Sandra Häusler

Auf die Freude nach der Geburt eines Kindes stellt sich frischgebackenen Eltern auch rasch die Frage, welcher Kinder-und Jugendarzt das Kind, möglichst bis zur Volljährigkeit, als Ansprechpartner in Krankheits-und Gesundheitsfragen und bei den Vorsorgeuntersuchungen betreuen wird. Während die Vorsorgeuntersuchungen U1 und U2 meist im Krankenhaus vorgenommen werden, steht bereits in der vierten bis fünften Lebenswoche die U3, idealerweise in einer Kinder-und jugendärztlichen Praxis an.

Wohnortnahe Versorgung

Durch ihren Wohnort Pfullendorf fanden Lena und André Gersthofer in Sven Supper für ihre mittlerweile fünf Monate alte Tochter Mina schnell einen Kinderarzt vor Ort. Lena Gersthofer erfuhr dies durch die Geburtsvorbereitung. „Ich finde es superwichtig, direkt in Pfullendorf einen Kinderarzt zu haben“, unterstreicht die junge Mutter. So könne sie mit Mina alleine zum Kinderarzt gehen und freut sich über die kurzen Wartezeiten in der Praxisgemeinschaft.

Praxisgemeinschaft bietet viele Vorteile

Doch dies geht nicht allen Eltern so. Vielerorts müssen sie lange Wartezeiten in Kauf nehmen, weil Kinder-und Jugendärzte keine neuen Patienten mehr annehmen. „Ärztemangel besteht dann, wenn ich als Familie Sorge um die Gesundheit des Kindes habe, und in angemessener Zeit keinen Termin habe“, definiert der Pfullendorfer Kinder- und Jugendmediziner Sven Supper den Begriff. Im Januar 2018 trat er als Nachfolger von Dr. Peter Wolff in die kinder- und-jugendärztliche Praxisgemeinschaft mit Dr. med. Jörg Niethammer am Pfullendorfer Stadtsee ein. Der 41-jährige gebürtige Freiburger, der auf einer Kinderintensivstation in Karlsruhe und als Oberarzt in Wesel gearbeitet hat, wollte mir seiner Familie in die Nähe der alten Heimat im Süden Deutschlands. „Das hier bereits jahrelang gelebte Konzept einer Praxisgemeinschaft hat für Ärzte, Mitarbeiter und Patienten viele Vorteile“, findet er.

Elektronische Rezepte

Er ist elektronischen (e-) Rezepten gegenüber aufgeschlossen, die der Arzt nicht mehr auf Papier gedruckt, sondern elektronisch ausgestellt. e-Rezepte sind bereits in 13 europäischen Ländern möglich. In Deutschland gibt es aktuell nur regional begrenzte e-Modellprojekte. Die Bundesregierung hat erklärt, E-Rezepte bis 2020 einführen zu wollen. Der Pfullendorfer Arzt setzt bei der Behandlung auch auf die Telemedizin und berät außerhalb der Sprechstunden über das für Kassenpatienten kostenfreie Telemedizin-Angebot „docdirekt.de“ der Kassenärztlichen Vereinigung bei Anrufen zu Gesundheits-und Krankheitsfragen aus ganz Baden-Württemberg.

Beratung über Video-Chat

Seit 1. Oktober ermöglicht die Kassenärztliche Vereinigung 20 Prozent der Fälle als Videosprechstunde zu beraten. „In die Ohren schauen oder alles, wo man Hand anlegen und untersuchen muss, geht natürlich nicht. Aber man kann beraten und über die Videotelefonie einen zusätzlichen Eindruck vom Kind gewinnen“, sagt Supper. Ein perfektes Beispiel für den Einsatz von Videosprechstunden seien allgemeine Anfragen, erklärt er. Für den Videochat müssen Eltern nicht einmal das Haus verlassen und es spare viel Zeit für Anfahrten, Praxisbesuche und verringere den Stress für das erkrankte Kind und Eltern. Durch den Videochat spart auch der Mediziner Zeit, die er für die Sprechstunde nutzen kann. So bleibt auch mehr Zeit für das empathische Eingehen auf die Sorgen der Eltern, so Supper.

 

Praxistermin binnen 24 Stunden

Mittlerweile sei die Medizin an dem Punkt, dass man bei einer Infektionskrankheit nicht sofort Antibiotika verordne, sondern erst zwei drei Tage beobachten könne, ob sich eine Spontanheilung einstellt. Bei akuten Fällen ist selbstverständlich eine schnelle Behandlung erforderlich und auch Notfälle werden in der Praxis behandelt. Akut erkrankte Kinder und Jugendliche erhalten in der Regel binnen 24 Stunden einen Praxistermin. Um die Qualität zu sichern, nimmt die Praxisgemeinschaft nur Patienten aus dem Einzugsgebiet um Pfullendorf an.

Jetzt mitreden

Eine Umfrage unter Abonnenten, aber auch Nichtabonnenten des SÜDKURIER im Raum Pfullendorf unter dem Titel „Jetzt mitreden“ war der Auslöser für den Beitrag auf dieser Seite. Das Thema „Gesundheit“ in allen Facetten ist unseren Lesern sehr wichtig. Ob Versorgung mit Haus- und Fachärzten oder Apothekenöffnungszeiten: Wenn Sie uns Ihre Erfahrungen zu dieser Thematik schildern wollen, dann schicken Sie uns bitte eine E-Mail an: pfullendorf.redaktion@suedkurier.de
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Versorgungsgrad von 119,2 Prozent

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat im Landkreis Sigmaringen neun Kinderärzte gelistet. „Das ist nur eine Kopfzahl“, unterstreicht Kai Sonntag, Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Es sei durchaus möglich, dass nicht alle Kinderärzte auch Vollzeit tätig sind.

Nach der letzten Berechnung (Stand Juli 2019), die aktuellen Zahlen werden gerade gerechnet, hatte die KV rein rechnerisch ausreichend Kinderärzte im Landkreis. Der Versorgungsgrad lag im Juli bei 119,2 Prozent. Das heißt, dass sich kein zusätzlicher Kinderarzt im Landkreis niederlassen dürfte. Ob sich daran etwas geändert hat, weiß die KV in den nächsten Tagen, gibt Sonntag an. „Ob das im Empfinden der Eltern auch ausreichend ist, steht auf einem anderen Blatt. Wir wollen keineswegs ausschließen, dass auch im Landkreis Eltern sich schwertun, einen Termin beim Kinderarzt zu bekommen. Das kann natürlich auch von Arzt zu Arzt oder von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Die Diskrepanz hängt damit zusammen, dass die Zahl der Sitze vom Gesetzgeber begrenzt wurde, um den Kostenanstieg im Gesundheitswesen zu begrenzen“, begründet er. Für Eltern in der Region liegen die nächsten Kinderkliniken in Ravensburg, Singen oder Friedrichshafen, was für viele lange Wege bedeute. Wertvolle Selbsthilfe und Eigenunterstützung bietet die Homepage der Praxisgemeinschaft zu Themen wie „Richtig inhalieren“, Asthma-Fragebogen und Elterninformationsblätter zu häufigen Gesundheitsproblemen.