Die Windkraft ist ein Thema, das seit Monaten die Region wieder beschäftigt. Zuvor war viele Jahre Ruhe an dieser Front. Windräder auf dem Hotzenwald waren jahrelang kein Thema. Aber wenn wir zurückblicken ins Jahr 2000, da war das in Herrischried ganz anders.

Investoren interessierten sich schon damals für den Bergrücken am Ödland

Diese Geschichte zeigt, wie sich Dinge manchmal wiederholen – zumindest auf den ersten Blick. Vor genau 25 Jahren, es war im Jahr 2000, ging es schon einmal um dieselbe Frage: Können auf dem Ödland Windkraftanlagen gebaut werden. Der lange Bergrücken zwischen Hornbergbecken und Wehrhalden schien Investoren schon damals als windhöffiger Standort interessant zu sein.

Die insgesamt Windkraftanlagen bei Gersbach wurden 2016 errichtet. So könnte es auch auf dem Ödland aussehen. Allerdings dürfte dies ...
Die insgesamt Windkraftanlagen bei Gersbach wurden 2016 errichtet. So könnte es auch auf dem Ödland aussehen. Allerdings dürfte dies einige Jahre dauern. Genehmigungsverfahren von Windrädern dauern in Baden-Württemberg bekanntlich lange. | Bild: Erich Meyer

Damals Widerstand, heute Akzeptanz

Und wie heute gab es in der Gemeinde eine öffentliche Diskussion zu diesem Thema. Aber mit einem großen Unterschied: Seinerzeit war die öffentliche Stimmung in Herrischried mehrheitlich stramm gegen den Bau von Windrädern in der Region.

Zeitungsausschnitt SÜDKURIER vom 28. Februar 2000: Damals war das Thema Windräder auf dem Ödland schon einmal aktuell. Der damalige ...
Zeitungsausschnitt SÜDKURIER vom 28. Februar 2000: Damals war das Thema Windräder auf dem Ödland schon einmal aktuell. Der damalige Bürgermeister Roland Baumgartner hatte am Freitag, 25. Februar 2000, zu einer Bürgerversammlung eingeladen, um sich ein Stimmungsbild in der Gemeinde machen zu können. Er erinnert sich noch gut an die damaligen Diskussionen. | Bild: Gerber, Andreas

Heute, nachdem alle sehen, dass sich der Klimawandel mit teils verheerenden Auswirkungen immer rasanter beschleunigt, hat sich die Stimmung gedreht. Der Blick auf die Energiewende wird offener. Das sieht auch Roland Baumgartner so, er war im Jahr 2000 Bürgermeister der Gemeinde Herrischried. „Die Stimmung in der Region ist heute eine ganz andere als damals“, sagt der Alt-Bürgermeister.

Genau das zeigt auch die aktuelle Diskussion in Herrischried und Rickenbach. Gerade die beiden Bürgerentscheide sind sichtbarer Beweis dieses Meinungswandels in der Region. Beide Gemeinden stimmte grundsätzlich für diese regenerative Form der Energiegewinnung vor der eigenen Haustür – in Rickenbach ganz deutlich, in Herrischried war es knapper.

Damals, Anfang des Jahres 2000, lag der Gemeinde Herrischried eine Bauvoranfrage des schweizerisch-schwedischen Energiekonzerns ABB vor. Die Asea Brown Boveri beabsichtigte, eventuell vier bis fünf Windräder auf dem Ödland zu bauen. Der damalige Bürgermeister Roland Baumgartner erinnert sich noch gut daran: Die Haltung in Herrischried war ehe ablehnend.

Der damalige Bürgermeister Baumgartner organisierte Informationsfahrten zu Windanlagen

Er selbst sei dem Thema Windenergie offen gegenübergestanden, sagte Baumgartner: „Es war völliges Neuland, und ich dachte, vielleicht muss mal jemand damit anfangen.“ Also begann er, die Bereitschaft in der Gemeinde abzuklopfen. Er organisierte Informationsfahrten nach Bonndorf und Illmensee (Landkreis Sigmaringen), wo schon Windräder standen. Im Februar 2000 fand eine Bürgerversammlung statt.

