘ in Georgien. Bild: Felix Mutschler | Bild: Felix Mutschler

Verrückte Kultur in Georgien

Ab Ostern waren sie in Georgien, da sie Besuch von Felix‘ Studienkollegen erhielten. Dort verbrachten sie fünfeinhalb Monate. Georgien hat die Flächengröße von Bayern, aber die Einwohnerzahl von Berlin. „In einem so kleinen Land so viel verrückte Kultur“, erzählen Andrea Restle und Felix Mutschler beeindruckt von der kontrastreichen Landschaft, den hohen Bergen des Kaukasusgebirges, dem mediterranen Flair an der Schwarzmeerküste, der Halbwüste und den Klimazonen von subtropisch-feucht bis trocken. Bei einem Abstecher über Armenien erlebten sie noch gastfreundlichere Menschen. Dies war der am weitesten entfernte Punkt der Reise, und ab September ging es wieder in den Westen, entlang der Schwarzmeerküste, übers Donaudelta und die Karpaten recht zügig in Richtung Heimat.

24/7 zusammen

Dies soll nicht ihre letzte längere Reise gewesen sein, ist das Paar überzeugt, denn sie machten keinerlei negative Erfahrungen, sondern erlebten ausschließlich ehrliche Gastfreundschaft. Sie haben bei der langen Reise Lebenserfahrung gewonnen und Erinnerungen gesammelt, die lebenslang bleiben. Sie verbrachten 16 Monate lang, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche intensiv Zeit miteinander und mussten auch für jedes auftretende Problem kreative Lösungen finden. „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, wusste schon Matthias Claudius (1740-1815). Von ihren Erlebnissen berichten Andrea Restle und Felix Mutschler demnächst bei zwei Vorträgen.