Darf sich die Gemeinde Herrischried mit ihren Grundstücksflächen an einem Flächenpooling im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach für Windkraftanlagen beteiligen – ja oder nein? Über diese Frage werden die Bürger der Kommune am 23. Februar in einer Bürgerbefragung entscheiden. Anlass genug für die Gemeindeverwaltung, über Pro und Contra zu diesem Thema auf einer Informationsveranstaltung mit den zentralen Akteuren in der Rotmooshalle aufzuklären.

Moderator Christoph Ewen vom Forum Energiedialog ließ die Stimmen Pro und Contra Windkraft in Herrischried ausgewogen zu Wort kommen.
Moderator Christoph Ewen vom Forum Energiedialog ließ die Stimmen Pro und Contra Windkraft in Herrischried ausgewogen zu Wort kommen. | Bild: Alexander Jaser

Christoph Ewen vom Forum Energiedialog Baden-Württemberg, stellte als Moderator des Abends unmissverständlich klar: „Kern des Bürgerentscheids ist die Teilnahme der Gemeinde am Flächenpooling.“ Die Teilnahme privater Grundstückseigner und des Staatsforstes Baden-Württemberg am Flächenpooling stehe am 23. Februar nicht zur Abstimmung.

Frank Grohmann vom Windanlageninvestor Energiequelle bei Berlin brachte in Bezug hierauf wichtige Vorentscheidungen zum Ausdruck: „Wir planen die Umsetzung eines Windparks in diesem Gebiet und haben den Zuschlag für die vom Staatsforst Baden-Württemberg ausgewiesene Fläche. Grundsätzlich sind wir mit allen Eigentümern dort im Gespräch und haben auch mit privaten Grundeigentümern bereits Verträge abgeschlossen. Selbst wenn wir nur zwei oder drei Windräder auf der Fläche des Staatsforstes errichten könnten, würden wir diese bauen“, führte er in der voll besetzten Halle aus.

Frank Grohmann legte für den Investor Energiequellen den Stand der Verhandlungen mit privaten Grundeigentümern und dem Staatsforst da.
Frank Grohmann legte für den Investor Energiequellen den Stand der Verhandlungen mit privaten Grundeigentümern und dem Staatsforst da. | Bild: Alexander Jaser

Gegenüber dem SÜDKURIER ergänzte er: „Der Staatsforst hat kein Interesse an einem Flächenpooling und mehrere Verträge mit privaten Eigentümern sind unter Dach und Fach.“

So äußert sich die Bürgerinitiative

Angesichts dessen gestaltete es sich für Maikel Schmähling, Sprecher der Bürgerinitiative Ödland gegen die Errichtung von Windkraftanlagen schwierig, deren Anliegen zu begründen. Ziel sei es, die verfügbare Fläche im Vorranggebiet zu reduzieren, „damit die Investoren nach und nach abspringen.“

Unmut rief manche These der Bürgerinitiative Ödland gegen Windkraft in Herrischried im Publikum hervor. Hier deren Vertreter (v.l.) ...
Unmut rief manche These der Bürgerinitiative Ödland gegen Windkraft in Herrischried im Publikum hervor. Hier deren Vertreter (v.l.) Maikel Schmähling, Dietmar Ferger und Bernd Kühnel. | Bild: Alexander Jaser

Er sei überzeugt, dass die finanzielle Förderung für Windräder in Kürze stark gekürzt werde und diese Energieform für Investoren an Attraktivität verlöre. „Die Interessen der Bevölkerung werden nur feigenblattartig wahrgenommen. Informieren Sie sich bei unabhängigen, nicht geldgetriebenen Institutionen“, führte er aus – um anschließend mitzuteilen, dass die Bürgerinitiative von Thomas Mock aus Königswinter, einst Lobbyist der Hydro Aluminium Deutschland, als Rechtsbeistand vertreten werde.

Behörde bezieht Stellung

Zentrale Bedeutung kam den Erläuterungen von Jens Trampert von der Abteilung für Immissionsschutz beim Landratsamt Waldshut zu. Als federführende Behörde bei der Genehmigung der Windräder „prüfen wir, ob bei einem Projekt alle rechtlichen Belange eingehalten werden. Ist dies der Fall, können und müssen wir die Genehmigung für die Anlagen erteilen. Die Gemeinde Herrischried kann den Windpark auf dem Gebiet des Staatsforstes nicht verhindern, auch wenn sie sich dagegen ausspräche“, erklärte er.

Jens Trampert vom Landratsamt Waldshut erklärte, dass die Gemeinde Herrischried Windräder auf der Fläche des Staatsforstes im ...
Jens Trampert vom Landratsamt Waldshut erklärte, dass die Gemeinde Herrischried Windräder auf der Fläche des Staatsforstes im Vorranggebiet nicht verhindern könne. | Bild: Alexander Jaser

Auf das bevorstehende zweite Offenlegungsverfahren zum Vorranggebiet wies Heiko Hagemüller von der Stabsstelle Energiewende des Regierungspräsidiums Freiburg hin. Ende September 2025 werde der Regionalverband Hochrhein-Bodensee dann den Satzungsbeschluss zu dessen Festlegung fassen.

