Pfarrer Uwe-Reich-Kunkel

In einem Gedicht des Pfarrers und Schriftstellers Kurt Marti wird danach gefragt, wie, wann und ob es überhaupt eine Auferstehung der Toten gebe. Die immer wiederkehrende Antwort im Gedicht: „Ich weiß es nicht.“ Er fährt dann fort: „Ich weiß nur, wonach ihr nicht fragt: die Auferstehung derer, die leben. Ich weiß nur, wozu Er uns ruft: zur Auferstehung heute und jetzt.“

Die Menschen sind müde

Ich erlebe zurzeit viel Müdigkeit. Bei Menschen in meiner Umgebung und bei mir selbst. Das ist nicht nur die Frühjahrsmüdigkeit. Wir kämpfen mit den Folgen der Pandemie. Jahrelange politische Versäumnisse rächen sich nun. In wichtigen Bereichen unseres Gemeinwesens wird nur noch Chaos und Notstand verwaltet – auf dem Rücken und auf Kosten der Menschen vor Ort. Der Krankenstand ist so hoch wie selten. Im weitesten Sinne kann man auch sagen: Die Gesellschaft ist krank. Die Nachrichten von den internationalen Krisen tun ihr Übriges. Wie muss es erst recht den Menschen gehen, die gelähmt sind von Einsamkeit, Krankheit und Existenzsorgen!

Tod inmitten des Lebens

Es gibt ihn: den Tod inmitten des Lebens! Wir können den Tod inmitten des Lebens sehen und erfahren im Großen und Kleinen. Wir sehen ihn dort, wo Menschen sprachlos geworden sind. Wir sehen ihn dort, wo Gewalt ausgeübt wird. Wir sehen ihn dort, wo Menschen keine Hoffnung mehr haben. Wie sieht sie nun aus: die „Auferstehung derer, die leben“? Denjenigen, die eine allgemeingültige Antwort erwarten, kann ich nur mit Kurt Marti sagen: Ich weiß es nicht. Ich kann nur versuchen zu beschreiben, wie ICH Auferstehung inmitten des Lebens erfahre und was MICH aufleben lässt in den starren und dunklen Zeiten MEINES Lebens.

Das könnte Sie auch interessieren

Das eine: Ich faste schlechte Nachrichten! In einer Definition der Fastenzeit heißt es: „In dieser Zeit soll sich der Mensch durch Enthaltsamkeit neu besinnen, Buße tun und die Nähe zu Gott suchen.“ Also enthalte ich mich schlechter Nachrichten. Ich probiere es zumindest, in dem ich eine Nachrichtensendung nur noch einmal am Tag verfolge, Politik-Sendungen vermeide. Denn ich gestehe – vieles tut mir einfach nicht mehr gut. Auch Filme mit Gewalt will ich nicht mehr sehen.

Verzichten auf Dinge, die krank machen

Was tut mir nicht gut? Das ist doch eine Frage für die Fastenzeit und für meine Besinnung. Und bewusst auf das verzichten, was mich im weitesten Sinne krank und müde macht. Versuchen, mein Leben neu auszurichten. Nicht nur Nachrichten können krank machen, nicht nur soziale und politische Umstände, auch bestimmte Menschen, eine bestimmte Art von Gesprächen, die Dichtheit meines Tagesablaufs. Was tut mir nicht gut? – Um sich dann auf das zu besinnen, was mir guttut. Und das mehr pflegen. Mir hilft schon die Besinnung am Tagesschluss: Was war HEUTE gut? Bisher habe ich immer etwas gefunden.

Auferstehung im Erwachen der Natur

Eine weitere Hilfe: Gerade jetzt in der anbrechenden Frühlingszeit erlebe ich Trost, Hoffnung und – Auferstehung im Erwachen der Natur. Für mich wird in diesen Tagen das Wort Jesu verständlicher: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es erstirbt, bringt es viel Frucht“ (Johannes 12, 24). Mit allen Sinnen kann man das Erwachen und Wachsen in der Natur erleben. Die Natur schenkt sich selbst.

Wohl dem, der in die Natur gehen kann! Aber man kann sich auch Zeichen der Auferstehung ins Haus holen, in Form eines Blumenstraußes oder eines blühenden Topfes. Und: Ich kann solche Zeichen der Auferstehung verschenken und in die Wohnungen geben für die Menschen, die Hoffnung gerade in diesen Tagen brauchen!

In unserer Kolumne „Gedanken zur Fastenzeit und Ostern“ teilen Seelsorgerinnen und Seelsorger sowie andere kirchliche Mitarbeitende ihre Gedanken in der Fastenzeit.