Baukosten und Zinsen steigen. Die Bauunternehmen in der Region klagen zwar über hohe Kosten für Baumaterial, ihre Auftragsbücher sind aber weiterhin voll, wie Recherchen des SÜDKURIER ergaben. Viele Baufirmen sind über Monate ausgebucht und verzeichnen aktuell sogar eine noch höhere Nachfrage, weil, wer gerade bauen will, befürchtet, dass die Preise noch weiter nach oben klettern. Ähnliches haben die Baufinanzierer zu vermelden: Aus Angst, dass die Zinsen weiter anziehen, versuchen viele Häuslebauer, ihre Finanzierung in trockene Tücher zu bringen. Doch gibt es erste Anzeichen, dass der trotz seit Beginn der Corona-Pandemie anhaltende Bauboom mittelfristig eine Trendwende erfahren wird.
Einige Bauprojekte werden reduziert
Ein Ende des Baumbooms aufgrund zu hoher Baukosten und steigender Zinsen wird von vielen Seiten bereits vorausgesagt. Mancherorts werden offenbar bereits Grundstücke wieder an die Gemeinden zurückgegeben. Der Trend ist aber offenbar noch nicht in der Region angekommen. „Wir sind bis zum Ende des Jahres fast überbucht“, meint Lukas Glöckler in Bezug auf die anhaltend große Nachfrage beim Hausbau. Der Bauunternehmer aus Leibertingen-Altheim kann nur von einem Fall berichten, wo ein Vertrag mit einem Interessenten nicht zustande kam, weil die finanziellen Mittel am Ende doch nicht reichten. Auch dass seine Auftraggeber vom Vertrag zurücktreten wollen, weil die Finanzierung nicht mehr funktioniert, kann Glöckler nicht feststellen. Laut dem Bauunternehmer gibt es wenige Kunden, die umplanen, um Kosten zu reduzieren. So verzichtet beispielsweise einer seiner Bauherren auf die volle Unterkellerung seines Hauses und stellt auch den Bau der Garage erst einmal zurück. Auch bei Bauunternehmer Walter Stier aus Meßkirch sind die Auftragsbücher immer noch gut gefüllt. Der Stahl- und Betonbauermeister musste sogar in der Vergangenheit Anfragen abweisen. Er spüre aber schon einen leichten Trend, dass die Anfragen weniger würden, meint Stier.
Bauzwang im Nacken

Christian Löffler wurde nach den ersten Zinserhöhungen förmlich von Anfragen überrannt – trotz Kostenexplosion bei den Baukosten. Die Auftragsbücher seines Unternehmens, Löffler Hoch- und Tiefbau mit Sitz in Stetten am kalten Markt, sind nun so voll, dass Kunden auf den Rohbau ihres Hause über ein Jahr warten müssen. „Viele haben ihr Grundstück schon gekauft und haben Bauzwang“, beschreibt Löffler die Situation. Er spürt ebenfalls eine beginnende Trendwende im Baugewerbe, in der Form, dass Bauherrinnen und Bauherren versuchen Kosten einzusparen. In einem Fall hat ein Kunde von Löffler seinen Plan geändert, ein Niedrigenergiehaus nach KfW-40-Standard zu bauen. Er baut nun nach dem weniger energieeffizienten und dadurch günstigeren EnEV-Standard. Andere Kunden versuchten durch mehr Eigenleistung Kosten einzusparen, berichtet Löffler.
Preise für Baustahl extrem angestiegen

Besonders die Preise für Baustoffe, die bei der Herstellung viel Energie benötigen, haben in den vergangenen Monaten noch mal extrem angezogen. Beim Baustahl betragen die Preissteigerungen bis über 80 Prozent, wie Berechnungen des Statistischen Bundesamtes für die Erzeugerpreise zu entnehmen ist. Beton unterliegt gerade ebenfalls großen Preissteigerungen, weil die Hochöfen für die Zementherstellung viel Energie benötigen. Aktuell seien bei ihm Bauziegel die Spitzenreiter bei den Preissteigerungen, meint Maurermeister Glöckler. Der Brennvorgang bei der Herstellung benötigt ebenfalls viel Energie. Bei den Ziegeln gibt es auch Lieferengpässe. Vor Corona habe er beispielsweise Ziegel eine Woche vorher bestellt, inzwischen müsse er die Bestellung Monate vorher aufgeben, meint Glöckler. Für die Bauunternehmen sind die steigende Materialpreise ein Risiko, besonders wenn sie weit im Voraus kalkulieren müssen. Bauunternehmer Löffler berechnet aktuell seine Preise immer mit einem Puffer, garantiert dafür seinen Kunden aber einen Festpreis. Außer beim Baustahl, hier schwanken die Preise so sehr, dass Löffler mit den Bauherrinnen und Bauherren vereinbart, dass er die Preisunterschiede weitergeben darf.
Preissteigerungen auch hausgemacht
Bei der Preisbildung spielen auch die gestiegenen Transportkosten eine Rolle. Dabei macht sich insbesondere der bis über 50 Prozent gestiegene Dieselpreis bemerkbar. Aber die hohen Preise für Baumaterial sind offenbar auch hausgemacht: Laut dem Hauptverband der deutschen Bauindustrie kommt es bei den Bauunternehmen zu Hamsterkäufen, was wiederum die Nachfrage und somit die Preise erhöht.

Baufinanzierer spüren Nachfragerückgang
Die ersten Zinssteigerungen nach der langen Niedrigzinsphase haben bei den Banken offenbar zunächst für eine verstärkte Nachfrage nach Baukrediten gesorgt. Insgesamt aber ist bei den Banken bereits ein leichter Rückgang beim Interesse an Baufinanzierungen zu spüren: Als der Zinssatz im April in Richtung drei Prozent anstieg, haben laut Markus Herz, der zum Vorstand der Volksbank Meßkirch gehört, viele Häuslebauer noch schnell Kreditverträge abgeschlossen, um von weiter steigenden Zinsen nicht betroffen zu sein. „Jetzt merkt man, dass wir auf dem Gipfel sind und es weniger wird“, beschreibt er die wohl kommende Trendwende im Hausbau. Der Banker stellt auch fest, das die Menschen abwartender werden, auch weil die monatliche Belastung bei neu aufgenommenen Krediten durch die höheren Zinsen deutlich steigen.
„Man kann im Moment nicht sagen, dass sich die Situation gravierend verändert hat“, meint Vorstand Carsten Knaus von der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch. Aber dennoch spürt Knaus bereits einen leichten Rückgang bei der Nachfrage nach Baukrediten. „Man kann aber jetzt nicht sagen, bei den Kunden platzen der Reihe nach die Finanzierungen“, sagt Knaus. Einen Wermutstropfen hält die aktuelle Lage für die Häuslebauer allerdings bereit: Die aktuellen Zinsen sind mit etwas über drei Prozent laut beider Bankern noch niedrig – zum Ende der 1990er Jahren waren sie teilweise doppelt so hoch. (hst)