Bedeutung des Flächenpoolings

Die Bedeutung des Flächenpoolings legte Rechtsanwalt Heribert Sterr-Kölln aus Freiburg im Breisgau als Berater des Forums Energiedialog dar: „Wenn eine Gemeinde bei einem Flächenpooling mitmacht, hat sie die Chance, Einfluss auf die Gestaltung von Windkraftanlagen in einem Vorranggebiet zu nehmen und kann zusätzlich Einnahmen hieraus erzielen.“

Rechtsanwalt Heribert Sterr-Kölln legte als Berater des Forums Energiedialog die Bedeutung des Flächenpoolings auf der ...
Rechtsanwalt Heribert Sterr-Kölln legte als Berater des Forums Energiedialog die Bedeutung des Flächenpoolings auf der Informationsveranstaltung in Herrischried dar. | Bild: Alexander Jaser

Ferner könne auf diesem Wege eine „befriedende Wirkung“ erzielt werden, da alle Eigentümer am Projekt sinnvoll beteiligt seien. Keinen Zweifel am Flächenpooling ließ Hannelore Reinbold-Mench von der Gruppierung Bürger für Windkraft aufkommen. Mit Nachdruck wies die Bürgermeisterin von Freiamt darauf hin, „dass eine Gemeinde nur über das Flächenpooling bei der Errichtung von Windkraftanlagen steuernd mitsprechen kann.“ Auch verhindere dieses Instrument, „dass nur wenige von der Windkraft profitieren, ein Nachbar 20 Meter daneben aber nicht.“

Viele Informationen für die Besucher

Große Beachtung fand nach einem „Infomarkt“ mit den Referenten des Abends die Fragerunde für das Publikum.

Die Infostände der beteiligten Akteure beim Vorranggebiet in Herrischried boten den Teilnehmern an der dortigen ...
Die Infostände der beteiligten Akteure beim Vorranggebiet in Herrischried boten den Teilnehmern an der dortigen Informationsveranstaltung die Möglichkeit zu zahlreichen Fragen. | Bild: Alexander Jaser

Zu der von Peter Stoll aus Herrischried aufgeworfenen Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen auf dem Ödland, erläuterte Frank Grohmann vom Investor Energiequelle: „Wir werden ein Jahr lang die Windhäufigkeit messen und gehen davon aus, dass diese für einen wirtschaftlichen Betrieb ausreicht. Wir würden dort niemals ein Windrad errichten, wenn es sich nicht rechnen würde.“ Zahlreiche weitere Detailfragen wurden aus dem Kreis der geladenen Experten beantwortet.

Pro und Conta Windkraft: So wird diskutiert

Zur Diskussion über Pro und Contra der Windkraft in Herrischried trug Argumente der von AfD-Kreisrat Matthias Jehle aus Wehr unterstützten Bürgerinitiative Ödland wenig bei. Unter Verweis auf US-Präsident Donald Trump bemühten sie sich vielmehr, diese Energieform grundsätzlich infrage zu stellen. Aufmerksamkeit fand hier die These von Ödland-Vertreter Dietmar Ferger aus Dachsberg, „dass beim Bau jeder Windkraftanlage zur Sicherheit noch ein Gaskraftwerk errichtet werden muss, welches der Bürger zu bezahlen hat.“

Eine Aussage, der Frank Grohmann vom Investor Energiequelle mit Entschiedenheit entgegentrat: „Es wird nicht für jedes Windrad ein Gaskraftwerk gebaut, das ist völliger Humbug. Und noch eines: Wenn ein Land kein Gas mehr beziehen kann, dann läuft auch kein Gaskraftwerk mehr und sie können dann schauen, aus welcher lupenreinen Demokratie sie Gas beziehen möchten. Deshalb wollen wir uns bei der Energie in Deutschland unabhängig machen.“ Kritik, der sich aus dem Publikum auch Bernd Wallaschek aus Herrischried anschloss: „Wenn man diesen Unsinn oft genug behauptet, dann glauben es die Leute irgendwann.“

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Mit seiner Erwiderung „Ich habe keine Lust, mit ihnen zu sprechen, ich glaube, die Leute haben mich dennoch verstanden“ verband Ferger zwar die Rücknahme seiner These, doch konnte sich Moderator Christoph Ewen eines Ratschlages an ihn nicht enthalten: „Sie sollten sich vielleicht zum Faktencheck zurückziehen.“

Bürgermeisterin Hannelore Reinbold-Menck aus Freiamt legte in Herrischried den Fokus auf die hohe Bedeutung des Flächenpoolings für ...
Bürgermeisterin Hannelore Reinbold-Menck aus Freiamt legte in Herrischried den Fokus auf die hohe Bedeutung des Flächenpoolings für Gemeinden. | Bild: Alexander Jaser

Es war schließlich Hannelore Reinbold-Mench, die den Unmut im Publikum über die Bürgerinitiative Ödland besänftigen konnte: „Ich bitte sie beim Thema Flächenpooling zu bleiben, denn genau darum geht es“, erklärte sie.

Bürgermeister und Gemeinderat sind zufrieden

Herrischrieds Bürgermeister Christian Dröse zog gegenüber dem SÜDKURIER ein positives Fazit zur Veranstaltung der Gemeinde: „Ich bin mit dem Verlauf des Abends sehr zufrieden.“

Gemeinderat Ulrich Gottschalk lobte, dass Befürworter und Gegner der Windkraft in Herrischried zu Wort kamen.
Gemeinderat Ulrich Gottschalk lobte, dass Befürworter und Gegner der Windkraft in Herrischried zu Wort kamen. | Bild: Alexander Jaser

Ein Urteil, dem sich Gemeinderat Ulrich Gottschalk anschließen konnte, „da alle Seiten eingebunden waren und auch den Gegnern genügend Raum gegeben wurde, sich darzustellen.“