Noch heute fallen Sofie Heilig ganze Verse ein, die sie für ihre Schnurrergruppe vor Jahrzehnten dichtete. Sie griff dabei aktuelle lokale Geschehnisse auf wie den ersten Wochenmarkt in Meßkirch, die Eröffnung des Hallenbads, die Schließung des Krankenhauses und die Wahl von Robert Rauser zum Bürgermeister, um sie närrisch in Szene zu setzen. Die Frauen hatten viel Spaß bei Sammeln von Ideen und beim Basteln ihres Kostüms.

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Sofie Heilig blättert in einem Fotoalbum mit bunten Fasnachtsbildern, welche originelle Kostüme und launig beisammen sitzende Narren zeigen. Obenauf liegt ein kleiner Stapel mit Texten, die Sofie Heilig dichtete. Die rüstige Seniorin war mit ihrer Gruppe in den 60er und 70er Jahren unterwegs. Dabei ließen sich die Frauen immer etwas zu aktuellen Geschehnissen im Städtle einfallen und hatten viel Vergnügen bei der Vorbereitung. Zu der Gruppe gehörten närrische Urgesteine wie Agnes Scherer und Rosl Bühler, Martha Nill, Martha Käfer, Maria Trautwein, Trudel Knittel oder Rosa Villringer. Nicht jedes Jahr waren alle mit dabei.

Die 92-jährige Sofie Heilig hat noch einen Fundus an Fotos und gedichteten Texten aus ihrer aktiven Zeit als Schnurrerin bei der ...
Die 92-jährige Sofie Heilig hat noch einen Fundus an Fotos und gedichteten Texten aus ihrer aktiven Zeit als Schnurrerin bei der Meßkircher Fasnet. | Bild: Michelberger, Isabell

„Die Hauptstraße war damals so voll mit Menschen, dass man kaum durchkam“, erzählt Sofie Heilig. Auch die vielen Kneipen in der Meßkircher Innenstadt waren so proppenvoll, dass manch eine Schnurrergruppe draußen warten musste, bis es drinnen Platz gab. Dann gingen die Frauen hinein und fingen zu ihrem Thema mit den Leuten ein Gespräch an. Auf die Frage, ob mal jemand wegen der Scherze beleidigt gewesen sei, antwortet Sofie Heilig schmunzelnd: „Bis jetzt nicht.“

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Beim Lesen der alten Verse merkt man, wie aktuell manche Themen bis heute sind. Schon 1979 griffen die Narren die Hundesteuer und den Kot auf der Straße auf. Sofie Heilig dichtete dazu: „Das Gassi gehen kann man auch erlern, der brave Hund folgt immer seinem Herrn. Man nimmt den Baum mit zum Spazieren, so kann gar nichts mehr passieren.“ Deshalb gehörten zum Kostüm jeweils ein Stoffhund und ein Baum, den die Schnurrer mitnahmen. Doch damit nicht genug, sie ließen sich von Franz Demmelhuber eine Hausecke basteln, die Franz Vogler bemalte. Denn der Vers ging folgendermaßen weiter: „Und will er einfach nicht an einen Baum, ist ihm das Hauseck stets sein schönster Traum. So stellt man‘s Eck an einen Fleck und nimmt den Dreck dann auch noch weg.“

Mit Obst und Gemüse durch die Lokale

Im Jahr des ersten Wochenmarkts in der Stadt rüsteten sich die Schnurrer-Frauen im damaligen Gemüseladen Trautwein, zogen mit Obst und Gemüse durch die Lokale und sangen zur Melodie von „Horch, was kommt von draußen rein“ folgende Zeilen: Wer gsund isch, der sieht aus wie wir, der Umfang isch it bloß vom Bier, mir ässet täglich Obst und Gmies, und des gitt au die starke Fieß.“

Im Jahr der Kreis- und Verwaltungsreform, 1973, gingen die Frauen als Nachtwächter mit dem Schild: „Aber mir gon no it Bade!“
Im Jahr der Kreis- und Verwaltungsreform, 1973, gingen die Frauen als Nachtwächter mit dem Schild: „Aber mir gon no it Bade!“ | Bild: Privat

Zur Unkenntlichkeit verkleidet waren die Frauen fast nie. „Einmal haben wir uns Vollbärte von Herrn Hahn ankleben lassen, da hat uns fast niemand erkannt“, lacht Sofie Heilig. Damals seien sie als Nachtwächter umhergezogen. Den Abschluss hätten sie immer im Hotel Hofgarten gemacht. Manchmal habe die Nacht so lange gedauert, dass die eine oder andere mit der Perücke zum Arbeiten gegangen sei. „Ich hab‘s gerne gemacht“, erzählt die Fasnachterin im Hinblick auf ihre unzähligen Versen, die sie für das Schnurren dichtete. Es sei ihnen auch nie schwer gefallen, ein Thema zu finden.