In Herrischried entwickelte sich damals keine Bereitschaft für das Projekt

Für den damaligen Bürgermeister war bald klar, dass sich in Herrischried für ein solches Projekt keine Mehrheit finden würde, und gegen den Willen der Bürgerschaft machte es für ihn keinen Sinn, das Projekt weiterzuverfolgen.

Verschiedene Energieformen: Im Vordergrund das Speicherbecken des Schluchseewerks am Hornberg, im Hintergrund die Windkraftanlagen bei ...
Verschiedene Energieformen: Im Vordergrund das Speicherbecken des Schluchseewerks am Hornberg, im Hintergrund die Windkraftanlagen bei Gersbach. | Bild: Erich Meyer

Die Haltung seines damaligen Gemeinderates beschreibt Baumgartner heute als „skeptisch“ – mit Ausnahme der beiden Grünen Gemeinderäte, die das positiver sahen, so Baumgartner. Seinerzeit saßen Iris Wallaschek und Martin Steinebrunner für die Öko-Partei im Gremium.

Wie wäre im Jahr 2000 ein Bürgerentscheid ausgegangen?

In der Bevölkerung sei die Stimmung ablehnend gewesen. Vorwiegend seien auch damals die Argumente Lärm, Schattenschlag und Vögelschäden angeführt worden, weiß der Alt-Bürgermeister noch. „Es gab nur wenige Befürworter“, erinnert er sich. Auf die Frage, wie damals ein Bürgerentscheid ausgegangen wäre, antwortet er: „Das wäre klar abgelehnt worden, mit bis zu 80 Prozent“, schätzt er. Diese Gefühlslage habe auch der Investor ABB gespürt und letztlich von dem Projekt Abstand genommen.

Auf dem Bergrücken Ödland-Wiedebach befindet sich das größte Vorranggebiet für die mögliche Errichtung von Windkraftanlagen auf ...
Auf dem Bergrücken Ödland-Wiedebach befindet sich das größte Vorranggebiet für die mögliche Errichtung von Windkraftanlagen auf Herrischrieder Gemarkung. | Bild: Andreas Böhm

Die Stimmung von damals hat sich bis heute stark gedreht

„Das habe sich bis heute allerdings stark gedreht“, ist Baumgartner überzeugt. „Damals war Windkraft für viel ein rotes Tuch“, heute seien hingegen viel mehr Menschen offen dafür, weil sie auch die Einsicht in die Notwendigkeit hätten und überzeugt seien, dass Windenergie etwas zur Energiewende betragen könne.

Bürgermeister Christian Dröse sieht eine Mehrheit pro Windkraft

Das sieht auch sein Nach-Nachfolger Christian Dröse so. Dröse ist heute, 25 Jahre später, Bürgermeister der Gemeinde Herrischried und auch er muss sich wieder mit dem Thema Windräder auf dem Ödland beschäftigen. An die Diskussion vor einem Vierteljahrhundert kann er sich kaum erinnern. „Ich kenne es hauptsächlich aus Erzählungen“, sagt er.

Rund um das Thema Windkraft ist es ruhig geworden

Dass die Mehrheit heute offen ist für das Thema, habe ja der Bürgerentscheid gezeigt, so Dröse. Wie in Rickenbach gab es allerdings auch in Herrschried im Vorfeld teils hitzige Diskussionen. Die habe sich aber wieder beruhigt. „Seit dem Bürgerentscheid im Februar ist er ruhig geworden um das Thema“, so Dröse, auch von der Bürgerinitiative höre man nichts.

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Man warte jetzt im Planverfahren die zweite Offenlage der Vorranggebiete ab. Theoretisch könne sich immer noch etwas ändern, sagt Dröse, „dramatische Veränderungen“ werde es seiner Einschätzung nach aber nicht mehr geben. Deshalb bereite die Gemeinde parallel das Flächenpooling vor, an dem mehrere Grundstückseigentümer teilnehmen. Auch die bisher bekannten Investoren, die sich im Zuge der Bürgerversammlung vorgestellt hatten, seien nach wie vor an Bord.

Zum weiteren Zeitplan wollte sich Dröse nicht festlegen. Das hängt von den weiteren Verfahren ab, „es ist deshalb schwer zu sagen“.