Siegfried Volk siegfried.volk@suedkurier.de

„Problem Lärm wird verstärkt“

„Die Errichtung weiterer Anlagen überschreitet jegliche Toleranzgrenze.“ Dieser letzte Satz der siebenseitigen Stellungnahme des Ortschaftsrates Denkingen zu den geplanten Windrädern auf ihrer Gemarkung bringt die Meinung des Gremiums auf den Punkt. Am 25. Mai hatten Mitglieder der „Initiative Mensch und Natur – Oberer Linzgau“ rund 100 ablehnende Stellungnahmen gegen den Bau von weiteren Windrädern in den Wäldern rund um Denkingen im Landratsamt abgegeben. Schon drei Tage vorher hatte Ortsvorsteher Karl Abt die Einwendungen seines Ortschaftsratskollegiums an den zuständigen Fachbereich Umwelt- und Arbeitsschutz übersandt. Schon die drei in Betrieb befindlichen Anlagen würden für zunehmenden Lärm sorgen, befürchtet der Ortschaftsrat, dass weitere Windräder dieses Problem verstärken.

Verschiedene Geräuschkulissen

Dabei müsse zwischen dem üblichen Betriebsgeräusch und der Geräuschkulisse bei Gewitter oder Fallwind unterschieden werden. „Eine Zunahme von Schlafproblemen der Anwohner ist hier gegenüber der Ortsverwaltung kommuniziert worden“, heißt es in dem Schreiben. Die Situation werde sich signifikant verschlechtern, auch weil die neuen Anlagen deutlich größer und höher seien, als die bereits gebauten drei Windräder. Es sei davon auszugehen, dass andauernde störende Brummtöne und Spieleffekte verstärkt auftreten werden.

Eingriff in das Landschaftsbild

Als erheblichen Eingriff in das Natur- und Landschaftsbild bewertet der Ortschaftsrat Denkingen die Pläne, wobei die bisher veröffentlichten Visualisierungen bewusst so gestaltet seien, dass der Eingriff als minimal darzustellen. Befürchtet werden Auswirkungen bezüglich des naheliegenden Burgweiler-Pfrunger Riedes, besonders auf die Wanderungsbewegungen von streng geschützten Vogelarten wie Milan, Weiß- und Schwarzstorch. Der Artenschutz stehe dem Vorhaben eindeutig entgegen, verweist der Ortschaftsrat, dass die Stadt Pfullendorf ihre Windparkpläne im Bereich Höhenreute eben wegen dem Milanvorkommen ad acta legte.

„Erhöhung des Tötungsrisikos“

Das Vorhandensein eines Dichtezentrums des Romilans und die ungewöhnliche Situation, dass der Vogel bei der Nahrungssuche auch die Waldflächen überfliege, ergeben ein großes Konfliktpotenzial zwischen Artenschutz und Anlagen. „Es ist davon auszugehen, dass sich durch den Bau eine deutliche Erhöhung des Tötungsrisikos für besonders geschütztes Arten einhergeht“, schlussfolgern die Ratsmitglieder. Als weiteren Ablehnungsgrund nennen sie den Brandschutz sowie die fehlerhaften Angaben bei der Charakterisierung der Ortsteile Hilpensberg und Langgassen, die im Sinne des Baugesetzbuches als Ortsteile und nicht als Splittersiedlungen einzustufen und deshalb in ihrem Schutzstatus höher einzustufen seien.

130 Einwendungen von Bürgern

Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärt Fachbereichsleiter Adrian Schiefer, dass der Genehmigungsbehörde insgesamt 20 Stellungnahmen der verschiedenen Fachbehörden sowie 130 Einwendungsschreiben aus der Bürgerschaft vorliegen. „Wir prüfen alle Schreiben sorgfältig. Welche Hinweise und Einwendungen vorgebracht werden, stellt sich erst im Laufe der Prüfung heraus“, sagt Schiefer, dass erst dann klar werde, welche Dinge zusätzlich geprüft werden müssten. „Es lässt sich daher nicht abschätzen, wie lange das Prüfverfahren dauert“, ergänzt der Behördenleiter.

Verschiedene Zahlen zum Rotmilan

Dass es Differenzen bei der Zählung der Rotmilanpopulation zwischen der Betreiberfirma sowie den betroffenen Kommunen Pfullendorf und Heiligenberg gibt, bestätigt Schiefer mit dem Hinweis, dass tatsächlich Gutachten vom Antragssteller sowie von den beiden Gemeinden vorliegen. „Wir prüfen die Erhebungen und schauen, ob alles für uns nachvollziehbar ist, und ob alle verpflichtenden gesetzlichen Regelungen zur Erstellung von Gutachten eingehalten wurden“, antwortet er auf die Frage, nach welchen Kriterien dann seine Behörde die Milan-Thematik beurteilt, angesichts der unterschiedlichen Zahlen über die Population des streng geschützten Vogels. Klar sei, dass das Landratsamt auch seine eigenen Erkenntnisse zu den Vorkommen und dem Gebiet in die Bewertung einbeziehe.