„Überall war gute Stimmung“, sagt Sofie Heilig

Die erste Station legten die Schnurrerinnen stets bei Elisabeth Bechberger ein, die die Kostüme begutachtete. Ein Lieblingslokal habe es keines gegeben. „Überall war gute Stimmung“, blickt Sofie Heilig zurück. Damals seien viele Narren von den Ortschaften nach Meßkirch gekommen und man habe mit allen geredet, ob man sie kannte oder nicht. „Es war eine schöne Zeit“, resümiert sie zu ihren Aktivitäten als Schnurrerin.

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Edith Weber (links) und Andrea Ott gehören zum festen Stamm der etwa zehn Firlefanz-Frauen, die jedes Jahr zum Schnurren gehen. Über die ...
Edith Weber (links) und Andrea Ott gehören zum festen Stamm der etwa zehn Firlefanz-Frauen, die jedes Jahr zum Schnurren gehen. Über die Jahre sammeln sich viele Kostüme an. | Bild: Michelberger, Isabell

Eine Fasnetssaison ohne Schnurren können sich die Firlefanz-Frauen nicht vorstellen. Ganze Gruppen sind unterwegs und nehmen das lokale Geschehen oder aktuelle Themen auf die Schippe. „Allen von uns ist das so wichtig, dass es schon einen äußerst triftigen Grund geben müsste, damit wir nicht mitmachen“, erzählt Andrea Ott. Seit ungefähr zehn Jahren überlegen sie sich zu jedem Rosenmontag ein neues Programm, um die Leute zu unterhalten. „Das schweißt richtig zusammen“, bestätigt Edith Weber. „Wir können nur an alle appellieren, sich zu trauen, damit sie merken, wie toll das ist“, betonen die beiden.

Ideen entstehen meist spontan

Die Ideen entstehen meist ganz spontan und dabei werde viel gelacht. „Das Thema zum diesjährigen Auftritt ist uns im Bus auf einem Ausflug eingefallen“, verrät Andrea Ott. Es habe was mit Meßkirch zu tun und mit der Fasnet. Mehr erzählen sie nicht, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Demnächst starten sie die Bastelaktion für ihr Kostüm.

Ein Interesse daran, anonym zu gehen, hatten sie bisher nicht. Das Lachen der ein oder anderen würde sie bestimmt entlarven, mutmaßen sie. „Wenn Einzelne nicht auf den ersten Blick erkannt werden, ist das schon lustig“, meint Andrea Ott. Aber so wichtig sei es nicht.

Am liebsten machen sie ihre Kostüme selbst

Die ganze Gruppe genießt es, ihr Programm in den Lokalen zu zeigen. Bei den ersten beiden Auftritten herrsche noch Nervosität. Wenn sie merken, dass es bei den Leuten ankommt, ist fröhliche Entspannung angesagt. „Wenn wir überall durch sind, finden wir es oft schade, dass es in Meßkirch nicht noch drei weitere Lokalitäten gibt“, berichten die beiden. Am liebsten machen sie ihre Kostüme selbst. Wenn man fertige Kostüme kaufe, bestehe immer die Gefahr, dass eine andere Gruppe die gleichen hat.

Zum wichtigen Erfolgsgarant zähle eine gängige Melodie, die zum Singen und Klatschen mitreißt, wissen die Frauen aus Erfahrung. „Wir bringen gerne Spitzen, wollen dabei aber niemanden beleidigen“, betont Andrea Ott. Nach fünf Treffen gibt es am Wochenende vor dem Rosenmontag eine Hauptprobe, dann muss es passen. Sie freuen sich jetzt schon riesig auf ihr interessiertes Publikum.