Wieder ist ein Stück Meßkircher Geschichte aufgearbeitet und steht bereit für das zukünftige Heimatmuseum. Der Meßkircher Kulturwissenschaftler Armin Heim befasste sich dieses Mal mit dem in Meßkirch geborenen Maler Egon Itta. Dabei unterstützte ihn maßgeblich dessen Großneffe Riccardo Itta, der nach und nach Bilder seines Großonkels sammelte und noch weiter nach ihnen Ausschau hält. Im Turmzimmer des Meßkircher Schlosses ist eine Auswahl des Spätwerks zu sehen, die hauptsächlich Blumen und landschaftliche Impressionen zeigt. Bei der Vernissage gab Armin Heim einen ausführlichen Überblick über die Biografie und die künstlerische Entwicklung des Malers und band diese in den kunstgeschichtlichen Zusammenhang ein. Er zitierte dabei einige Reaktionen der Zeitgenossen auf die abstrakten und kubistischen Werke, die bei den Vernissage-Gästen amüsiertes Lachen hervorriefen. Musikalisch umrahmte das Meßkircher Bläserensemble die Eröffnung.

Ein Künstler aus Meßkirch

Egon Itta verbrachte seine Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr in Meßkirch, wo er mit seinen Eltern im Bahnhofsgebäude wohnte. Das Beobachten der ein- und ausfahrenden Züge sowie das Malen seien dessen Lieblingsbeschäftigungen gewesen, wie Armin Heim beschrieb. Deshalb habe er entweder Lokomotivführer oder Maler werden wollen. In den Folgejahren entwickelte sich in Bezug auf die beiden Leidenschaften eine deutliche Vorliebe heraus, denn im Jahr 1907 schlug er den Weg in Richtung Kunst ein. Er wechselte vom Lehrerseminar II in die Zeichenklasse der Karlsruher Kunstakademie, an der er der jüngste Student war. Dort führte er das typische Leben eines Kunststudierenden zur damaligen Zeit mit Studienreisen und dem Reagieren auf kulturelle und gesellschaftliche Strömungen.

Mitbegründer einer Künstlergruppe

Die jungen Kunststudenten versuchten sich an verschiedenen Stilen. Zusammen mit sechs Akademiefreunden gründete er die Künstlergruppe „Rih“, die sich antibürgerlich und provokant gab, wie Armin Heim ausführte. Bereits die erste Ausstellung im April 1919 habe ein überraschend positives Presseecho gefunden. Das Vernissage-Publikum amüsierte sich darüber, wie beispielsweise der Literat Carl Zuckmayer oder der Kunsthistoriker Wilhelm Fraenger die Reaktion auf die Arbeiten der Gruppe beschrieben. Denn es zeigte sich, dass die modernen Kunstströmungen nicht von allen verstanden wurden. Zuckmayer schrieb dazu: „Mimi, unsere badische Aspasia, die dort (in den Ateliers der Gruppe Rih) zuweilen gastierte, bekam Wutanfälle, wenn er (Wladimir Zabotin) sie mit einem Auge am Nabel und dem anderen auf der Nase gemalt hatte.“ Zuckmayer erwähnte auch das erste gegenstandslose Bild von Egon Itta, das heute jedoch verschollen ist.

In einer Vitrine sind die Selbstporträts von Egon Itta zu sehen. Bild: Isabell Michelberger
In einer Vitrine sind die Selbstporträts von Egon Itta zu sehen. Bild: Isabell Michelberger | Bild: Isabell Michelberger

Erste abstrakten Gemälde in Baden könnten von Itta stammen

Erhalten blieb ein weiteres abstraktes Bild mit dem Titel „Ruhende Seele“, das im Turmzimmer des Schlosses zu sehen ist und zur Kreiskunstsammlung gehört. „Diese beiden Bilder waren vielleicht die ersten abstrakten Gemälde der badischen Kunstgeschichte“, mutmaßte Armin Heim. Doch bestätigen lasse sich das heute nicht mehr, da Egon Itta mit dem gleichen Schicksal konfrontiert wurde wie viele Künstler der damaligen Zeit, deren Großteil der Arbeiten nicht mehr existieren. Im Zweiten Weltkrieg wurden Ittas Wohnung und sein Atelier durch Bomben zerstört, wodurch er nahezu alle seine Werke verlor. Ausgelagerte Bilder fielen nach dem Krieg einem Feuer zum Opfer.

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Itta sollte Professor an der Kunstakademie Karlsruhe werden

Egon Itta sei nach dem Zweiten Weltkrieg seinen künstlerischen Weg konsequent weitergegangen, wie der Meßkircher Kulturhistoriker beschrieb. Er habe sich nicht verbogen, sei ein Nonkonformist und innerlich unabhängig geblieben. „Er hat sogar das Angebot einer Professur an der Kunstakademie Karlsruhe abgelehnt“, berichtete Armin Heim. Itta habe keine Bildaufträge angenommen, wenn sie ihn künstlerisch nicht interessierten, obwohl ihm die Einnahmen gutgetan hätten.

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40 Bilder im Schloss Meßkirch zu sehen

In der Ausstellung im Turmzimmer des Schlosses sind über 40 Bilder von Egon Itta zu sehen, die davon zeugen, dass der Maler verschiedene Techniken und Möglichkeiten des Ausdrucks ausprobierte. In Ettlingen entstanden noch Hunderte von Ölbildern, Aquarellen, Zeichnungen mit Bleistift, Kohle oder Pastellkreide, zumeist Ansichten der oberrheinischen Landschaft vom Schwarzwald oder von Italien. Neben den Blumen und Landschaften sind Porträts zu sehen, darunter Selbstporträts als auch eine Bleistiftzeichnung, die seinen Neffen Claudio Itta als Kind zeigt. Dieser ist zusammen mit seiner Familie und seinem Vater Emil, dem Bruder von Egon Itta, im Jahr 1966 von Neapel nach Meßkirch zurückgekehrt. Bei der Betrachtung des Bildbestandes von Egon Itta solle man sich frei machen von den üblichen und noch immer vorherrschenden Bewertungskriterien der Kunstgeschichte, riet Armin Heim. Ob die handwerklich ausgefeilten späten Arbeiten des Malers von Publikumsinteresse sind, überließ er den Besucherinnen und Besucher und betonte: „Mir gefällt‘s.“